Protocol of the Session on December 14, 2006

Sie haben es doch auf Ihrem Parteitag beschlossen.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Nein! – Weitere Zuru- fe von der CDU)

Ganz genau.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Das stimmt doch gar nicht! Sie wollen es auch nicht! Da sind wir uns ei- nig!)

Ich denke, in den Kindergärten brauchen wir Qualität. Wir brauchen eine Finanzierung des Orientierungsplans und eine gute Fortbildung für die Erzieherinnen. Ferner brauchen wir bessere Öffnungszeiten der Kindergärten. Das sind die Leistungen, die die Leute von uns erwarten. Wir müssen Qualität anbieten. Wenn wir den Haushalt wieder ausgeglichen haben, können wir uns auch ernsthaft darüber unterhalten, die Kindergartengebühren zu streichen, aber das geht nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU)

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung zum Thema Demografie machen. Wir werden immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen haben, aber gleichzeitig will sich die Landesregierung aus der Förderung entsprechender Einrichtungen verabschieden. Ich frage mich: Was hat das mit Nachhaltigkeit zu tun? Mit Nachhaltigkeit hätte es dann etwas zu tun, wenn Sie endlich ein Konzept für den Übergang von der Objektförderung zur Subjektförderung vorlegen würden. Das wäre bei diesem Thema die richtige Ansage.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer Schlüsselbereich für soziale Nachhaltigkeit ist überall dort zu finden, wo die Förderung einen Multiplikatoreffekt hat, indem sie andere Träger und die Bürger und Bürgerinnen aktiviert. Da geht es meist nicht um große Beträge, sondern um viele kleinere Aktivitäten, die zusammen ein großes soziales Kapital ergeben. Ich nenne hier einige Bereiche aus der Sozialpolitik, bei denen Sie hier im Haushalt mit dem Rotstift einschneiden: die Familienferienstätten, die Familienentlastungsdienste, die Sonderpflegedienste, die Gefährdetenhilfe, das bürgerschaftliche Engagement für alte Menschen, die Suchtkrankenhilfe und die Jugendarbeit. Alle dafür aufgewendeten Beträge haben große Wirkungen und helfen, soziale Netzwerke zu festigen oder zu sichern. Da streichen Sie herum!

Wenn man dann noch sieht, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die Heroinabgabe an Schwerstabhängige aus rein ideologischen Gründen ablehnen und gleichzeitig bei der Substitutionstherapie 500 000 € streichen, kann man nur sagen: Das ist einfach schäbig und unglaubwürdig.

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)

Wer glaubt, dass er mit der Kürzung kleiner Haushaltstitel für die soziale Arbeit den Haushalt sanieren könnte, handelt unsozial. Haushaltspolitisch ist das einfach dumm. Man kann das Futter für die Elefanten nicht bei den Mäusen einsparen.

(Heiterkeit – Beifall bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD)

Bei Ihrer Pressekonferenz am 7. November haben Sie, Herr Ministerpräsident, gesagt, der Weg zu einer Neuverschuldung von null sei zu 58 % zurückgelegt. Manche, die es besonders gut mit Ihnen meinen, haben dann gleich geschrieben: „Land auf der Zielgeraden zur Nullverschuldung“. Aber von der Mitte eines Marathons bis zur Zielgeraden ist es ein weiter Weg, und beim Haushalt ist es so wie beim Marathon: Der zweite Abschnitt ist der schwierigere Teil.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, das ist rich- tig!)

Das liegt nämlich daran, dass Sie mit Ihrer Rasenmähermethode, mit diesen linearen Kürzungen an einer Stelle an

gekommen sind, an der der Haushalt völlig ausgemostet ist. Wenn Sie so weitermachen, wird das völlig widersinnig. Deshalb müssen Sie jetzt an die Strukturen heran, und das wird sehr viel schwieriger. Lassen Sie sich auch durch die Steuermehreinnahmen nicht den Kopf vernebeln.

Ich nenne auch einmal die Risiken. Ein Risiko sind die anstehenden Zinserhöhungen; denn eine Erhöhung um einen Prozentpunkt macht mittelfristig eine Zusatzbelastung von 400 Millionen € aus.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Wissen wir!)

Damit sind, wenn das kommt, mit einem Schlag schon die ganzen Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung weg.

Sie haben für die erste Hälfte des Weges zur Nettonullneuverschuldung Applaus bekommen und auch genossen – Sie sind ja zurzeit nicht gerade von Applaus verwöhnt.

(Heiterkeit bei den Grünen)

Wir wollen auch würdigen, dass die Ressorts diese Anstrengungen unternommen haben, und gut eine halbe Milliarde Euro pro Haushaltsjahr sind unter diesen Bedingungen auch ein ordentliches Ergebnis.

Jetzt kommt aber die zweite, die schwierigere Hälfte des Marathons mit der strukturellen Haushaltslücke von 2,5 Milliarden €. Diese Lücke muss jetzt geschlossen werden. Dieses Defizit ist nur mit Aufgabenkritik zu beseitigen. Diese fehlt. Bei den sächlichen Ausgaben und beim Personal ist kein langfristiger Nachhaltigkeitspfad erkennbar.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Was?)

Dazu kommen hohe Risiken. Die Pensionslawine wird nicht wirksam entschärft. Das ist die größte Lücke im Nachhaltigkeitspfad der Landesfinanzen.

Sparen, um in den Kernaufgaben, insbesondere in der Bildung, handlungsfähig zu bleiben: Dieses Ziel haben Sie klar verfehlt. Das habe ich Ihnen nachgewiesen.

Schließlich ist auch die Herausforderung einer nachhaltigen Klimaschutzpolitik noch nicht angekommen – jedenfalls nicht beim Finanzminister.

Ich kann deswegen zusammenfassend sagen: Ihre Behauptung, Herr Finanzminister, dieser Haushalt sei generationengerecht, zukunftsgerichtet und nachhaltig, hält unserer kritischen Prüfung in keinem der drei Punkte stand.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Sehr gute Rede! Bravo!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Noll.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Entwurf des Staatshaushaltsplans für die Jahre 2007 und 2008 stellt die Koalition von CDU und FDP/DVP ihren festen Willen unter Beweis, die Nettoneuverschuldung des Landes bis 2011 auf null zu senken, und dies, verehrte Kolleginnen und Kolle

gen, nicht mit Worten, sondern mit Taten, die in Zahlen in diesem Doppelhaushalt ablesbar sind.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Mit oder gegen Zahlen kann man nicht holzen; sie sprechen für sich. Wir wissen: Wenn wir die Herausforderungen des demografischen Wandels meistern und Generationengerechtigkeit wahren wollen – und wir wollen dies –, müssen wir alles daransetzen, mit einer Politik, die zulasten künftiger Generationen geht, Schluss zu machen. Der Marsch in den Schuldenstaat muss und wird in Baden-Württemberg gestoppt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Andrea Krueger CDU)

In den zahlreichen Koalitionsrunden zur Vorbereitung dieses Haushalts hat sich gezeigt, dass diese Koalition und die von ihr getragene Regierung – bei allen Kabbeleien am Rande – in den wesentlichen Grundüberzeugungen übereinstimmen. Im Hinblick auf andere Koalitionen – auch die in Berlin, wo man sich weitgehend gegenseitig blockiert – glaube ich, mit Fug und Recht sagen zu können: Diese Regierungskoalition aus CDU und FDP/DVP beweist mit ihrem Haushaltsentwurf, dass sie für dieses Land die beste aller denkbaren Koalitionen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Deshalb bin ich allen Beteiligten an den Verhandlungsrunden zur Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs sehr dankbar für den fairen, konstruktiven Umgang miteinander – an der Spitze selbstverständlich unserem Ministerpräsidenten, aber natürlich auch dem Finanzminister.

Liebe Kollegin Vogt, wenn man während Ihrer Rede in die gequälten Gesichter als Ausdruck der gequälten Seelen in Ihren Reihen geschaut hat,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Norbert Zeller SPD: Haben Sie hinten Augen?)

hat man den Eindruck, dass Sie sich vielleicht nicht so sehr mit Amtszeitbegrenzungen auf Regierungsseite, sondern mit Ihrer eigenen beschäftigen sollten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Nun zu den Zahlen. Die Nettokreditaufnahme, die in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 noch mit knapp 2 Milliarden € jährlich veranschlagt war, wird praktisch halbiert. Sie wird auf 1 Milliarde € im Jahr 2007 und auf 750 Millionen € im Jahr 2008 gesenkt. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, mussten trotz der günstigeren Steuerschätzungen im Jahr 2006 im Prozess der Haushaltsaufstellung Deckungslücken in Höhe von 1,3 Milliarden € im Jahr 2007 und von 1,6 Milliarden € im Jahr 2008 geschlossen werden – wahrlich kein leichtes Unterfangen. Da gab es große Brocken, die es zu bewältigen galt.

Der erste große Brocken, den ich ansprechen will, betrifft die Vereinbarung zwischen dem Ministerpräsidenten – übrigens auch den Koalitionsfraktionen – und den Präsidenten der kommunalen Landesverbände vom 18. Oktober 2006. Sie hat wesentlich dazu beigetragen, das angesprochene

Ziel zu erreichen. In dieser Vereinbarung ist festgehalten, dass das in der Landesverfassung tatsächlich schon enthaltene Konnexitätsprinzip durch eine Änderung der Verfassung und eine ergänzende gesetzliche Regelung präzisiert und erweitert wird. Dadurch wird erreicht, dass auch vom Land nachträglich veranlasste Änderungen bei der Aufgabenerfüllung oder die vom Land vorgenommene Übertragung neuer, bisher nicht wahrgenommener Aufgaben und das Stellen eigener Anforderungen des Landes an die Erfüllung bestehender Aufgaben künftig, wenn dies Mehrkosten verursacht, zu einer Ausgleichspflicht seitens des Landes führen werden.

Ferner wurde vereinbart, die Rechte der Kommunen durch eine von Land und Kommunen eingerichtete gemeinsame Finanzkommission zu stärken und die Stellung der kommunalen Landesverbände quasi auf Augenhöhe zu bringen. Diese Verbesserung der Stellung der Kommunen im Bereich von Konnexität und Konsultation war nicht nur ein zentrales Anliegen der kommunalen Landesverbände, sondern immer auch ein wesentliches Ziel der FDP –

(Beifall bei der FDP/DVP)

nicht weil es uns darum ging, irgendwelchen Menschen ein Denkmal zu setzen oder sonst irgendetwas, sondern weil wir in der Tat der tiefen Überzeugung sind, dass Land und Kommunen gemeinsam in einem Boot sitzen und dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort Demokratie, staatliches Handeln der öffentlichen Hand live erleben und wir deswegen damit Schluss machen müssen, den Kommunen Aufgaben zu übertragen, ohne ihnen entsprechend das Geld zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Ein Blick in den Bundestag reicht, um zu erkennen, dass der Antrag der FDP, auch im Bund dieses Konnexitätsprinzip zu präzisieren und in die Verfassung aufzunehmen, von allen anderen Fraktionen abgelehnt worden ist.