Protocol of the Session on December 6, 2006

Polizei kontrolliert gezielt

Jede Minute ein Temposünder

Das erschreckende Ergebnis: Viele Verkehrsteilnehmer hielten sich nicht an die vorgeschriebene Geschwindigkeit. So wurden binnen einer Dreiviertelstunde an einem Nachmittag im November gleich 44 Autofahrer auf der Landesstraße „geblitzt“ … pro Minute einer.

Dazu die Aussage eines Polizeibeamten:

Auf diesen Strecken haben sich in den ersten neun Monaten des Jahres 2006 bislang 24 schwere Verkehrsunfälle ereignet. Traurige Bilanz: Eine Person wurde getötet, neun Menschen erlitten schwere Verletzungen,

dazu sage ich: häufig eben nicht die, die gerast sind, sondern diejenigen, die unschuldig sind –

und acht Verkehrsteilnehmer trugen leichte Verletzungen davon. Die Hauptunfallursache bei den schwersten Unfällen lag

so der Polizeibeamte –

in überhöhter oder nicht angepasster Geschwindigkeit.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Was macht ihr jetzt dagegen?)

Man muss vielleicht einmal zuhören, Herr Palmer, und dann kann man – –

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Das steht doch alles in der Anfrage!)

Ich gehe davon aus, dass Sie nicht alles lesen. Deshalb bringe ich das jetzt vorweg, Herr Palmer.

Ob bei den dort ertappten Verkehrssündern ein, zwei oder drei Pünktchen in Flensburg oder ein niedriges Bußgeld oder vielleicht, bei ganz krassen Überschreitungen, vier Wochen Fahrverbot erzieherisch wirken – ich sage immer: bei den Unverbesserlichen –, gilt es zu bezweifeln.

Ich teile die Meinung des Deutschen Verkehrssicherheitsrats und unterstütze die Bestrebungen von Bundesminister Tiefensee und der Landesverkehrsminister, die Sanktionen für die oben genannten Verkehrsverstöße zu erhöhen.

(Beifall des Abg. Michael Theurer FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kollegin Fauser, ich bin nicht für mehr Kontrollen, ich bin nicht für Abzocken, ich bin nicht für mehr Vorschriften. Ich bin allerdings dafür, dass, so wie dies auch der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, Herr Professor Bandmann, formulierte, Raser, Drängler, alkoholisierte Fahrer und immer mehr Drogenkonsumenten im Verkehr, viele Unbelehrbare also, die oft schwere Unfälle verursachen, deutlicher auf ihr schweres Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Die melden sich doch nicht freiwillig!)

Ziel einer verantwortungsbewussten Verkehrspolitik muss sein, die schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Kinder, wie ältere Menschen, wie Fußgänger, wie Anfänger im Straßenverkehr, wie Radfahrer besser vor Verkehrsrowdys, die solche Unfälle verursachen, zu schützen.

Schaut man sich auf der Seite 19 der Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage den Vergleich der Bußgeldkataloge von Deutschland, Österreich und der Schweiz an, muss man sich fragen, ob bei uns die Strafen für Alkohol am Steuer – in der Schweiz ab 775 €, bei uns ab 250 € – oder bei 20 Kilometer pro Stunde zu schnellem Fahren – in der Schweiz ab 120 €, bei uns bis 35 € – taugliche Mittel sind, vor allem die Unverbesserlichen auf einen anderen Weg zu bringen.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Der Automobilclub von Deutschland befürchtet, dass eine drastische Erhöhung der Bußgelder eine Zweiklassengesellschaft von Fahrern schafft: solche mit dicken Limousinen und dicken Geldbörsen und solche mit geringen Einkommen. Wenn Erstere zukünftig statt eines lächelnden Zückens des Geldbeutels vielleicht ein halbes oder ein ganzes Jahr auf ihr „goldenes Kalb“ verzichten müssen, hat dies meines Erachtens eine bessere erzieherische Wirkung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Fazit: Auch wenn Baden-Württemberg in der deutschen und in der europäischen Verkehrsunfallstatistik gut positioniert ist, Herr Innenminister, ist der Umfang des Unfallgeschehens immer noch viel zu groß und die neueste Tendenz alarmierend. Es sind weitere Bemühungen des Landes und der Verbände mit dem Ziel, auf dem eingeschlagenen Weg, nämlich mehr Prävention zu betreiben und mehr zu tun, angezeigt.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Razavi.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Insgesamt ist sowohl die Zahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden als auch die Zahl der hierbei verunglückten Verkehrsteilnehmer in der langjährigen Betrachtung rückläufig. Im Jahr 2005 konnte im Land Baden-Württemberg mit insgesamt 633 tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmern die niedrigste Zahl seit Einführung der Verkehrsunfallstatistik verzeichnet werden.

Dieses Zitat aus der Antwort des Innenministeriums auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP beschreibt erfreuliche Tendenzen in der Entwicklung des Unfallgeschehens auf den Straßen im Land.

Auch der Ländervergleich fällt für Baden-Württemberg positiv aus. In kaum einem anderen Bundesland ist man auf den Straßen so sicher unterwegs wie bei uns.

Die Entwicklung bestätigt, dass wir in Baden-Württemberg mit unserer zielgerichteten und flächendeckenden Verkehrssicherheitsarbeit auf dem richtigen Weg sind.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Trotzdem: Die Zahl der Menschen, vor allem die der jungen Menschen, die auf unseren Straßen schwer verunglücken oder sogar sterben, ist zu hoch. Es vergeht kein Tag, an dem in der regionalen oder der überregionalen Presse nicht von leichten und auch häufig von sehr schweren Unfällen berichtet wird. Die Unfallursache ist in über 90 % der Fälle der Mensch selbst.

Hinter jedem einzelnen Fall, meine Damen und Herren, steht menschliches Leid. Das kann so nicht hingenommen werden. Deshalb ist die CDU-Fraktion davon überzeugt, dass wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen dürfen, die Verkehrssicherheit weiter zu verbessern. Von ihr hängen Leben und körperliche Unversehrtheit vieler Menschen ab, und sie bildet zugleich das Rückgrat einer mobilen Gesellschaft in einer funktionierenden Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sicher liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen, Rücksicht zu nehmen und die Verkehrsregeln zu beachten. Aufgabe der Politik ist es aber, die richtigen flankierenden Maßnahmen zu treffen. Die CDU-Fraktion unterstützt deshalb die Arbeit der Landesregierung sowohl bei der Verkehrsprävention als auch bei der Verkehrsüberwachung.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Bisherige Erfahrungen und Ergebnisse zeigen, dass gute Prävention nur dann wirklich leistbar ist, wenn Maßnahmen der Verkehrssicherheit, der Verkehrsinfrastruktur und der Fahrzeugtechnik vernetzt werden, vor allem aber wenn Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird und eine enge Kooperation mit den betroffenen Verbänden und Organisationen stattfindet.

Mit der Aktion „Gib Acht im Verkehr“ hat Baden-Württemberg bereits 1992 eine bundesweit einmalige und beispielhafte Initiative ins Leben gerufen. Ihr gehören alle maßgeblichen Institutionen und Ressorts an. Sie ist neben vielen anderen ein herausragendes Beispiel dafür, wie eine solche Kooperation erfolgreich gelingen kann.

Gerade der schulischen Präventionsarbeit und der frühen Verkehrserziehung kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Sie erzieht unsere Kinder zu verantwortungsbewussten und rücksichtsvollen Verkehrsteilnehmern.

Dass Kinder in Baden-Württemberg seit Jahren das bundesweit geringste Unfallrisiko haben, ist ein Erfolg für alle Beteiligten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wem aber die Einsicht fehlt, der ist oft nur über den eigenen Geldbeutel oder den Entzug der Fahrerlaubnis zur Vernunft zu bringen. Für eine langfristige Wirksamkeit ist es deshalb wichtig, vorbeugende Maßnahmen auch mit Strafmaßnahmen zu verknüpfen.

Unsere Polizei leistet hier eine wichtige und sehr gute Arbeit. Dabei geht es nicht um kleinliche Verfolgung, sondern um die Ahndung von Verstößen, die schlimme Folgen haben können. Neben überhöhter Geschwindigkeit führt ein ungenügender Sicherheitsabstand vor allem bei Lkws immer häufiger zu Unfällen.

Ebenso aufrüttelnd sind die Ergebnisse landesweiter Gurtkontrollen, nach denen annähernd jeder dritte Fahrer eines Lkws oder eines Kleintransporters unangeschnallt unterwegs ist.

Diese Beispiele zeigen uns, wie wichtig eine intensive Verkehrsüberwachung durch die Polizei ist. Sie hat dabei unsere vollste Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Veränderte Bedingungen und immer mehr Verkehr verpflichten uns, auch in Zukunft über Maßnahmen zu entscheiden, die die Sicherheit der Menschen auf unseren Straßen gewährleisten. Dazu gehören das Überholverbot für Lkws auf zweistreifigen Autobahnen, deutliche Sanktionen bei Alkohol- und Drogenmissbrauch gerade auch bei Fahranfängern ebenso wie die Überprüfung der Wirksamkeit des Bußgeldkatalogs. Die CDU-Fraktion ist sich dieser Verantwortung bewusst und nimmt sie an.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)