Protocol of the Session on November 8, 2006

Das vorhandene Instrumentarium soll dort, wo es notwendig ist, verbessert werden. Das gilt insbesondere mit Blick auf die Herausforderungen durch den internationalen Terrorismus. Kollege Thomas Blenke hat ja zu Recht gerade auf diesen Aspekt hingewiesen.

Daneben müssen wir aber auch die gesetzlichen Grundlagen schaffen, um der Polizei die Nutzung neuer Technologien zu ermöglichen. Auch dies, Herr Kollege Blenke, gehört in diesen Kontext. Deswegen werden wir im kommenden Jahr Maßnahmen wie beispielsweise die präventive Telekommunikationsüberwachung, den Einsatz automatisierter Kennzeichenlesesysteme, den verstärkten Einsatz von Videokameras oder die Ausschreibung zur gezielten Kontrolle in den polizeilichen Fahndungssystemen zu diskutieren haben.

Unabhängig von dem Prozedere, Herr Kollege Sckerl, halte ich den Gesetzentwurf der Grünen auch inhaltlich nicht für sachgerecht. Die Rasterfahndung – dies wurde hier gesagt – ist ein unverzichtbares Instrument für die Aufgabenerfüllung der Polizei, aber eben nur e i n Instrument. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat dem Einsatz der Rasterfahndung ja bereits sehr enge Grenzen gesetzt. Es besteht daher überhaupt keine Veranlassung, die Eingriffsschwelle noch über das der Verfassung wegen gebotene Maß hinaus in unüberwindbare Höhen zu schrauben.

Wer, meine Damen und Herren, wie die Grünen den Einsatz der Rasterfahndung vom Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr abhängig machen will – und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht dies ausdrücklich und mit guten Gründen gerade nicht gefordert hat –, der muss sich schon fragen lassen, ob es ihm noch um einen angemessenen Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit geht oder ob er in Wahrheit nicht das Ziel verfolgt, dieses Ermittlungsinstrument generell abzuschaffen.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Herr Kollege Blenke, diesen Verdacht teile ich mit Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

(Minister Heribert Rech)

Wir sind jedenfalls der Auffassung, dass der praktische Nutzen der Rasterfahndung

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Hat ja eh nichts gebracht! Dazu sagt er nichts!)

unter den von den Grünen geforderten Voraussetzungen ernsthaft infrage gestellt wäre.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: 10 Millionen gibt er aus, und es bringt nichts!)

Herr Kollege Oelmayer, ich schätze Sie aus vielerlei Gründen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ich bin schon gerastert!)

Ich schätze Sie auch deswegen, weil Sie immer ein aufmerksamer Zuhörer sind. Aber gerade deswegen weiß ich, dass Sie all die Beispiele, die jetzt schon mehrfach genannt wurden, auch noch gut im Kopf haben und dass Ihre Frage deswegen rein rhetorischer Natur ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Tho- mas Oelmayer GRÜNE: Bei der nächsten Raster- fahndung gibt es keine Erfolgschancen!)

Herr Kollege Oelmayer, noch eine Minute bitte ich um Ihr Gehör.

Eine Rasterfahndung ist keine Sache, die mal eben über Nacht durchgeführt werden kann. Kollege Kluck hat darauf hingewiesen. Sie selber haben ja die Größenordnung der Datensätze genannt, die im Rahmen einer Rasterfahndung anfallen können. Eine wirksame Gefahrenabwehr ist unter den von den Grünen geforderten Voraussetzungen schlechterdings nicht mehr zu leisten. Kollege Kluck hat darauf präzise hingewiesen.

Auch die vorgesehene Verfallsautomatik und die dazu abgegebene Begründung überzeugen mich nicht.

Sie haben mir in der letzten Debatte zunächst sehr locker und flott vorgehalten, die Rasterfahndung habe ja noch nie etwas gebracht, Herr Kollege Oelmayer. Ich hatte dann auf den erfolgreichen Einsatz in einem konkreten Fall Ende der Siebzigerjahre in Frankfurt am Main hingewiesen:

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Den meine ich nicht! Ich meine die Rasterfahndung im Land!)

Rote-Armee-Fraktion, konspirative Wohnung entdeckt, Mitglied der RAF festgenommen. Wenn Sie sagen, dies sei der einzige Fall gewesen, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich: Für mich wäre auch dieser eine Fall ein ausreichender Beleg für die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Rasterfahndung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Tho- mas Oelmayer GRÜNE: Der war aber nicht auf der Grundlage unserer Politik!)

Aber es gibt weitere Beispiele. Das Innenministerium hat im Rahmen einer Stellungnahme vom Oktober 2001 zu ei

nem Antrag Ihrer Fraktion zum Thema Terrorismusbekämpfung weitere Beispiele über den bisher erfolgreichen Einsatz der Rasterfahndung aufgeführt. Ich darf Sie auf die Lektüre der Drucksache 13/279 verweisen.

Meine Damen und Herren, lassen wir doch die Kirche im Dorf. Mit der Kontrolle der Rasterfahndung durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz bin ich einverstanden. Mit der Evaluation durchgeführter Rasterfahndungen bin ich auch einverstanden. Aber die Sinnhaftigkeit einer gesetzlichen Befristung, auch wenn diese zuletzt sehr in Mode gekommen zu sein scheint, erschließt sich mir bei der Rasterfahndung jedenfalls nicht.

Abschließend: Die Landesregierung wird im kommenden Jahr – Ziel erstes Halbjahr – einen Entwurf für eine umfassende Novellierung vorlegen. Wir werden das rechtliche Instrumentarium aktualisieren, insbesondere im Blick auf eine effektive Bekämpfung des Terrorismus. Eine jetzt isolierte Neuregelung der Vorschriften greift zu kurz. Die Änderung der Vorschriften zur Rasterfahndung wird unter Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts so erfolgen, dass der Polizei auch in Zukunft der notwendige Handlungsspielraum zu einer effektiven Gefahrenabwehr erhalten bleibt. Um nichts anderes geht es uns. Deswegen lassen Sie uns in aller Ruhe und Sachlichkeit darüber diskutieren, sobald der Gesetzentwurf vorliegt. Wie gesagt: Im ersten Halbjahr des kommenden Jahres wollen wir dies erledigt haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Monika Chef FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/226.

Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen mit der Beschlussempfehlung Drucksache 14/447, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass wir über den Gesetzentwurf insgesamt abstimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.

Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 14/226 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit mehrheitlich abgelehnt.

Damit ist Punkt 3 der Tagesordnung erledigt.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:35 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:02 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

(Stellv. Präsident Wolfgang Drexler)

Ich möchte mich für die zweiminütige Verspätung entschuldigen. Ich war der Meinung, es sei noch vor 14 Uhr.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Abg. Ute Vogt SPD: Die Landesregierung ist noch später dran!)

Wenn ich die Regierungsbank auf meiner rechten Seite anschaue, muss ich sagen: Die Regierung ist noch später dran als ich.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Aber die zustän- dige Ministerin ist da!)

Ich habe nach rechts geschaut.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Baden-Württembergisches Ladenschlussgesetz (BWLadSchlG) – Drucksache 14/489

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Frau Fraktionsvorsitzende Vogt hat das Wort für die SPD-Fraktion.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Haus – Sie auch in der Zeit, bevor ich diesem Haus angehören durfte – hart dafür gekämpft, dass es eine Föderalismusreform gibt, dass wir im Land die Chance haben, Dinge, die das Land angehen, auch selbst zu regeln. Leider ist es nicht gelungen, dass die Landesregierung diese Chance tatkräftig ergreift und jetzt z. B. beim Thema Ladenschluss eine Regelung erlässt, die im Grunde landesspezifisch, besonders für Baden-Württemberg, getroffen werden kann.

Wir als SPD-Fraktion wollen der Verantwortung gerecht werden und laden Sie herzlich ein, gemeinsam mit uns einen Gesetzentwurf zu beschließen, der Regelungen trifft, die die Besonderheiten unseres Landes berücksichtigen, Regelungen, die berücksichtigen, dass unser Land einen ländlich strukturierten Raum hat, die berücksichtigen, dass wir viele Bürgerinnen und Bürger in kleinen und mittleren Gemeinden haben, die schon heute Probleme haben, eine ortsnahe, insbesondere eine wohnortnahe Versorgung zu erhalten.

Deshalb, sehr verehrte Frau Ministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich Sie bitten: Hören Sie dieses Mal nicht – einmal nicht – auf diejenigen, die als Verbandsvertreter lautstark ihre Interessen kundtun, sondern hören Sie auf die Menschen, die in den Gemeinden wohnen, und die Menschen, die im Einzelhandel beschäftigt sind. Helfen Sie durch Ihre Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf mit, dass deren Interessen gewahrt bleiben.

(Beifall bei der SPD)