Herr Minister, stim men Sie mir zu, dass sich die Reihenfolge der Finanzkraft der Länder durch den horizontalen Länderfinanzausgleich nicht ändert, dass sie nach dem Ausgleich bestehen bleibt und dass erst durch die Bundesergänzungszuweisungen Änderungen in der Reihenfolge erfolgen? Dagegen können Sie nicht klagen, sondern Sie können nur klagen, wenn sich diese Reihenfolge ändert. Das war aber schon Gegenstand der letzten Klage.
Ich will einfach wissen: Stimmt es, dass sich die Reihenfolge der Finanzkraft der Länder nach dem Länderfinanzausgleich selbst nicht ändert?
Natürlich sind beim Finanzausgleich von insgesamt 25 Mil liarden € „nur“ 7 Milliarden € reiner Länderfinanzausgleich. Wer also nur auf einen Teil schaut, der wird der ganzen The matik nicht gerecht. Dass es daneben Bundesergänzungszu weisungen gibt, dass daneben ein Solidarpakt besteht, dass es Zinshilfen mit Blick auf den Weg zur Schuldenbremse gibt, das muss einkalkuliert werden. Es gibt nur einen Steuerku chen, von dem diese 25 Milliarden € genommen werden.
Wenn im Übermaß genommen wird und in der Gesamtschau am Ende die Bilanz so aussieht, dass diejenigen, die einbe zahlen, weniger haben als diejenigen, die herausnehmen, dann ist das nicht stimmig.
Insofern schaue ich nicht nur auf den Länderfinanzausgleich, sondern auf die gesamten Zahlungsmodalitäten. All das, was das Land Baden-Württemberg einbringen muss, muss in die Betrachtung der Frage einbezogen werden, wo die ausglei chende Gerechtigkeit endet.
Wir müssen jetzt noch den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/7403, behandeln. Abschnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil, der durch die Aussprache erledigt ist.
Wir haben über Abschnitt II des Antrags der SPD-Fraktion ab zustimmen. Wer diesem Abschnitt zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? –
Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Frakti on GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Würt temberg – Drucksache 14/7338
CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz über die Beteili gung des Landtags in Angelegenheiten der Europäi schen Union (EULG) – Drucksache 14/7339
ses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 28. Sep tember 2010 – Bericht über die Europapolitik der Lan desregierung in den Jahren 2009/2010 – Drucksachen 14/7000, 14/7514
Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffel te Redezeiten gelten.
Herr Präsident, werte Kollegin nen und Kollegen! Wir überschreiten heute bei dem wichtigs ten europapolitischen Vorhaben des Landtags in dieser Wahl periode die Ziellinie. Mit dem Gesetz über die Beteiligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union holen wir quasi Europa in den Landtag. Wir machen Europapolitik für die Bürger transparenter und leichter nachvollziehbar. Wir erfüllen einen wesentlichen Teil des Vertrags von Lissabon, nämlich die Stärkung der nationalen Parlamente, auch in der Volksvertretung des Landes Baden-Württemberg mit Leben.
Die Informations- und Unterrichtungspflichten der Landesre gierung gegenüber dem Landtag werden erheblich erweitert. Auf diese Weise wird im Hinblick auf EU-Vorhaben die Kon trolle gegenüber der Landesregierung und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger deutlich verbessert.
Die Beteiligung des Landtags in EU-Angelegenheiten war bis lang durch eine einfache Vereinbarung geregelt. Wir verschaf fen ihr heute Gesetzeskraft. Damit werten wir diese Verein barung und die Beteiligungsrechte des Landtags deutlich auf.
Neu und bundesweit einmalig ist die vorgesehene Regelung, wonach die Landesregierung bei ihrem Abstimmungsverhal ten im Bundesrat in bestimmten Fällen an das Votum des Landtags gebunden ist. Wenn Brüssel ausschließliche Gesetz gebungszuständigkeiten der Länder ganz oder teilweise auf die Europäische Union übertragen will, ist die Landesregie rung von Baden-Württemberg im Bundesrat an das Votum des Landtags gebunden. Die Bindung stellt im Fall von vertrags widrigen Eingriffen in Kompetenzen der Länder – ich nenne Schulpolitik, Polizeirecht, Kommunalrecht, Medienrecht – ein regelrechtes Abwehrrecht dar. Wenn „Europa“ draufsteht, aber „Baden-Württemberg“ drin ist, entscheiden wir, der Gesetz geber des Landes Baden-Württemberg, wenn es darum geht, solche Kompetenzen zu verlagern.
Bereits bei der Vereinbarung aus dem Jahr 1995 – das war die Vorläuferregelung – war Baden-Württemberg hinsichtlich der Beteiligung und der Mitwirkung des Landtags bundesweit führend. Andere Bundesländer haben erst jetzt, im Zuge der Umsetzung des Vertrags von Lissabon, auf diesen Sachstand, der bei uns bereits seit 1995 gegeben ist, nachgezogen.
Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Betei ligung des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union wollen wir jetzt Beteiligungsrechte schaffen, die bun desweit einmalig sind. Alle anderen Landesparlamente schau en gegenwärtig darauf, was wir in Baden-Württemberg regeln.
Wegen der neuen Bindungswirkung dieses Beteiligungsgeset zes müssen wir auch die Landesverfassung ändern. Wir gehen gemessen an dem, was wir nach der Landesverfassung aus schöpfen können, sehr weit und müssen deshalb die Landes verfassung ändern. Zum Thema der Verfassungsänderung wird sich nachher noch Herr Kollege Mack für den zuständigen Ständigen Ausschuss äußern.
Ich möchte mich heute nochmals bei allen Beteiligten bedan ken. Es handelt sich um Gesetzentwürfe aller vier Fraktionen. Ich möchte mich bei den Sprecherkollegen der anderen Frak tionen für die Zusammenarbeit bedanken. Ich danke insbe sondere auch dem Herrn Landtagspräsidenten und dem Aus schussvorsitzenden des Europaausschusses, Gerhard Stratt haus. Ich bedanke mich bei der Landtagsverwaltung und auch bei der Landesregierung, speziell bei Herrn Minister Profes sor Reinhart, mit ihren Mitarbeitern für die Zusammenarbeit.
Wir beraten heute gleichzeitig den Bericht über die Europa politik der Landesregierung in den Jahren 2009/2010. Der vor liegende Europabericht zeigt erneut, in welch hohem Maß das Land und die Landesregierung in europapolitischen Fragen aktiv sind. Baden-Württemberg bringt sich ein und mischt sich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in die Europapoli tik ein.
Im Berichtszeitraum des Europaberichts, nämlich vom 1. Ju li 2009 bis zum 30. Juni 2010, waren die Herausforderungen für die Europäische Union durch die Wirtschafts- und Finanz krise, ausgelöst durch die Pleite von Lehman Brothers, enorm. Banken mussten stabilisiert werden. Alle Mitgliedsländer ha ben Konjunkturprogramme aufgelegt, um die schwächelnde Wirtschaft wieder anzukurbeln. Mitgliedsländer wie beispiels weise Griechenland gerieten in Zahlungsschwierigkeiten.
Die Europäische Union hat sich in dieser schwierigen und kri senhaften Situation gut aufgestellt und bewährt. Sie hat ge zeigt, dass sie unverzichtbar ist. Jetzt müssen aber richtiger weise die Konsequenzen gezogen und Reformen des Stabili täts- und Wirtschaftspakts angegangen werden. Hierfür hat sich die Landesregierung starkgemacht; das möchte ich aus drücklich anerkennen, Herr Minister Reinhart. Mit der ge meinsamen Positionierung der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen erst jüngst haben Sie gezeigt, dass wir aus Baden-Württemberg heraus in Deutschland Impulse in der Eu ropapolitik setzen.
Wir sind das mit Abstand aktivste Land, das sich in die Euro papolitik sowohl auf Bundesebene, im Bundesrat, als auch auf europäischer Ebene einbringt. Unsere Vertretung in Brüssel gilt anerkanntermaßen als die aktivste und wirkungsvollste re gionale Ländervertretung, die dort aktiv ist. Daran sieht man, dass wir in der Europapolitik schlagkräftig sind und vorange hen und dass wir Vorbild sind. Baden-Württemberg ist Motor für die deutsche Europapolitik.
Der Europabericht zeigt die hervorragende Arbeit in allen Be reichen auf: in der Strukturpolitik, in der interregionalen und in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, in der Arbeit aller Ressorts und aller Ministerien. Dies wird in dem Bericht zum Ausdruck gebracht und ausführlich dargelegt.
Ich möchte mich deshalb, Herr Minister, sehr herzlich bei al len beteiligten Häusern, bei allen Ressorts bedanken, die je weils aus ihren Bereichen die entsprechenden Informationen für den Europabericht gegeben haben.