Das ist doch der Ausgangspunkt, lieber Herr Kretschmann, den Sie hier zu vertuschen versuchen. Sie brauchen uns nicht neu darüber aufzuklären, was Finanzausgleich bedeutet. Wir „danken“ zwar immer, wenn jemand es uns nochmals zu er klären versucht. Wir wissen natürlich: Da geht es zunächst um die Finanzkraft der Länder.
Aber es geht politisch auch darum, dass damit nicht gemeint sein kann, dass sich im Anschluss an den Ausgleich andere Länder etwas gönnen, was wir uns in Baden-Württemberg nicht leisten.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Weil Sie es politisch nicht wollen! Verdrehen Sie doch nicht die Tatsachen! Sie wollen es nicht! Das ist der Punkt!)
Herr Kretschmann, Sie sagen, wir würden durch das Land zie hen und Falschinformationen verbreiten. Ich will – vielleicht auch zur Erinnerung für Sie – die sogenannten Falschinfor mationen noch einmal benennen.
Auch in diesem Jahr haben wir wieder 1,7 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. Im Durchschnitt der letz ten Jahre waren es 2 Milliarden € jährlich, die wir an andere Länder ausbezahlt haben, die sich davon verdammt viel gön nen. Seit 1950 sind es insgesamt 48 Milliarden €, die das Land Baden-Württemberg aufbringen musste. Sie wissen: Unsere Kreditmarktschulden liegen bei 43 Milliarden €.
Auf der anderen Seite: Nur Bayern hat es geschafft, in das Feld der Geberländer hinüberzuwechseln. Alle anderen sind dort verblieben, wo sie immer waren. Mit den guten Geldströ men aus Baden-Württemberg braucht man sich gar nicht an zustrengen. Das Fatale an diesem Ausgleichssystem ist, dass selbst für diejenigen, die sich anstrengen – so sind die fleißi gen Baden-Württemberger: sie strengen sich an –, von 1 Mil lion € Mehreinnahmen wegen des Länderfinanzausgleichs ge rade einmal 136 000 € bleiben.
Jetzt behaupten Sie, Herr Kretschmann, das sei Populismus, das sei eine Falschinformation. Sie sollten wissen, dass Sie zunächst einmal dem Wohl und Wehe des Landes BadenWürttemberg verpflichtet sind und nicht anderen Bundeslän dern.
Jetzt kommt der weise Vorschlag von Herrn Kretschmann, wir sollten Gespräche führen. Diese Gespräche führen wir seit Jahren.
Ich komme gleich zu Ihrem Vorschlag. Das alles sind doch eher schwammige Sätze, die Sie gefunden haben. Meine Leu
te haben leider feststellen müssen, dass darin nichts Konkre tes enthalten ist. Sie haben den Kretschmann-Vorschlag von oben bis unten mit der Lupe untersucht. Sie schreiben, man müsse neu einteilen, das Umsatzsteueraufkommen müsse neu verteilt werden, man müsse die unterschiedlichen Bedürfnis se berücksichtigen. Welche Bedürfnisse Ihre Kollegen von Rot-Grün haben, das kann man sich vorstellen.
Man muss in aller Ernsthaftigkeit sagen: Freunde der Nacht, wir bekennen uns zur Solidarität. Irgendwann ist aber ein End punkt erreicht. Wir werden eine Klageschrift aufsetzen. Wenn man das nicht macht, wird man auch mit aller Liebenswür digkeit und Freundlichkeit gerade bei Ihren Kolleginnen und Kollegen von Rot und Grün überhaupt nichts erreichen. Eine Klage ist der einzig richtige Schritt, den wir im Sinne BadenWürttembergs gehen müssen.
Wir haben uns bereits unter den Länderfinanzministern ver ständigt. Wir werden parallel zur Klageschrift und zu einer möglichen Rechtsabklärung Gespräche führen. Darum habe ich gebeten, und darum haben meine Kollegen aus Hessen und Bayern gebeten. Wir sind gesprächsbereit. Sie sagten, die grü nen Fraktionen seien schon auf eine Korrektur eingestimmt. Ich bin gespannt auf die entsprechenden Angebote.
Herr Schmid hat gesagt, wir hätten einem „neuen Finanzaus gleich“ zugestimmt. Lieber Herr Schmid, diese Deutung des sen, was sich in der Föderalismuskommission II abgespielt hat, ist nun wirklich sehr fragwürdig. Ich gehe davon aus, dass Sie ein bisschen mehr Ahnung von dem haben, was sich da mals abgespielt hat.
Damals haben wir durchexerziert, dass nicht einfach nur die gebende Hand üppig geben kann, sondern dass man sagen muss: Wir geben, damit alle 16 Länder den Weg hin zur Schul denbremse gehen können. Wir geben eine Zinshilfe als Vor aussetzung dafür, dass manche rot-grün regierten Länder über haupt zustimmen können. Wir wussten genau, dass wir damit eine Daumenschraube angesetzt haben. Ich kann mir nur wün schen, dass wir in der Parallelgestaltung des Länderfinanzaus gleichs ähnlich zwingende Handlungsvorgaben einbauen kön nen, um das zu erreichen, was wir erreichen wollen, nämlich Solidarität und Gerechtigkeit, auch nach einem Ausgleich zwi schen den Ländern.
Herr Schmid, ich weiß, dass das Thema für Sie nicht ganz an genehm ist. Wer übt schon gern Kritik gegenüber Glaubens brüdern in anderen Bundesländern?
Wir sagen auch den Freunden aus dem Saarland, dass wir das für nicht richtig halten. Sie aber tun so, als ob dieser Schritt des Landes Baden-Württemberg unschick wäre, als ob er über
Jetzt kommt ein ganz entscheidender Punkt. Sie haben vorhin in Ihrer Rede gesagt, es komme auf die Einnahmesituation an. Seitdem ich die Beschlüsse Ihres Parteitags kenne, weiß ich, was Sie damit meinen, nämlich Steuererhöhungen und noch einmal Steuererhöhungen. Das können Sie den Baden-Würt tembergern aber nicht antun. Wir werden das den BadenWürttembergern sagen.
Es geht einfach darum, dass Sie sich nicht damit auseinander setzen wollen, dass andere sich mit unserem Geld Dinge er lauben, die wir uns nicht erlauben. Das ist der Ausgangspunkt.
Dabei wird tatsächlich nach objektiven Kriterien analysiert, was man sich auf der Ausgabenseite alles gönnt. Das ist der Ansatz. Solange ich die Ausgabenseite nicht in die Diskussi on einbeziehe, bleibe ich auf halbem Weg stecken. Deswegen wollen wir, dass unser höchstes Gericht, so man denn keine Übereinstimmung zwischen den Ländern erzielt, nochmals darüber entscheidet, wo bei diesem Ausgleich die Angemes senheit beginnt und wo die Angemessenheit endet. Denn erst dann können wir mit einer einfachen Gesetzgebung nachle gen und die Ausgleichsinstrumentarien schaffen, die man braucht.
Ich kann nur hoffen, dass man im Wege von Gesprächen ei nen Ausgleich findet. Andernfalls sind wir bereit, diese Kla geschrift nicht nur fertigstellen zu lassen,
sondern die Klage auch einzureichen. In diesem Sinn hoffe ich allmählich auf Einsicht, auch bei den Oppositionsfraktio nen. Es geht um das Land Baden-Württemberg. Diesen Schritt ist es uns allemal wert.
Vielen Dank. – Herr Präsident, vielleicht gestatten Sie mir doch noch zwei oder drei Anmer kungen zu den Redebeiträgen, die wir soeben gehört haben.
Herr Dr. Schmid, ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihre Aus sage, mit der Sie die Finanzstärke unserer Kommunen so sehr hervorgehoben haben. Bei der gestrigen Haushaltsdebatte hat es sich noch ein bisschen anders angehört.
Man muss wissen, was man in die Waagschale wirft, bevor man überhaupt eine solche Klage erheben kann. Wir müssen diese Klage also seriös und gründlich vorbereiten.
Auch gibt es Finanzbeziehungen, über die wir bislang noch gar nicht gesprochen haben, die aber das Land Baden-Würt temberg überproportional betreffen. Vergleichen Sie z. B. das Aufkommen des Solidaritätszuschlags in Baden-Württemberg und Berlin. Vergleichen Sie die Aufkommen in beiden Län dern. Dann werden Sie Erstaunliches feststellen.
Ich kann Ihnen beispielsweise aber auch die Nettobelastun gen durch Steuern und Sozialabgaben anführen, die BadenWürttemberg Jahr für Jahr zu schultern hat. Diesbezüglich ha ben wir eine Summe von etwa 15 Milliarden € errechnet, die wir über die Rentenversicherung, über das Arbeitslosengeld I und II erbringen.