Protocol of the Session on February 3, 2011

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr richtig!)

Dieser gesellschaftliche Missmut kommt nämlich bei den Bür gerinnen und Bürgern stets dann auf, wenn Nehmerländer bes sere – gemeint sind kostenlose – Leistungen anbieten, gar Wahlgeschenke auf Pump verteilen, die sich ein Geberland aus gebotener Verantwortung heraus nicht leisten kann.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Die SPD versucht mit ihrer Aussage „Show statt Substanz“, die Novellierung des Länderfinanzausgleichs als Wahlkampf geplänkel herunterzuspielen. Es gilt zu handeln, und zwar jetzt und heute. Spätestens im Jahr 2020 muss ein neues System des Länderfinanzausgleichs stehen. Es nützt nämlich nichts, erst 2019 zu verhandeln. Herr Kretschmann, Sie haben bereits in der Plenarsitzung am 18. März 2009 gefordert, dass wir über den Länderfinanzausgleich – ich zitiere – „nicht erst im Herbst 2018 diskutieren, sondern jetzt“. Damit haben Sie aus nahmsweise einmal recht. Den SPD-Antrag vom 23. Dezem ber 2010 lehnen wir insoweit auch ab.

Angesichts der Ernsthaftigkeit dieser Diskussion macht es auch wenig Sinn, wenn der Regierende Bürgermeister von Berlin, Ihr SPD-Genosse Wowereit, Aussprüche tätigt wie „Arm, aber sexy“ oder „Man behandelt uns teilweise wie den letzten Dreck“. Mit diesen eher dümmlichen Aussagen macht er deutlich, dass er den Länderfinanzausgleich heute weniger denn je verstanden hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Wer hat denn dem Länderfinanz ausgleich zugestimmt? Sie haben zugestimmt!)

Ja, ja, politisch. Das alles ist politisch.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist euer Länderfi nanzausgleich! In der Föderalismuskommission war es genau das Gleiche! Das ist eurer!)

Sie haben nachher das Wort. – Im Kern geht es aber um feh lende Leistungsanreize. Mehreinnahmen bei Geber- und Neh merländern, insbesondere bei den kleineren Nehmerländern, werden durch das System in hohem Maß aufgezehrt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das System ist ein CDU-System!)

Bei den Geberländern fließt gleichfalls der größte Anteil der Steuereinnahmen ab.

Ein weiterer SPD-Genosse, Sigmar Gabriel, hat in einer Pres semitteilung vom 24. Januar 2011 dazu verlauten lassen:

Die drei Länder

gemeint sind Bayern, Hessen und Baden-Württemberg –

versuchen, sich aus der innerstaatlichen Solidarität her auszuziehen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall, und das stimmt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Aber Solidarität darf keine Einbahnstraße sein.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist auch richtig!)

Solidarität bedeutet, einen fairen Ausgleich zwischen denen zu schaffen, die solidarisch Hilfe geben, und denen, die auf die solidarische Hilfe angewiesen sind. Ziel muss sein, dass

ein künftiger Länderfinanzausgleich die Voraussetzungen da für schafft, dass die Leistung empfangenden Länder Schritt für Schritt aus ihrem Status als Nehmerländer herauskommen. Hierzu müssen wir geeignete Anreize entwickeln.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ob und inwieweit solche Leistungsanreize indes überhaupt geschaffen werden können, muss angesichts der großen Zahl der am Verfahren beteiligten Bundesländer stark bezweifelt werden. Zurzeit sind 16 Bundesländer unterschiedlichster Ausprägung an der Steuerverteilung beteiligt, obwohl ihre fi nanzielle Leistungsfähigkeit zur Gewährleistung gleicher Le bensverhältnisse nie auf den Prüfstand gestellt wurde. Auch wurde nie geprüft, ob die einzelnen Länder überhaupt in der Lage sind, ihre Aufgaben aus eigener Kraft zu stemmen.

Das Grundgesetz spricht von einem angemessenen Ausgleich und nicht von einer Fehlbetragsfinanzierung, meine sehr ge ehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Die gestrigen Reaktionen im Landtag von Nordrhein-Westfa len zeigen aber, dass dies schwierig sein wird. NordrheinWestfalen, einst Geberland im Länderfinanzausgleich, ist be kanntermaßen zum Nehmerland geworden. Die dortige rotgrüne Regierung will offenbar diesen Status zementieren und zeigt keinerlei Einsparbemühungen mehr, wie ihr verfassungs widriger Haushalt mehr als deutlich aufzeigt. Daher ist es für die dortige rot-grüne Regierung unausweichlich, auch die Ver handlungsangebote unseres Ministerpräsidenten Mappus als Majestätsbeleidigung zu empfinden.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Aber Ruhesessel, Flachbildschirm und Stehlampen – das sind die Probleme, die die rot-grüne Landesregierung in Nord rhein-Westfalen umtreiben und den Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen zur Verzweiflung bringen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Jetzt wird es aber ganz tief! Das ist doch nicht Ihr Niveau, beim Länderfi nanzausgleich über Stehlampen zu reden!)

Das wird nicht ganz tief, sondern das wurde in der Presse verlautbart, und der Bund der Steuerzahler hat dies aufgegrif fen. Das ist sehr wohl ein Niveau.

(Zurufe von der CDU: Der Bund der Steuerzahler! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Ich kann fortfahren und die Planungen von Ministerpräsident Beck in Rheinland-Pfalz anführen, Schulbusse kostenfrei zu machen und den Klassenteiler auf 24 zu senken. Meine Da men und Herren, bei 26 Schülern bedeutet dies zwei Klassen mit 13 Schülern.

Bremen verzichtet auf die Studiengebühren, und Brandenburg leistet sich ein Schüler-BAföG.

Ganz anders aber hier bei uns in Baden-Württemberg. Wir ha ben uns gestern mit dem Dritten Nachtrag zum Staatshaus haltsplan über ein umfangreiches Sparpaket unterhalten und

dies auch umgesetzt. Anstatt dass sich beispielsweise Nord rhein-Westfalen ein solches Sparprogramm zu eigen macht, wird dort über den Luxus üppiger Büroausstattungen disku tiert und werden die Schulden für den Länderfinanzausgleich zu einem unüberwindbaren Hindernis gemacht.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Unglaublich!)

Bei den Krisenländern ist offensichtlich keine Besserung in Sicht. Wie dem Jahresbericht 2011 des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz zu entnehmen ist, sieht es dort noch viel schlimmer aus. Der Rechnungshof führt darin z. B. aus – ich zitiere –:

Eine Trendwende ist nach der Haushalts- und Finanzpla nung nicht in Sicht. Die im Kernhaushalt für 2011 veran schlagte Kreditaufnahme ist dreimal

ich wiederhole: dreimal –

so hoch wie die des Jahres 2007. Selbst die für 2014 pro gnostizierte Neuverschuldung von mehr als 1,6 Milliar den €

ich wiederhole, weil es sich um Rheinland-Pfalz handelt: 1,6 Milliarden € –

liegt weit über den Kreditaufnahmen der Vorkrisenjahre.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Lesen Sie doch ein mal etwas über das Saarland oder Schleswig-Holstein vor!)

Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg hat, zählt man alles zusammen, seit Anbeginn des Länderfinanzausgleichs fast 70 Milliarden € in dieses System eingezahlt. Dies ist ei ne unvorstellbare Summe. Rein rechnerisch könnten mit die ser Summe zwei komplette Haushaltsjahre von Baden-Würt temberg ohne jedwede weitere Einnahme bestritten werden. Ich kann es auch anders ausdrücken: Wir hätten überhaupt kei ne Schulden.

Dies nur zur Veranschaulichung der Größenordnung und zum Verständnis für all diejenigen, die noch immer Zweifel an der Position von Baden-Württemberg hegen. Mehr gegebenen falls in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Wolfgang Drex ler SPD: Stehlampen, Flachbildschirme! Das Niveau wird auf Kreistagsebene abgesenkt!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schmid.

Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Der derzeitige Länderfinanzaus gleich ist ungerecht, benachteiligt Baden-Württemberg und setzt zu wenig Leistungsanreize. Deshalb kämpft die SPD schon seit Jahren für Verbesserungen und ist auch bereit, da gegen zu klagen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! Klare Ansage!)