Das Zweite: Die Frage ist doch, wie das gestaltet wird und wie das strategische Szenario in den nächsten Jahren ausse
hen wird. Ich rate sehr dazu, eine mittelfristige Strategie zu verfolgen. Diese kann einen Börsengang vorsehen, sie kann eine Kapitalerhöhung über die Börse vorsehen, sie kann aber genauso auch darin liegen, dass sukzessive nach Interessen lage auch weitere Aktientausche erfolgen, beispielsweise mit Stadtwerken, damit die Verzahnung und Vernetzung zwischen EnBW einerseits und den Stadtwerken in Baden-Württemberg andererseits enger wird und damit letztendlich Synergieeffek te für den Verbraucher entstehen.
Es kommt ein Weiteres hinzu: Das ist die Frage der Netze. Übrigens: Das Geschäft, das vom Umsatzvolumen her über haupt das stärkste Geschäft bei der EnBW ist, ist nicht die Pro duktion, sondern das sind die Netze. In einem hoch industri alisierten Land wie dem unseren, in dem Industrie und damit Strombedarf nicht nur in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe und Ulm vorhanden ist, sondern allüberall im Land, bedarf es zwingend hochleistungsfähiger Netze. Hochleistungsfähige Netze sind im Verbundbereich. Dabei dürfen wir nicht zu wei teren Zersplitterungen bei den Eigentümern im Netzsektor kommen, weil dies die Stabilität der Netze deutlich gefährden würde.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sind Sie ein Sprachrohr der EnBW? – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Glauben Sie das selbst? Das ist doch ein Quatsch!)
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Können Sie ein mal erklären, warum E.ON und RWE ihre Netze ver kauft haben? Mein Gott!)
Deshalb bietet sich auch hier die Chance – gerade bei einem wachsenden Anteil der regenerativen Energien –, dafür zu sor gen, dass wir nicht eine weitere Flanke haben, bei der unser flächenstarker Industriestandort Schaden nehmen könnte.
Der dritte Bereich ist der Gasbereich. Machen wir uns doch nichts vor: Der französische Staatskonzern – der französische Staat ist noch immer zu 80 % an der EdF beteiligt – hat bei den baden-württembergischen Kommunen und bei anderen kommunalen Eignern in Deutschland, an denen die EnBW derzeit beteiligt ist, bisher nicht das größte Vertrauen, das Land Baden-Württemberg hingegen sehr wohl, gleichermaßen auch dann, wenn es zu Verschränkungen und Verzahnungen mit Stadtwerken, mit weiteren kommunalen Eignern kommt.
Das heißt: In der unternehmerischen Landschaft von heute gibt es Gott sei Dank eben nicht mehr nur noch die vier Oli gopolisten. Vielmehr entstehen aus den Stadtwerken bzw. Stadtwerksverbünden Gott sei Dank weitere Unternehmen.
(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ist Ihnen bekannt, dass die EnBW die Letzte ist, die ihre Netze behal ten hat? Ist Ihnen das bekannt?)
Würden Sie jetzt eine ordentliche Frage stellen, dann wür de ich sie auch beantworten, Herr Untersteller.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen natür lich auch organisches Wachstum im Ausland.
Die Beteiligung der EnBW in Tschechien, die Beteiligung in der Türkei, aber auch die Beteiligung an Kraftwerken südlich von Baden-Württemberg, in den Alpen, und südöstlich von Baden-Württemberg müssen weiter forciert und ausgebaut werden, gerade im Grenzanrainerbereich, weil wir in der Zu kunft verstärkt Batterie- und Pumpspeicherkraftwerke brau chen werden.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP, auf Abg. Franz Un tersteller GRÜNE zeigend: Der ist gegen Pumpspei cherkraftwerke!)
Damit ist doch eines klar: Der Weg wird vorgezeichnet sein. Natürlich wird sich der Eigner nicht ins operative Geschäft einmischen, aber die Ausrichtung des Unternehmens wird er vorgeben – das ist nämlich die Aufgabe des Eigentümers –, und die Ausrichtung heißt ganz klar: Wir nutzen die jetzt ein geräumte zeitliche Spanne bei der Kernenergie, die für uns noch einmal ein „Luftholen“ bedeutet, mit einem forcierten und aktiven Ausbau der regenerativen Energien. Das ist die Zielsetzung.
Deshalb braucht man in diesem Bereich natürlich eine mittel fristige Strategie. Der Ministerpräsident hat vorhin zu Recht das Engagement der EnBW beim Thema Offshorewindparks erwähnt.
Ich sage dazu ganz klar: Die Stadtwerke haben eine herausra gende Kompetenz, was die Dienstleistung für den Bürger an geht. Die EnBW hat eine herausragende Kompetenz bei der Produktion von Strom und der groß- und kleinräumigen Ver teilung. Diese Synergien muss man nutzen. Da gibt es auch neue Geschäftsfelder im Bereich dezentraler Kraft-WärmeKopplungsanlagen sowohl bei der Stromerzeugung als auch bei der Wärmeerzeugung. Es gibt auch neue Geschäftsfelder für die Stadtwerke im Verbund, wenn es darum geht, BadenWürttemberg noch mehr mit Wärme, und zwar dezentral mit Nahwärme und Fernwärme, zu versorgen. Denn 28 % des Pri märenergieverbrauchs bei uns im Land entfallen allein auf die Wärmeproduktion in den Gebäuden.
Es gibt weitere Energieeffizienzressourcen im Bereich der Smart Grids, die beide, Stadtwerke und EnBW, in der Syner gie in der Zukunft deutlich besser nutzen können. Dorthin muss unsere Strategie gehen, und dorthin wird sie auch ge hen, Herr Kollege Dr. Schmid, auch wenn Sie sich nicht durchringen können, überhaupt zu sagen, ob Sie den Verkauf jetzt wollen oder nicht.
Es gibt keine Chancen, ohne dass es auch Risiken gibt. Aber die allergrößte Chance ist zunächst einmal, dass die Energie
versorgung, die Stabilität der Netze und eine klare Produkti onsausrichtung erhalten bleiben. Das ist das Allerwichtigste.
Das Zweite sind die von mir vorhin beschriebenen Strategien für die Zukunft. Ich fasse noch einmal zusammen: regenera tive Energien, Energieeffizienz, Schulterschluss mit den Stadt werken.
Das Dritte – da komme ich zu den Risiken, die natürlich auch vorhanden sind – ist die Frage der Zinssteigerung. Aber ge nau deshalb ist ein Stück weit Eile geboten, weil auch die Zin sen von Staatsanleihen derzeit eher steigen. Nur die jetzige Situation am Kapitalmarkt macht es überhaupt erst möglich, dass wir einsteigen können. Deshalb muss man jetzt handeln und darf nicht erst in vier oder in acht Wochen handeln, wenn sich die Rahmenbedingungen weiter verschlechtern. Das ist doch die Situation.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Wo steigen sie denn? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Zinsen fallen doch!)
Ich hätte Ihnen recht gegeben, Herr Dr. Schmid, wenn Sie vor einem Vierteljahr, als am Kapitalmarkt noch Stabilität herrsch te, gesagt hätten: „Eile ist nicht geboten.“ Aber wer im Au genblick die Entwicklung im Anleihensektor betrachtet, sieht doch ganz klar und eindeutig, dass der Weg nach oben führt.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Der legt den Nachtrag mit Zinseinsparungen vor! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch Unsinn! – Zuruf der Abg. Brigit te Lösch GRÜNE)
Der zweite Punkt – auch das ist ein Risiko – ist der Börsen kurs. Sie haben recht mit der Feststellung, dass sich die Akti enkurse von Energieversorgern, obwohl der DAX bei 7 000 Punkten steht, derzeit nicht gerade „explosionsartig“ an der Börse bewegen. Das ist wahr. Das hängt natürlich damit zu sammen, dass im Netzbereich und anderswo auch ein Inves titionsstau vorhanden ist. Das ist überhaupt keine Frage.
Aber es ist so, Herr Untersteller. Sie sollten sich einmal et was intensiver mit ein paar Themen beschäftigen.
Aber genau in diesem Sektor muss investiert werden, damit das Unternehmen werthaltig bleibt und entsprechend auch die Kursziele erreicht werden können.
Das Dritte ist die Kostenbelastung im Unternehmen. Das ist wahr. Natürlich dämpft die Brennelementesteuer die Erwar tungen für die Jahre 2011 ff. Das ist gar keine Frage. Aber ge nau aus diesem Grund hat die EnBW bereits jetzt Vorsorge maßnahmen getroffen und über Sparmaßnahmen entschieden, um die Erwartungen der Anteilseigner nicht allzu sehr einzu schränken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die CDU-Fraktion stimmt dem Kauf der Anteile der EdF an der EnBW durch das Land Baden-Württemberg uneingeschränkt zu.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Reines Abni cken durch das Parlament!)
Wir sehen gewaltige Chancen. Wir negieren nicht die Risiken, aber wenn man die Risiken erkennt und sie analysiert, dann wird deutlich: Die Chancen überwiegen eindeutig. Deshalb ist es eine gute Maßnahme für dieses Land, und es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Opposition innerhalb von fünf Tagen diesen Schwenk von der Euphorie hin zur Depression vollzogen hat.
Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben mit dem Notbewilligungsrecht des Artikels 81 unserer Landesver fassung, der außerplanmäßige Ausgaben bei unabweisbaren und unvorhergesehenen Bedürfnissen rechtfertigt, den Land tag in einer Weise an die Wand gespielt,