die weder im Bund von den Verantwortlichen, von Frau Scha van, noch hier im Land angegangen wird. Das müssen Sie sich vorhalten lassen.
(Zuruf des Abg. Albrecht Fischer CDU – Abg. Peter Hauk CDU: Alle Ergebnisse widerlegen Sie! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Unruhe – Glo cke des Präsidenten)
Wir haben von 1992 bis 2007 einen Anstieg um 111 % im Be reich der berufsvorbereitenden Maßnahmen, und zwar nicht deshalb, weil die jungen Leute dümmer geworden wären; das ist nicht der Fall. Mittlerweile haben über 30 % der jungen Leute in der Berufsvorbereitung einen Hauptschulabschluss, der im Schnitt besser als 3,0 ist. Aber sie haben keine Chan ce, heute in eine duale Ausbildung zu kommen. Darauf müs sen wir den Finger legen und dürfen nicht junge Leute in ir gendwelche Warteschleifen schicken, ohne Alternativen da für zu haben.
Ich sage Ihnen: Maßnahmen und Projekte macht der Bund und macht auch das Land. Sie haben z. B. die individuelle Lern begleitung hier eingeführt, ein Vierjahresprojekt. Wie tü ckisch! Es ist ein Projekt auf ehrenamtlicher Basis. Jetzt läuft es aus. Bei uns im Landkreis haben wir es auf der Tagesord nung gehabt. Jetzt wird es um ein halbes Jahr verlängert. Da frage ich Sie: Wo ist der konzeptionelle Ansatz? Der ist nicht da. Da werden Bildungsketten neu aufgelegt, man schafft Be rufseinstiegsbegleiter, anstatt junge Leute wirklich in berufli che Qualifizierungen, in anerkannte Ausbildungsberufe zu führen.
Frau Schick, wir brauchen eine Ablösung des Übergangssys tems und eine echte berufliche Qualifizierung – auch wenn das zweijährige Ausbildungsgänge sind, die auf eine dreijäh rige Ausbildung aufstockbar sind. Aber wir brauchen eine ech te Qualifikation.
Sie werden die Forderungen, die Herr Fehrenbach vor eini gen Tagen hier in Baden-Württemberg kritisch erhoben hat, mit den Konzepten, die Sie hier vorgelegt haben, nicht erfül len.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bis in fünf Jahren fehlen allein 280 000 Arbeitskräfte; die Hälfte davon sind qualifizierte Facharbei ter aus dem dualen System. In der Diskussion wird in letzter Zeit häufig nur von Akademikern gesprochen, aber wir müs sen diesen dualen Bereich auch sehr stark beachten.
Dabei ist auch an das zu denken, was uns Frau Professor Rump in einer Anhörung der Enquete gesagt hat: Der Trend zu einer komplexeren Arbeitswelt verlangt einmal mehr, dass Jugendliche beim Bau ihres Berufslebens ein solides Funda ment bekommen. Daran arbeiten wir gerade. Die Betriebe müssen, wenn sie zukunftsgerichtet aufgestellt sein wollen, auch künftig kontinuierlich die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter fördern.
Dann gilt natürlich, dass wir endlich wahr machen müssen, was von verschiedenen Seiten zu Recht deutlich gefordert wird, denn: Jeder Jugendliche wird gebraucht. Das heißt, wir müssen die Potenziale heben. Wir müssen auch mehr Frauen in sogenannte Männerberufe bringen. Wir brauchen die Aus bildung in Teilzeit, z. B. für Leistungssportler oder auch für Menschen mit Familienverpflichtungen.
Wir brauchen für sogenannte Splitterberufe, für die es nur we nige Auszubildende gibt, vielleicht auch eine internetbasierte berufliche Ausbildung.
Es gab zudem einen interessanten Vorschlag der Frau Kultus ministerin zum Thema „Lehrergewinnung für berufliche Schu len“. Sie hat gesagt, es könnte doch auch sein, dass man sich Mitarbeiter teilt, dass Lehrkräfte sowohl in der Wirtschaft als auch flexibel an Schulen arbeiten, sozusagen „duale Lehrer“ sind. Das halte ich für einen recht spannenden Aspekt.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann macht doch end lich einmal! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP)
Herr Kollege Lehmann, Sie sagen, nur ein Rechtsanspruch könne die Welt retten. Ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen. Wenn Gerechtigkeit – Sie sprachen von Bildungs gerechtigkeit – davon abhängt, dass irgendwo ein Rechtsan spruch festgeschrieben ist, dann sage ich: Armes Deutschland!
Frau Ministerin Schick, ich danke Ihnen ganz herzlich für das, was gestern bekannt gegeben wurde, nämlich die Schaffung neuer Klassen an den beruflichen Gymnasien. In der Debatte vom 5. Mai 2010 habe ich festgestellt, dass allein die Schaf
fung von mehr Plätzen und eben nicht der Rechtsanspruch die richtige Lösung ist. Am Ende meines Redebeitrags habe ich gesagt: „Das traue ich unserer Regierung durchaus zu.“ Sie haben uns nicht enttäuscht. Dafür sind wir dankbar.
Eine Anregung ist uns bei den beruflichen Gymnasien aller dings auch noch wichtig. Kollegin Krueger hat dankenswer terweise bereits aufgezählt, welche Fachbereiche es hier gibt – wobei ich ihr hier auch noch sagen will: Das Schulsystem in Baden-Württemberg ist seit 15 Jahren auch stark FDP/ DVP-geprägt. Darauf sind wir stolz.
(Oh-Rufe – Beifall der Abg. Dr. Birgit Arnold FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Reinhold Gall SPD: Also mit in Haftung neh men!)
In diesem Spektrum der beruflichen Gymnasien fehlt jedoch ein Bereich, der vom Handwerkstag zu Recht angemahnt wird. Das ist die handwerkliche Ausrichtung. Die brauchen wir noch, weil natürlich auch das Handwerk qualifizierte Fach kräfte braucht. Unser Ziel sollte eigentlich sein, an jeder Be rufsschule auch einen Standort für ein berufliches Gymnasi um einzurichten und besonders dort, wo man umstrukturiert, auch die handwerklichen Bereiche mit zu bedenken. Das kann sich immer an dem orientieren, was an dieser Schule sowie so an handwerklichen Ausbildungsangeboten vorhanden ist.
Dann sind auch die entsprechenden Lehrer da. – Frau Kolle gin, gestern ist bekannt gegeben worden, dass zusätzliche Leh rer an die beruflichen Schulen kommen. Ich weiß nicht, wor an Sie jetzt wieder herummeckern. Da werden wir wohl nie ganz mitkommen.
Das technische Profil „Handwerk“ für die beruflichen Gym nasien ist uns wichtig. Ich hoffe, dass mit den gestern aktuell vorgestellten Maßnahmen auch das strukturelle Defizit in der Lehrerversorgung an unseren beruflichen Schulen generell Stück für Stück beseitigt wird. Auch das ist uns ein wichtiges Anliegen.
Ich habe noch eine Bitte an das Kultusministerium: Bitte ver gessen Sie bei alldem auch die Berufsoberschulen nicht. Auch die sind ein wichtiger Teilaspekt.
Es muss für jeden die Möglichkeit geben, dass er die seinen Fähigkeiten entsprechende Qualifikation erlangt und dass der Staat ihn dabei unterstützt. Das verstehen wir unter Bildungs gerechtigkeit.
(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Helmut Walter Rüeck und Karl Zimmermann CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP zu SPD und Grünen: So ist es! Das müssen auch Sie sich merken! – Gegenruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Zur Stärkung des Fachkräftenachwuchses brauchen wir ver schiedene Maßnahmen. Kollegin Dr. Arnold hat schon er wähnt, dass vieles aus den allgemeinbildenden Schulen und aus der frühkindlichen Förderung kommen wird. Wir brau chen ausbildungsreife Absolventen der allgemeinbildenden Schulen. Herr Kollege Lehmann, das betrifft auch den Be reich, den Sie komischerweise als Warteschleifen bezeichnen, obwohl Sie doch unser „Übergangssystempapst“ sind. Die Zahlen in diesem Bereich werden sich verringern. Wir kön nen die bisher dort benötigten Fachkräfte und Lehrer dann nämlich in andere Ausbildungssysteme stecken.
Wir brauchen ausbildungsreife Absolventen und ein solides Berufsbildungssystem, auf dem lebenslang aufgebaut werden kann. Dann werden wir auch in Zukunft genügend richtig aus gebildete Fachkräfte zur Verfügung haben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Ich möchte gern noch einmal auf zwei, drei Punkte ein gehen, die mir so wichtig sind, dass sie nicht oft genug betont werden können.
Verehrter Herr Mentrup, ich bin Ihnen für das Lob dankbar, das Sie vorhin ausgesprochen haben. Zumindest habe ich es als solches verstanden, als Sie eingeräumt haben, dass die Punkte, die ich vorhin angeführt habe, mit gutem Willen tat sächlich als Strategie verstanden werden können. Ein so deut liches Lob hätte ich von Ihrer Seite nicht erwartet. Herzlichen Dank, vor allem für den genannten guten Willen.
Gleichzeitig muss ich noch einmal auf einen Punkt hinwei sen, den Sie zum wiederholten Mal angesprochen haben, den man so nicht stehen lassen kann. Die Betrachtung ausschließ lich des Besuchs des Gymnasiums als Kennzeichen des Bil dungserfolgs diskreditiert all unsere anderen Bildungsgänge. Das lassen wir nicht stehen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist doch dummes Zeug!)
Die von Ihnen wiederholt zitierte Kennziffer der 6,6-mal so hohen Chance eines Akademikerkinds bezieht sich ausschließ lich darauf, sich in der neunten Klasse eines Gymnasiums zu befinden. Das hat nichts mit Bildungserfolg zu tun, nichts mit Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung und nichts mit einem Verständnis, das am Menschen orientiert ist. Sie orientieren sich an überkommenen Kriterien des Bildungs erfolgs.
Ein zweiter Punkt sollte klar beantwortet werden. Herr Leh mann, Sie fragen: Wo ist der konzeptionelle Ansatz? Die Ant wort ist ganz einfach. Unser konzeptioneller Ansatz ist: Jeder