Wir dürfen bei den Menschen auf keinen Fall die Hoff nung wecken, sie könnten als Bürger von Baden-Würt temberg dieses von München nach Köln reichende Bahn projekt aufhalten. Das können sie nicht. Das könnte al lenfalls der Bundesgesetzgeber. Wer diese Erwartung schürt, organisiert die fundamentale Enttäuschung und weiteren Vertrauensverlust.
Dann zitiere ich Herrn Bundestagspräsident Lammert aus der heutigen Ausgabe der „Badischen Neuesten Nachrichten“ – zwar in einem anderen Zusammenhang, aber es passt hier ab solut –:
Das, was wir zum Funktionieren einer... demokratischen Gesellschaft am dringendsten brauchen, droht zunehmend verloren zu gehen – Vertrauen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein hold Gall SPD: Ihr habt es schon verloren! Das ist doch deutlich!)
der Volksentscheid sei die Prämie der Demagogie, der Volks entscheid sei die Prämie für Demagogen. Etwa so hat er es formuliert.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt machen Sie wieder Geschichtsklitterung! Da sind Sie auf einem glatten Terrain! – Weitere Zurufe von der SPD – Unruhe)
Herr Kollege Gall, den letzten Satz müssen Sie noch ertra gen, weil es auch geschichtliche Wahrheit ist.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Ich bin leidensfähig! – Ge genruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das stimmt! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist bei der SPD allgemein so!)
In der Weimarer Republik hat es zwölf Plebiszite gegeben. Alle sind gescheitert. Aber alle haben die Menschen polari siert. Das könnte mit ein Grund für die Katastrophe gewesen sein, die danach erfolgt ist.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von den Grünen: Nein! – Abg. Reinhold Gall SPD: Ab solut dummes Zeug! – Weitere Zurufe von der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Wenn in Baden-Württemberg je mand das Vertrauen verloren hat, dann ist es diese Regierung.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schü le CDU: Das sagt der Richtige! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a. der Abg. Karl-Wilhelm Röhm und Jörg Döpper)
Diese Regierung hat das Vertrauen der Menschen bei Stutt gart 21 massiv verloren. Diese Regierung hat durch die Wor te ihres Polizei- und Verfassungsministers das Vertrauen in die eigene Verfassung verloren. Wir schlagen einen Weg vor, der in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen ist.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Zurufe, u. a. der Abg. Jörg Döpper und Helmut Walter Rüeck CDU sowie Dr. Birgit Arnold FDP/DVP)
Sie bauen mit juristischen Argumenten auf dem Weg zur Volksabstimmung zusätzliche Hürden auf, die die Verfassung gar nicht kennt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb sage ich Ihnen: Sie sind heute die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie Sie diesen Vertrauensschaden im Land beheben wollen.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Nein! Es laufen Schlichtungsgespräche! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir sind in den Schlichtungsgesprächen!)
Werden Sie den Vertrauensschaden beheben, indem Sie die Polizei mit Pfefferspray und Knüppel vorgehen lassen, um In frastrukturprojekte weiter durchzusetzen?
(Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Klaus Herrmann CDU: Nur dann, wenn Demonstran ten die Polizisten angreifen! Das müssen Sie einmal dazusagen! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Ist Ihre Antwort auf das Misstrauen der Bürger gegenüber Großprojekten ein Ereignis wie das am 30. September? Ich frage Sie: Ist das Ihre Antwort auf das Misstrauen der Bürge rinnen und Bürger?
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Feuerwerkskörper wurden gegen Polizisten geworfen!)
Ich sage Ihnen: Wenn jemand etwas zu fürchten hat, dann ist es die Polizei, und zwar wegen eines Innenministers, der die Leute in Einsätze schickt wie am 30. September, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Zurufe, u. a. der Abg. Jörg Döpper und Helmut Walter Rüeck CDU)
Ein Innenminister, der nicht auf politische Konfliktlösung setzt, sondern Konflikte und die eigene Unfähigkeit auf dem Rücken der Polizistinnen und Polizisten austrägt, ist nicht haltbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie beschreiben jetzt auch den Polizeistaat! Wie die Grünen!)
Ich frage Sie: Was geschieht denn nach der Schlichtung? Sie selbst haben das gesamte Projekt dem Volk in Baden-Würt temberg zur Beurteilung vorgelegt.
Damit ist klar: Das Volk ist der Schlichter. Wenn Sie jetzt ei ne Volksabstimmung ablehnen, dann spricht daraus die nack te Angst vor den Bürgerinnen und Bürgern des Landes. Dar aus spricht die nackte Angst.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Oh-Rufe von der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)
Ich sage Ihnen: Sie haben die Chance, die Menschen mit Ih ren Argumenten zu überzeugen. Machen Sie deshalb den Weg für eine Volksabstimmung für S 21 frei.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Vereinzelt Oh- Rufe – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Schwach, schwächer, Schmid! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Rede hat ein Juso geschrieben!)
Meine Damen und Herren, Herr Präsident! Die Älteren hier im Saal können sich viel leicht noch an einen CSU-Minister namens Hermann Höcherl erinnern.
Dieser fiel einmal unangenehm durch die Äußerung auf, er könne nicht dauernd mit dem Grundgesetz unter dem Arm he rumlaufen.
Meine liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Herr Kollege Dr. Schmid, das, was Sie hier gerade abgeliefert ha ben, ist unerträglich.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Zuruf von der CDU: Sehr gut!)