(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich hätte eine wei tere Frage, Herr Kretschmann!)
Sie verweisen immer wieder auf die Schweiz. Ich möchte Sie fragen: Sehen Sie in einer Volksabstimmung in allererster Li nie ein Verhinderungsinstrument, oder sehen Sie darin nicht vielmehr ein Gestaltungsinstrument?
(Zurufe von den Grünen, u. a. des Abg. Franz Unter steller – Zuruf von der SPD: Wir sehen es als Gestal tungsinstrument!)
Die Schweiz ist da bei natürlich ein ganz schlechtes Beispiel, Herr Kollege. In der Schweiz wird über alles, selbst über Haushalts- und Steu erfragen, in Volksabstimmungen entschieden, und die Schweiz ist damit gut gefahren. Aber wir wollen das Schweizer Mo dell überhaupt nicht auf unser Land übertragen. Dazu ist un ser Gemeinwesen zu groß.
Das ist nicht nötig. Wir haben nicht die gewachsenen Traditi onen, wie sie in der Schweiz existieren.
Es geht vielmehr darum, dass wir die repräsentative Demo kratie durch die Möglichkeit ergänzen, den Souverän in sol chen Konfliktfällen und umstrittenen Fragen dann, wenn er das will, selbst entscheiden zu lassen.
Es gibt dieses Instrument auch in den Kommunen. Selbstver ständlich kann man damit auch Dinge verhindern; das ist doch völlig in Ordnung.
Auch das Verhindern unsinniger Projekte ist ein positives Ge staltungselement. Das müssen Sie eben einmal begreifen.
Insofern die Klar stellung: Selbstverständlich bleibt die repräsentative Demo kratie das Rückgrat unserer demokratischen Verfasstheit.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ihr wollt doch eine Beliebigkeitsdemokratie!)
Herr Kollege Kretschmann, Sie sprechen über die Quoren bei Volksbegehren und Volksab stimmung. Sind Sie bereit, anzuerkennen, dass das mit der momentanen Debatte überhaupt nichts zu tun hat, sondern dass diese Debatte vielmehr mit dem zu tun hat, was der Prä sident des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt hat? Er sag te nämlich, dass, wenn Parlamente, wenn viele Parlamente entschieden haben, wenn alle Gerichte entschieden haben, nicht hinterher noch einmal eine Volksabstimmung kommen kann.
Kennen Sie die Aussage des Präsidenten des Bundesverfas sungsgerichts, dass dies im Regelfall schlicht und ergreifend nicht mehr möglich ist?
Er hat gesagt, damit würde infrage gestellt, dass man in Zu kunft noch Infrastrukturprojekte durchsetzen kann. Aber dass dies rechtlich möglich ist, ist doch evident, so, wie ein Parla ment nachträglich Beschlüsse eines vorhergehenden Parla ments umstoßen kann.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Es werden doch keine Beschlüsse aufgehoben, es werden Ver träge aufgelöst!)
So etwas wird oft genug gemacht. Dies kann mit einem Ge setzgebungsverfahren durch das Volk selbst natürlich genau so gemacht werden. Da besteht doch verfassungsrechtlich überhaupt kein Unterschied.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Darum geht es doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Sätze zum Änderungsantrag der Grünen. In Abschnitt I sprechen Sie davon, dass Sie „wei teren Schaden für die politische Kultur... abwenden“ wollen. Lassen Sie mich dazu feststellen: Den größten Schaden haben bisher Sie durch Ihren Populismus ausgelöst.
Vor dem Hintergrund der Hetzkampagnen gegen Befürworter dieses Bahnprojekts ist das, was Sie hier beantragen, gerade zu lächerlich. Wer zur Missachtung parlamentarischer Be schlüsse und damit zur Missachtung des Rechtsstaats aufruft, hat keinerlei politische Kultur.
Jetzt zur SPD: Obwohl der SPD-Landesvorsitzende Jurist ist, schlägt er für eine Volksabstimmung ein Verfahren vor, das eindeutig rechtsmissbräuchlich ist.
Landtagsmehrheit und Landesregierung sind sich doch einig, dass Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm richtig und wichtig sind. Die Regierung kann doch kein Ausstiegsgesetz einbringen, das der Landtag ablehnt, um es dann zur Volksab stimmung zu stellen.
Um den Weiterbau des Bahnprojekts zu sichern, müsste die Bevölkerungsmehrheit dann mit Nein stimmen. Das ist über so viele Ecken gedacht. Das kapiert kein Mensch.
Das erweckt den Eindruck, dass das nicht von einem Rechts anwalt erdacht wurde, sondern aus der Paragrafenküche eines Winkeladvokaten kommt.