Protocol of the Session on October 28, 2010

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich hätte eine wei tere Frage, Herr Kretschmann!)

Vielen Dank, Herr Kolle ge Kretschmann, dass Sie die Nachfrage zulassen.

Sie verweisen immer wieder auf die Schweiz. Ich möchte Sie fragen: Sehen Sie in einer Volksabstimmung in allererster Li nie ein Verhinderungsinstrument, oder sehen Sie darin nicht vielmehr ein Gestaltungsinstrument?

(Zurufe von den Grünen, u. a. des Abg. Franz Unter steller – Zuruf von der SPD: Wir sehen es als Gestal tungsinstrument!)

Die Schweiz ist da bei natürlich ein ganz schlechtes Beispiel, Herr Kollege. In der Schweiz wird über alles, selbst über Haushalts- und Steu erfragen, in Volksabstimmungen entschieden, und die Schweiz ist damit gut gefahren. Aber wir wollen das Schweizer Mo dell überhaupt nicht auf unser Land übertragen. Dazu ist un ser Gemeinwesen zu groß.

(Zuruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU)

Das ist nicht nötig. Wir haben nicht die gewachsenen Traditi onen, wie sie in der Schweiz existieren.

(Zurufe von der CDU: Aha!)

Es geht vielmehr darum, dass wir die repräsentative Demo kratie durch die Möglichkeit ergänzen, den Souverän in sol chen Konfliktfällen und umstrittenen Fragen dann, wenn er das will, selbst entscheiden zu lassen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber davor!)

Bayern zeigt: Das ist selten genug der Fall.

(Beifall bei den Grünen)

Es gibt dieses Instrument auch in den Kommunen. Selbstver ständlich kann man damit auch Dinge verhindern; das ist doch völlig in Ordnung.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Darum geht es Ihnen doch! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ah ja!)

Man muss Dinge verhindern, und man muss Dinge gestalten.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig!)

Auch das Verhindern unsinniger Projekte ist ein positives Ge staltungselement. Das müssen Sie eben einmal begreifen.

(Beifall bei den Grünen)

Herr Abg. Kretschmann – –

Insofern die Klar stellung: Selbstverständlich bleibt die repräsentative Demo kratie das Rückgrat unserer demokratischen Verfasstheit.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das sagt aber Herr Sckerl anders! – Glocke des Präsidenten)

Es wird durch mehr direkte Demokratie in solchen Konflik ten ergänzt.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ihr wollt doch eine Beliebigkeitsdemokratie!)

Herr Abg. Kretschmann, gestatten Sie außerdem eine Nachfrage des Herrn Abg. Mack?

Herr Kollege Kretschmann, Sie sprechen über die Quoren bei Volksbegehren und Volksab stimmung. Sind Sie bereit, anzuerkennen, dass das mit der momentanen Debatte überhaupt nichts zu tun hat, sondern dass diese Debatte vielmehr mit dem zu tun hat, was der Prä sident des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt hat? Er sag te nämlich, dass, wenn Parlamente, wenn viele Parlamente entschieden haben, wenn alle Gerichte entschieden haben, nicht hinterher noch einmal eine Volksabstimmung kommen kann.

Kennen Sie die Aussage des Präsidenten des Bundesverfas sungsgerichts, dass dies im Regelfall schlicht und ergreifend nicht mehr möglich ist?

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Das hat Rechtskraft!)

Das hat er überhaupt nicht gesagt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Doch!)

Er hat gesagt, damit würde infrage gestellt, dass man in Zu kunft noch Infrastrukturprojekte durchsetzen kann. Aber dass dies rechtlich möglich ist, ist doch evident, so, wie ein Parla ment nachträglich Beschlüsse eines vorhergehenden Parla ments umstoßen kann.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Es werden doch keine Beschlüsse aufgehoben, es werden Ver träge aufgelöst!)

So etwas wird oft genug gemacht. Dies kann mit einem Ge setzgebungsverfahren durch das Volk selbst natürlich genau so gemacht werden. Da besteht doch verfassungsrechtlich überhaupt kein Unterschied.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Darum geht es doch gar nicht! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich darf um Ruhe bitten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Für das Volk, mit dem Volk!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst ein paar Sätze zum Änderungsantrag der Grünen. In Abschnitt I sprechen Sie davon, dass Sie „wei teren Schaden für die politische Kultur... abwenden“ wollen. Lassen Sie mich dazu feststellen: Den größten Schaden haben bisher Sie durch Ihren Populismus ausgelöst.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Vor dem Hintergrund der Hetzkampagnen gegen Befürworter dieses Bahnprojekts ist das, was Sie hier beantragen, gerade zu lächerlich. Wer zur Missachtung parlamentarischer Be schlüsse und damit zur Missachtung des Rechtsstaats aufruft, hat keinerlei politische Kultur.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Win fried Kretschmann GRÜNE: Wer macht denn das?)

Jetzt zur SPD: Obwohl der SPD-Landesvorsitzende Jurist ist, schlägt er für eine Volksabstimmung ein Verfahren vor, das eindeutig rechtsmissbräuchlich ist.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das Verfahren steht in der Verfassung!)

Landtagsmehrheit und Landesregierung sind sich doch einig, dass Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm richtig und wichtig sind. Die Regierung kann doch kein Ausstiegsgesetz einbringen, das der Landtag ablehnt, um es dann zur Volksab stimmung zu stellen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wo steht denn das?)

Um den Weiterbau des Bahnprojekts zu sichern, müsste die Bevölkerungsmehrheit dann mit Nein stimmen. Das ist über so viele Ecken gedacht. Das kapiert kein Mensch.

(Zurufe von der SPD)

Das erweckt den Eindruck, dass das nicht von einem Rechts anwalt erdacht wurde, sondern aus der Paragrafenküche eines Winkeladvokaten kommt.