Protocol of the Session on October 28, 2010

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, kann ich bestäti gen, dass sich die Situation hier gewaltig verändert hat. Man kann die Kinder heutzutage nicht mehr einfach auf die Stra ße oder auf sonstige Freiflächen lassen. Daher müssen wir da für sorgen, dass in den Einrichtungen genügend Bewegungs möglichkeiten vorhanden sind. Ich zitiere hierzu aus der Stel lungnahme zu unserem damaligen Antrag:

Über ihren unbestrittenen Wert hinsichtlich Gesundheits erziehung und Prävention hinaus liefern Bewegung, Spiel und Sport einen zentralen Beitrag für die kognitive und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen....

Vor allem im Bereich der Grundschule ist Bewegung ein elementares Prinzip jeglichen Lernens …

Deshalb hat man schon im Jahr 2003 die Schulsportoffensive angestoßen, und deshalb wurde 2002 beim neuen Konzept für die Erzieherinnenausbildung – die Kollegin hat es gerade an gesprochen – auch das Lernfeld Bewegung ganz massiv ein bezogen.

Nun hat sich in der Zwischenzeit glücklicherweise schon wie der allerhand in dieser Richtung getan. Ich bin besonders froh, dass es gelungen ist, in die neue Grundschullehrerausbildung – sie ist grundsätzlich neu geordnet worden, weil sie von der Haupt- und Realschullehrerausbildung abgekoppelt ist – eine altersgerechte Bewegungserziehung für alle aufzunehmen; dies steht nun im Grundkatalog dessen, was Grundschulleh rer können müssen. Zusätzlich gibt es die Spezialisierungs möglichkeit auf Sport als Wahlfach. Das war mir ebenso wich tig. Beides ist nun in der neuen Ausbildung enthalten.

Eine weitere neue Komponente ist das Projekt „Singen – Be wegen – Sprechen“, das Sie alle sicherlich kennen. Bereits im Inhaltsverzeichnis des Begleithefts wird auf einen interessan ten Aspekt hingewiesen, nämlich auf das „Stolperkinderpro blem“. Eigentlich geht es dabei um die Beobachtung, dass manche Kinder bei bestimmten kognitiven Aufgaben ins Stol pern geraten. Aber schon der Begriff zeigt, dass das Problem auch wieder etwas mit Bewegung zu tun hat. Wenn man sich nicht richtig bewegt, wenn man stolpert, dann hat man häufig auch jenseits von Sport und Bewegung Probleme.

In diesem Heft wird auch der Begriff „Bewegung“ definiert – ich zitiere –:

Sich bewegen heißt, sich mit sich selbst, mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen, mit Material und Raum Er fahrungen zu sammeln und dabei die Gesetzmäßigkeiten der Dinge zu erkennen... Drittens heißt es, mit anderen Kontakt aufzunehmen, sich auszutauschen und sich abzu sprechen.

Das zeigt noch einmal deutlich, wie wichtig es ist, dass unse re Kinder und Jugendlichen regelmäßige Bewegung haben. Es ist daher auch wichtig, dass es die Kooperationen zwischen Schule und Verein gibt.

Meine Frage an die Landesregierung lautet, warum Mittel für die Kooperationen jährlich neu zu beantragen sind. Das kann doch eigentlich gar nicht sein. Da gibt es zum Teil wirklich langjährige Verbindungen. Es müsste doch möglich sein, auch einmal eine Bewilligung für einen Zeitraum von fünf Jahren zu erteilen. Das würde Zuverlässigkeit bieten; dann wüsste man, dass man zuverlässig damit rechnen kann.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Der Staatssekretär wird dafür sorgen!)

Es gibt erfreulicherweise auch das Jugendbegleiterprogramm. Ich wundere mich schon, wie abermals versucht wird, dieses Jugendbegleiterprogramm kleinzureden. Es ist weit erfolgrei cher, als Sie es darzustellen versuchen. Eines muss man eben falls deutlich sagen: Unterricht muss durch Sportlehrer erteilt werden, aber für die Freizeit kann dies ehrenamtlich gesche hen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Übungslei ter!)

Täglichen Sportunterricht wollen wir nicht, aber tägliche Be wegungsmöglichkeiten muss es an jeder Schule geben.

Ich habe gerade eine Diskussion zum Thema Ganztagsschu len miterlebt, die unter der Fragestellung „Segen oder Fluch für die Sportlandschaft?“ stand. Obwohl in den Eingangsstate ments manche Bedenken deutlich wurden, war das Podium hinterher übereinstimmend der Auffassung, dass sehr viel Po sitives geboten wird. Dazu gehören u. a. auch die Schülermen toren.

Ich hatte heute Mittag Gelegenheit, mit einem Praktikanten unserer Fraktion – –

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Ende.

Ich komme zum Ende, jawohl. Ich glaube aber, alle meine Vorredner haben auch überzogen.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Nein!)

Das ist ein Irrtum.

Dieser Praktikant hat mir gesagt, dass er die Ausbildung gemacht hat, nach der Sie in Ihrer Großen Anfrage gefragt haben. Er hat auch darauf hin gewiesen, dass er im Februar nun seine Ausbildung zur Erlan gung des Trainerscheins machen will. Diese Schülermento renausbildung führt also auch hierzu.

Die Situation an den beruflichen Schulen ist mit Sicherheit verbesserungsfähig. Diese Frage werden wir auch in der En quetekommission noch einmal aufgreifen. Das Ministerium sagt selbst, es würde „rein rechnerisch“ reichen. Das zeigt, dass auch dort Handlungsbedarf gesehen wird. Beim Fach Sport besteht dort noch immer ein Engpass; da haben wir Handlungsbedarf.

Der positive Schluss: Noten werden nicht mehr nur nach sportlicher Leistung erteilt. Das sollte, meine ich, dazu füh ren, dass mehr Schülerinnen und Schüler Freude an Sport und Bewegung finden.

Mein Fazit: Vieles ist auf gutem Weg.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, Sie sind dabei, Ihre Redezeit zu verdoppeln.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So gute Argumente müssen gehört werden!)

Diesen Weg sollten wir zielorientiert und tatkräftig weiter beschreiten.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Wacker.

(Abg. Walter Heiler SPD: Herr Wacker kann es im Gegenzug etwas kürzer machen!)

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kol legen! Die Debatte unterstreicht, dass der Sport uns allen wichtig ist. Die Debatte unterstreicht auch, dass alle Fraktio nen größten Wert auf die sportliche Ertüchtigung unserer Kin der und Jugendlichen legen. Ich darf sagen: Sportliche Betä tigung gerade in jungen Jahren gehört zu den ganz wichtigen Alltagskompetenzen.

Die OECD hat erst vor wenigen Monaten eine Studie veröf fentlicht, die besagt, dass im OECD-Raum jeder zweite Er wachsene übergewichtig ist und jedes dritte Kind an Überge wicht leidet. Das ist ein Beleg dafür, dass sportliche Betäti gung in Verbindung mit der Gesundheitserziehung und der Bewegungserziehung elementarer Bestandteil eines Bildungs auftrags ist, den wir nicht nur in den Schulen wahrzunehmen haben, sondern auch im Elementarbereich, im Kindergarten.

Lassen Sie mich einige wenige Aspekte herausgreifen, die die Rednerinnen und Redner der Fraktionen zum Ausdruck ge bracht haben.

Zunächst einmal legen wir auf den Sportunterricht einen ganz besonderen Wert. Ich greife die Grundschule als Schwerpunkt dieser Debatte heraus und darf in diesem Zusammenhang er

wähnen, dass die Kontingentstundentafel für den Fächerver bund „Bewegung, Spiel und Sport“ für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 insgesamt zwölf Wochenstunden vorsieht. Wenn man dies gleichmäßig auf die einzelnen Jahrgangsstufen aufteilt, finden wöchentlich in jeder Jahrgangsstufe drei Stunden Sportunterricht an unseren Grundschulen statt, der im Übri gen von Fachlehrkräften mit Fakultas Sport erteilt wird.

Wer sich diesen Fächerverbund genau ansieht, stellt fest, dass der Fächerverbund Sportunterricht im originären Sinn bein haltet. Meine Damen und Herren, dafür stellen wir auch in ausreichendem Maß Lehrkräfte zur Verfügung.

Wer also sagt, es gebe nicht genügend Lehrkräfte oder wir hät ten hier einen sehr hohen Anteil an fachfremdem Unterricht, den darf ich eines Besseren belehren. An 2 673 öffentlichen Grund- und Hauptschulen in Baden-Württemberg unterrich ten insgesamt 9 228 Lehrkräfte mit Fakultas Sport. Das heißt, rechnerisch haben wir eigentlich eine Überversorgung mit Lehrkräften mit Fakultas Sport.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber die unter richten auch andere Fächer!)

Liebe Frau Kollegin Berroth, wenn Sie mit Ihrem Schulamt vor Ort in regelmäßigem Kontakt stehen, dann wissen Sie, dass es nicht ganz so einfach ist, jede kleine Grundschule mit allen pädagogischen Bedürfnissen gleichermaßen zu versor gen.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Eben!)

Wir haben vor allem im ländlichen Raum sehr viele kleine Grundschulen, einzügige oder zweizügige Grundschulen. Es wird zu Recht behauptet, dass an jeder Grundschule Lehrkräf te mit Fakultas Musik oder mit Fakultas Bildende Kunst er forderlich seien. Genauso brauchen wir auch Fachlehrkräfte mit Fakultas Sport. Deswegen muss ich darauf hinweisen: Je kleiner die Schulen sind, umso schwieriger ist es, das Lehrer kollegium so auszustatten, dass jeder Fachbereich gleichmä ßig vertreten ist.

Dennoch darf ich darauf verweisen, dass wir insgesamt eine sehr gute Versorgung mit Sportlehrerinnen und Sportlehrern an unseren Schulen haben. Die Lehrkräfte, die nicht Fakultas Sport, die nicht die entsprechende Lehrbefähigung haben, ha ben die Möglichkeit, sich dementsprechend zu qualifizieren. Frau Kollegin Brunnemer ist darauf eingegangen. Die Anzahl der sogenannten fachfremden Lehrkräfte, die an solchen Qua lifizierungsmaßnahmen teilnehmen, ist außerordentlich groß.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Staatssekre tär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Gern, wenn es

(Zuruf: Der Sache dient!)

keine solch spezifische Detailfrage ist.

Herr Staatssekre tär, ich will keine agrarpolitische Frage stellen.

Am Samstag, 16. Oktober, gab es ein Treffen der Turngauvor sitzenden des Badischen Turner-Bunds und des Schwäbischen Turnerbunds. Dabei wurde auch über Kooperationen von Schulen und Vereinen diskutiert. Ich hätte gern gewusst, wel chen Stellenwert die Landesregierung unter dem Blickwinkel der Ganztagsbetreuung den gut ausgebildeten Übungsleitern in den Vereinen und insbesondere dieser guten Kooperation beimisst und welchen Beitrag man leisten kann, damit das Ganze wieder stärker in den Vordergrund rückt.