Denn alle Schulen, die als Modellschulen genehmigt werden, werden sich an die Kontingentstundentafel halten. Sie werden sich an die Bildungspläne, an die Bildungsstandards halten.
Sie werden innere und externe Evaluation, Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen haben. Das heißt, die Mo bilität ist gesichert. Aber wir schaffen die Voraussetzung vor Ort, um in der Bildungspolitik voranzukommen, um zukunfts fähige, weitere Entwicklungen zu ermöglichen. Dazu sieht un ser Schulgesetz auch eine Experimentierklausel vor, die man in diesem Fall anwenden kann.
Deshalb halten wir das, was Sie hier tun, für eine konservati ve Bildungspolitik. Dieser Stil ist ein Salto rückwärts ins 19. Jahrhundert.
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie der Fachkompetenz! – Lachen des Abg. Thomas Knapp SPD – Abg. Thomas Knapp SPD: Jetzt aber!)
Sie beide, Frau Rastätter und Herr Mentrup, haben mit „arro gant“ und „höhnisch“ große Worte verwandt.
Aber der arroganteste Satz, Herr Dr. Mentrup, war: Was inte ressiert mich Sachsen? Wenn man Ihnen vorhält, das Ergeb nis einer Schulstrukturreform in Mulfingen entspreche dem, was in Sachsen passiert, dann sagen Sie: Was interessiert mich Sachsen? Man muss eben schauen, was dort, wo die eigenen Vorstellungen schon umgesetzt werden, passiert.
Das Zweite ist: Sie sagen, es gehe nur um Mulfingen, und fra gen: Weshalb führen wir hier eine Debatte über das ganze Land? Soll ich daraus schließen, dass Sie nur das Mulfinger Konzept unterstützen? Es ist doch kurios, dass Sie sagen, es gehe nur um Mulfingen und nicht um das ganze Land. Sie wollen doch überall, im ganzen Land, das, was Mulfingen will. Deshalb müssen Sie zulassen, dass man Ihnen sagt, was die Konsequenzen einer landesweiten Einführung dessen wä ren, was Sie wollen. Punkt.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was passt eigentlich bei Ihren Aussagen zusammen, Herr Mentrup? Herr Schebesta hat es eben gesagt. Es geht Ihnen unter dem Strich doch um etwas ganz anderes.
Vor zwei, drei Jahren waren Sie mutig. Damals haben Sie ge sagt, was Sie wollen: Gemeinschaftsschule schaffen, Haupt schule, Werkrealschule, Realschule, Gymnasium – alles in ei nen Topf. Das ist doch Ihr bildungspolitisches Ziel. Wenn Sie sich hier und heute davon distanzieren, findet hier derselbe Vorgang wie bei Stuttgart 21 statt. Sie eiern in der Bildungs politik seit Jahren herum.
Was ist denn Ihr bildungspolitisches Ziel? Sagen Sie es uns! Was wollen Sie denn im nächsten Jahr machen? Sie wähnen sich doch schon in der Regierung. Da bin ich einmal gespannt.
Ich stehe nach wie vor zu dem Vorschlag eines Wettbewerbs der Schulversuche. Dieser Vorschlag ist sinnvoll, und wir wür den ihn gern umsetzen. Aber Sie wissen genauso gut wie ich: Unterhalb der legislativen Ebene kann ich nur politisch Ein fluss nehmen. Wir werden weiterhin politisch Einfluss neh men, und vielleicht schaffen wir es noch, diesen Wettbewerb bezüglich der Schulversuche zu realisieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich schla ge vor, wir üben Enthaltsamkeit beim gegenseitigen Erteilen von Kopfnoten und befassen uns mit der sachlichen Thema tik, auch wenn es gerade so Spaß macht.
Ich möchte ganz gern noch einmal kurz in Erinnerung rufen, dass dieses Land fast 5 000 Schulen hat, die übrigens alle stän dig Schulentwicklung betreiben – auch kommunal unterstützt –, und dass Mulfingen kein gallisches Dorf ist, das in diesem Flächenland Baden-Württemberg einsam Schulentwicklung betreibt. Wir haben noch ein paar Tausend davon, die dies täg lich tun,
Ein Zweites, Herr Mentrup, was mich noch einmal ans Red nerpult getrieben hat – das hat mir jetzt wirklich wehgetan –: Wenn Sie davon sprechen, an der Realschule werde der ech te Realschulabschluss vermittelt, und damit implizit sagen, an der Werkrealschule werde der unechte Realschulabschluss vermittelt, dann zeugt dies von einer profunden Missachtung
Es gibt in Deutschland keine „echten“ und „unechten“ Real schulabschlüsse. Es gibt einen mittleren Bildungsabschluss, für den die Kultusministerkonferenz Qualitätsstandards ent wickelt hat. Nach ihnen nehmen wir in Baden-Württemberg an der Werkrealschule und an der Realschule die Prüfungen ab. Deswegen bitte ich Sie: Stecken Sie den Begriff vom „ech
ten“ und vom „unechten“ Realschulabschluss in die Klamot tenkiste! Herr Mentrup, so etwas gibt es nicht. Wenn jemand die mittlere Reife, den mittleren Bildungsabschluss, anbieten möchte, hat er über die Werkrealschule dazu jede Möglich keit. Mulfingen hat die Chance erst einmal vergehen lassen; aber es nie zu spät, sich noch eines Besseren belehren zu las sen.
Frau Ministerin, es gibt noch zwei Fragen. Würden Sie diese noch zulassen? – Zuerst Herr Abg. Dr. Mentrup.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Erst keine Zwischen fragen zulassen und dann selbst eine stellen wollen! Das ist ja prima! – Zurufe von der CDU: Das sind die richtigen Demokraten!)
Wie erklären Sie dann ange sichts der angeblichen Gleichwertigkeit der beiden Abschlüs se den Eltern den Umstand, dass bei der Grundschulempfeh lung die Werkrealschule auf derselben Stufe wie die Haupt schule und nicht auf der Stufe der Realschule steht?
(Abg. Norbert Zeller SPD: Genau! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Fürs Protokoll: Kein Beifall bei der SPD!)