Protocol of the Session on October 28, 2010

dass ein Ausstieg mit erheblichen Kosten

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

verbunden wäre.... 1,4 Milliarden € und eine auf lange Zeit unzureichende Schieneninfrastruktur...

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, genau!)

Das alles wird aber auch wieder von einigen – man hört es in den Zwischenrufen – infrage gestellt werden.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist das Leben!)

Deshalb die Antwort, Herr Dr. Schmid, auf Ihre Frage, wie die CDU mit den Einwänden und den berechtigten Sorgen der Bürger umgeht: Ministerpräsident Stefan Mappus hat vorge schlagen, mit dem Vermittler Heiner Geißler im Rahmen von Schlichtungsgesprächen die auf dem Tisch liegenden Argu mente noch einmal klar und deutlich öffentlich zu machen und auch mit denen, die gegen das Projekt sind, in breiter öffent licher Form zu diskutieren. Das ist der richtige Weg, wie man mit den Sorgen und Ängsten der Bürger umgeht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Was kommt nach der Schlichtung? Und dann?)

Zu der Aussage, man könne Akzeptanz herstellen und Gräben zuschütten, kann ich nur zitieren, was in den „Badischen Neu esten Nachrichten“ vom 8. September 2010 stand:

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist schon lange her!)

Im Appell von Erhard Eppler wird ein Plebiszit als Mög lichkeit angepriesen, um das gute und demokratische po litische Klima in Stuttgart wiederherzustellen. Mit Ver laub, das ist völliger Quatsch. Eine monatelange Ausei nandersetzung vor einem landesweiten Volksentscheid mit einem knappen Ausgang, egal für welche Position, wür de die Gräben nur noch vertiefen.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU)

Was passiert, wenn die Mehrheit im Land für Stuttgart 21, aber in Stuttgart selbst eine Mehrheit gegen Stuttgart 21 ist? Glauben Sie, dass das Akzeptanz herstellt?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, natürlich!)

Was passiert, wenn schon jetzt manche Demonstranten demo kratisch gefasste Beschlüsse einfach ignorieren, zum Teil an geheizt durch die Grünen,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist es! – Zuru fe von der SPD und den Grünen)

wenn manche unter den Demonstranten nicht einmal ge sprächsbereit sind und eindeutig Straftaten begehen und das mit zivilem Ungehorsam begründen?

(Beifall bei der CDU)

Dann glaube ich nicht, dass durch einen Volksentscheid wirk liche Akzeptanz hergestellt wird. Ich lese in der Begründung zum Antrag der Grünen, man wolle mit einem Volksentscheid weiteren Schaden für die politische Kultur abwenden. Das ist einfach lächerlich. Sie von den Grünen haben bei allen demo kratischen Entscheidungsmöglichkeiten verloren. Sie haben die OB-Wahl in Stuttgart zu einer Volksabstimmung über Stuttgart 21 gemacht. Ihr Kandidat Palmer hat verloren. Herr Özdemir hat in seinem Wahlkreis vor der letzten Bundestags wahl überall erzählt: „Wenn ihr mich wählt, dann wird Stutt gart 21 gestoppt.“ Sie haben verloren. Jetzt mobilisieren Sie die Straße.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD und den Grünen, u. a. Abg. Marianne Wonnay SPD: Wer ist denn das, die Straße?)

So ist es.

(Beifall bei der CDU – Zuruf: Ausgezeichnet!)

Jetzt haben Sie Bedenken und fürchten, dass durch die breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit und den Vermittler Heiner Geißler die vielen guten Argumente breit unters Volk getra gen werden. Jetzt merken Sie, dass die Ablehnungsfront brö ckelt, und jetzt behaupten Sie, mit einer Volksabstimmung könne man weiteren Schaden abwenden.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gute Rede!)

Herr Sckerl hat hier im Parlament gesagt, dieses Demokratie modell habe sich „restlos verbraucht“. Gestern hat er noch ei nes draufgesetzt und gesagt, wenn Demonstranten in ihrem

Anliegen besonders hartnäckig seien, dann müsse die Regie rung darauf reagieren und einknicken. Wir wollen kein ande res Demokratiemodell, wir wollen kein Regieren durch die Straße, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! Sehr gut!)

Ein letzter Punkt: Ich darf den Präsidenten des Bundesverfas sungsgerichts zitieren, den höchsten deutschen Richter. Er sagt:

Ein nachträglicher Volksentscheid stellt ein ernsthaftes Problem für die Verwirklichung von Infrastrukturprojek ten dar. Irgendwann muss hier ein Schlusspunkt gesetzt werden, spätestens dann, wenn die höchsten Gerichte über das Projekt entschieden haben. Ansonsten verlieren wir unsere Zukunftsfähigkeit.

(Abg. Helmut Walter Rüeck und Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Wer hat den Mann vorgeschlagen?)

Meine Damen und Herren, wir wollen die Zukunftsfähigkeit nicht verlieren. Herr Schmid, Sie haben gesagt, Baden-Würt temberg sei das modernste Land in dieser Republik. Dazu ha ben die Menschen es gemacht. Dazu ist es geworden, weil wir eine vernünftige Verfassung mit einem guten Rahmen haben. Wir wollen, dass Baden-Württemberg das modernste Land in dieser Republik bleibt, und wollen nicht aus einer Tagesaktu alität heraus unsere Verfassung ändern oder verbiegen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! In der Tat spaltet kein Thema unsere Gesellschaft so wie Stuttgart 21. Immerhin haben die Schlich tungsrunden zu einer Entspannung beigetragen. Gegner und Befürworter reden miteinander, orientiert an der Sache.

(Zuruf von der CDU: Aber nicht alle!)

Ich finde, es ist gut und wichtig, dass dieser Prozess eingelei tet ist, und der Schlichter Dr. Heiner Geißler macht die Sache gut und engagiert.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Engagiert auf jeden Fall!)

Wir werden die nächsten Wochen nutzen, um die Faktenlage, die Daten, die Kosten in Augenschein zu nehmen, zu disku tieren und alles öffentlich zu machen, um so zur Meinungs bildung beizutragen, die in dieser Weise in und vor dem Ver fahren nicht stattgefunden hat.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Es gibt ein Planfest stellungsverfahren!)

Wir gehen allerdings nicht davon aus, dass das dazu führen wird, dass eine Seite ihren Standpunkt völlig aufgibt.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Wir schon!)

Deswegen glauben wir, dass es erst durch eine Volksabstim mung tatsächlich zu einer Überwindung dieser Spaltung in Stadt und Land kommen wird.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist blauäugig!)

Wir halten einen Volksentscheid zu Stuttgart 21 deswegen für zentral und befürworten ihn. Ich finde, das ist ein klassischer Fall für einen Volksentscheid.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Gegen das Gesetz! Den Grünen ist das Gesetz wurscht, glaube ich! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Gerade die Tatsache, dass die Beschlüsse alle gefasst worden sind und sich ein solch massiver Protest sehr spät entwickelt hat,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Weil Sie auf geheizt haben!)

auf den wir jetzt mit den Vermittlungsgesprächen reagieren, nehmen wir als Hinweis darauf, dass eine Volksabstimmung in dieser Situation genau das richtige Instrument zur Befrie dung ist.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Egal, ob es zulässig ist oder nicht! Unglaublich!)

Das heißt: Der Souverän muss jetzt direkt sprechen.