Protocol of the Session on October 12, 2006

Zu unserem Antrag hat jetzt die Landesregierung die Stellungnahme abgegeben: „Das können wir nicht machen; das ist eine Sonderabgabe.“ Ich frage Sie: Warum? Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt: Die Rundfunkgebühr ist so, wie sie gestaltet ist, legitim, sie ist legal. Analog zu dieser Rundfunkgebühr wollen wir jetzt eine Mediengebühr einführen. Das heißt, es ist sozusagen genau das Gleiche in Grün – im wahrsten Sinne des Wortes. Warum soll das nicht gehen? Wie bei der Rundfunkgebühr – das war ja auch ein Argument in diesem Urteil – ist es völlig unerheblich, ob jemand tatsächlich diese öffentlich-rechtlichen Sender schaut oder nicht. Sie wird eben erhoben, und so wird es bei der Mediengebühr auch sein.

Jetzt kommt das Argument mit dem Datenschutz. Dafür sind wir ja immer offen. Natürlich ist der Datenschutz ein wichtiges Argument, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Nur: Schon heute stehen Sie doch vor der Tatsache, dass die GEZ die Meldedaten bekommt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das sind Schnüff- ler, schreckliche Schnüffler!)

Deswegen wird ja überall herumgeschnüffelt: Da wohnt jemand; warum hat der keinen Fernseher, kein Radio angemeldet?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie lesen das Telefonbuch!)

Oder sie lesen das Telefonbuch. Das kann natürlich auch sein.

Wenn es eine Mediengebühr gibt, heißt das doch nicht, dass es dann eine lückenlose Kontrolle und Erfassung gibt. Die

gibt es dann genauso wenig wie bei der heutigen Rundfunkgebühr. Schwarzseher – von ihnen haben wir ja auch im Parlament bei allen möglichen Themen immer einige sitzen – wird es auch zukünftig geben.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Was ist denn daran nun besser?)

Wo ist hier das Problem mit dem Datenschutz?

Meine Damen und Herren, mir ist klar, dass ich Sie heute von dem Vorschlag auf Einführung einer Mediengebühr, der von den Grünen kommt, nicht überzeugen kann. Die bayerischen Kollegen sind da schon weiter. Aber nochmals mein Appell, auch an den Kollegen Pauli: Sprechen Sie mit Ihrem Ministerpräsidenten.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die sprechen öf- ters miteinander! – Ministerpräsident Günther Oet- tinger betritt den Saal.)

Da kommt er gerade. Guten Morgen! Da kann ich es ihm auch direkt sagen: Nächste Woche bei der Ministerpräsidentenkonferenz wäre die Verlängerung des Moratoriums ein wichtiges Signal, auch von einer Regierung, die sich immer als mittelstandsfreundlich bezeichnet.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die mittelstands- freundlich ist!)

Aber dann macht es auch! Dann müsst ihr nächste Woche die Verlängerung des Moratoriums beschließen. Das ist der richtige Weg.

Das, was Sie jetzt beschlossen haben, kann ich nur als ersten Schritt begrüßen. Sie wollen jetzt nicht mehr die volle Gebühr, sondern nur eine Grundgebühr, 5,52 €.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wehret den Anfängen!)

Da haben Sie einen halben Schritt gemacht, aber keinen ganzen. Deswegen kann ich nur an Sie appellieren, nochmals mit dem Ministerpräsidenten zu reden. An ihn persönlich appelliere ich: Nächste Woche auf der Konferenz vom 18. bis 20. Oktober sind drei Tage Zeit. Da muss es doch möglich sein, dieses Moratorium zu verlängern.

(Beifall bei den Grünen und der FDP/DVP)

In der zweiten Runde werde ich etwas zu dem Änderungsantrag sagen, den CDU, FDP/DVP und Grüne gemeinsam vorgelegt haben.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pauli.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Sitzung des Landtags von Baden-Württemberg vor der Sommerpause am 27. Juli habe ich auf diese Problematik aufmerksam gemacht, und ich bin froh darüber, dass zumindest drei Fraktionen heute einen gemeinsamen Antrag in die richtige Richtung stellen.

Werfen wir einen Blick zurück. Da darf ich den Kollegen Walter etwas korrigieren: Es wird nicht eine neue Gebühr

eingeführt. Vielmehr gibt es diese Rundfunkgebühr seit Jahrzehnten, und zwar für alle rundfunkempfangsfähigen Geräte. Aber mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Jahr 1999 wurde ein Moratorium eingeführt, nämlich eine Gebührenbefreiung für internetfähige PCs, das zunächst bis 2003 befristet war und dann bis 2004 verlängert wurde. Mit dem Gesetz zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag im März 2005 haben wir als Landtag von Baden-Württemberg als eines der letzten Länderparlamente der Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags insofern zugestimmt, als wir das Moratorium auslaufen lassen.

Allerdings gehört zur Wahrheit und Klarheit auch dazu: Diese Gebührenbefreiung soll nicht nur Ende 2006 beendet werden, sondern es wurden auch Anschlussregelungen eingeführt. Ich habe bei der Kritik an den PC-Gebühren auch von den Verbänden, die es besser wissen müssen, den Hinweis vermisst, dass eine Zweitgeräteregelung eingeführt worden ist, die nun auch im nicht privaten Bereich Gültigkeit hat.

Trotzdem teile ich die Ansicht des Kollegen Walter und des Kollegen von der FDP/DVP, dass wir auch mit diesen 5,52 € ungebührliche Belastungen herbeiführen in kleinen Unternehmen, in Handwerksbetrieben, bei Landwirten, bei Freiberuflern, bei Existenzgründern, die sich ein Arbeitsgerät beschaffen und plötzlich mit einer Gebühr belastet werden. Das halten wir für ungebührlich, und damit begründen wir auch diesen Antrag. Das ist genauso, als würden wir in Städten und Gemeinden Freibadgebühren für den Kauf von Badewannen verlangen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Stromgebühren fürs Freibad!)

Meine Damen und Herren, die Diskussion um die PC-Gebühren macht deutlich, dass das Rundfunkgebührenrecht eine komplexe Rechtsmaterie ist und Fragen der Gebührengerechtigkeit und -akzeptanz ebenso zu berücksichtigen sind wie Fragen der technischen Weiterentwicklung, der Belastungsverteilung und der praktischen Handhabbarkeit. Im Zuge des technischen Fortschritts, im Zuge der Digitalisierung werden neuartige Verbreitungswege weiter zunehmen – denken wir nur an das Handy-TV. Die klare Unterscheidbarkeit der Nutzungsmöglichkeiten wird immer mehr aufgehoben und damit auch die Eindeutigkeit des Anknüpfungspunktes für Rundfunkgebühren, wie wir es gewohnt sind.

Deshalb muss das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland fortentwickelt und die Anknüpfung der Gebührenpflicht an die Bereithaltung eines Rundfunkempfangsgeräts überprüft werden. Meine Damen und Herren, wir haben in den Debatten der vergangenen Wochen sicherlich gespürt, dass die Akzeptanz dieser Rundfunkgebühr vor allem darunter leidet, dass die Methoden der GEZ – der Kollege Walter hat es angesprochen – in der Tat fragwürdig sind. Wenn man sieht, mit welch subtilen Methoden hier zum Teil vorgegangen wird, dann stellen sich römische Steuereintreiber wie Kuscheltiere dar. Auch das gehört überdacht.

(Beifall des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber wirklich! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt!)

Damit eines klar ist: Wir Antragsteller sind für ein duales Rundfunksystem, wie wir es haben. Wir wollen und brauchen einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der auch seine Finanzierung benötigt. Aber die Finanzierung, an die wir uns in den letzten Jahrzehnten gewöhnt haben, ist überholt. Sie muss überprüft werden, und deswegen bitte ich Sie, unseren Antrag zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Sachverhalt ist so klar wie grotesk:

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Wie wahr!)

Es gibt einen Rundfunkstaatsvertrag, den die Ministerpräsidenten ausgehandelt und alle 16 Landtage ratifiziert haben. Danach würde am 1. Januar für jeden, der einen internetfähigen PC hat, die volle Rundfunkgebühr von 17,03 € fällig werden.

Der Schreiner in seiner Werkstatt, der Metzger in seiner Metzgerei, der Landwirt, der Maler, der Anwalt, der Arzt usw., alle Gewerbetreibenden müssten die volle Fernsehgebühr für einen internetfähigen PC zahlen,

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Nur die Grund- gebühr, Herr Kollege!)

obwohl sie verpflichtet sind, zum Beispiel ihre Steuererklärung online abzusenden. Deswegen ist der Proteststurm völlig verständlich.

Daher haben wir vor der Sommerpause, Herr Kollege Pauli, diese Sache aufgegriffen, die Landesregierung gefragt, wie sie mit diesem Schildbürgerstreich umgehen wolle, und daraufhin auch eine Antwort bekommen. Dass das Gebührenrecht solche Blüten treiben kann, können die Bürgerinnen und Bürger natürlich nicht verstehen. So kann es auch nicht gehen. Die Bürgerinnen und Bürger fragen: Seid ihr noch recht bei Trost?

(Beifall bei der SPD)

Wenn man Gebühren erhöht und hohe Gebühren verlangt, ärgern sich die Leute, akzeptieren es aber vielleicht, wenn man es erklärt. Aber wenn eine Gebühr von Anfang an schlicht und einfach keine Basis hat und ungerecht ist, dann ist das unerträglich. Da kommt es gar nicht auf die Höhe an.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Sprechen Sie auch für Frau Kipfer? – Zuruf des Abg. Günther- Martin Pauli CDU)

Ich spreche für die SPD-Fraktion, Herr Kollege Noll.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Einschließlich Frau Kipfer!)

Da nützt es auch nichts, die GEZ in Schutz nehmen zu wollen, indem man Rechtsgutachten heranzieht. Herr Minister

Stächele hat ja vorgetragen, dass dieses „Gerätejunktim“ besteht: Wer ein empfangsfähiges Gerät hat, muss eben zahlen, egal, ob er es nutzt oder nicht. Wenn man eine solche dogmatische Position mit der Rechtsfolge einer Gebührenpflicht verbindet, dann bringt man die Position selber in Gefahr. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk – den wir unterstützen und vor einer solchen Gefahr schützen wollen – bringt sich damit selber in Gefahr und richtet damit einen Eigenflurschaden an. Am Ende würde der Schuss nach hinten losgehen.

Für eine Mistgabel braucht man keinen Waffenschein.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Kommt darauf an, was man damit vorhat!)

Nein, nein. Für eine Mistgabel brauchen Sie keinen Waffenschein, egal, was Sie damit vorhaben. In untypischen Situationen können Sie die Mistgabel als Waffe benutzen. Und in untypischen Situationen kann der Mittelständler, der Handwerker seinen internetfähigen PC auch einmal zum Fernsehen oder was weiß ich benutzen, wenn es technisch möglich ist.