Ich habe bei der ersten Lesung die Zahlen genannt: Nur ein Drittel der Gemeinden und lediglich 18 Landkreise haben bisher diese freiwillige Leistung erfüllt. Wenn Kommunen die freiwilligen Leistungen nicht erfüllen, egal ob beim Kindergartengesetz oder bei der Frauenförderung, dann kann das Land daraus auch eine Pflichtaufgabe machen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Heike Dederer CDU: Dann müssen Sie es aber auch be- zahlen!)
Der nächste Kritikpunkt betrifft die Erstellung der Chancengleichheitspläne. Die bisherige Pflicht zur jährlichen Bestandsaufnahme und Analyse wird mit dem neuen Gesetz aufgehoben. Die Datenerhebung soll nur noch im Fünfjahresturnus erfolgen. Dadurch werden dem Chancengleichheitsplan sämtliche Zähne gezogen.
Wenn der Chancengleichheitsplan tatsächlich der Personalentwicklung dienen soll, ist er auf aktuelles Zahlenmaterial angewiesen und muss regelmäßig angepasst werden. Wenn der Chancengleichheitsplan nicht nur eine Alibifunktion haben soll, dann brauchen wir eine jährliche, mindestens zweijährliche Fortschreibung der Chancengleichheitspläne,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Theresia Bauer GRÜNE – Abg. Heike Dederer CDU: Wir haben doch Zwischenberichte!)
Der letzte Kritikpunkt betrifft den Schulbereich. Leider ist auch im vorliegenden Gesetzentwurf die Erstellung von Chancengleichheitsplänen für den Schulbereich nicht zufriedenstellend geregelt. Kollegin Götting, Sie haben vorhin angesprochen, dass dies ein langer Weg ist. Aber wir gehen diesen langen Weg nun schon seit über zehn Jahren, und es sind zentrale Kritikpunkte, die immer wieder gerade aus dem Schulbereich gekommen sind. Man hat jetzt die Chance vertan,
nach vier Jahren Diskussion ein Chancengleichheitsgesetz mit Biss festzuschreiben, Kollege Haas, das auch für den Schulbereich zufriedenstellende Regelungen trifft.
Im Augenblick haben wir ja folgende Situation: 90 % der Schulen, 98 % der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen verfügen nur über eine Ansprechpartnerin und nicht über eine Frauenvertreterin.
(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Fleischer: Meis- tens gibt es dort ja gar keine Männer mehr! – Ge- genruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Im neuen Landeschancengleichheitsgesetz sind nur Ansprechpartnerinnen vorgeschrieben. Das Gesetz enthält aber weder Regelungen zur Freistellung noch zu den Pflichten, noch zu den Rechten. Daher haben wir den Antrag gestellt, im Gesetz festzuschreiben, dass nicht nur in Dienststellen ab 50 Beschäftigten, sondern in jeder Dienststelle eine Chancengleichheitsbeauftragte zu bestellen ist.
Unter dem Strich – ich komme zum Ende – ist als Fazit festzustellen, dass die Unklarheiten im Gesetz zugenommen haben und dass es Rückschritte gibt, und zwar insbesondere durch die Entwertung der Chancengleichheitspläne, die die wenigen Verbesserungen überwiegen.
Ich sage es noch einmal: Ich finde, es wurde nach vierjähriger Diskussion die große Chance vertan, hier ein Landeschancengleichheitsgesetz mit Biss zu verabschieden. Die Landesregierung hat zudem ein weiteres Mal ein Glaubwürdigkeitsdefizit erkennen lassen, wenn auf der einen Seite die Frauenbeauftragte gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten im Sommer feststellte, dass es in Führungs- und in Leitungsfunktionen großen Nachholbedarf gibt, auf der anderen Seite aber die Instrumente für eine chancengerechte Personalplanung daraufhin nicht zur Verfügung gestellt werden.
Die Gleichstellungspolitik der Landesregierung bleibt weiterhin halbherzig und damit untauglich. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf auch nicht zustimmen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Fleischer CDU: Was nicht sein kann, das nicht sein darf!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben nunmehr seit fast einem Jahrzehnt ein Landesgleichberechtigungsgesetz. Es trat nämlich am 1. Januar 1996 in Kraft.
Warum beraten wir heute das Gesetz unter dem Gesichtspunkt einer Novellierung? Aufgrund der Bilanz der vergangenen Jahre ist positiv hervorzuheben, dass das Gesetz in mancherlei Bereichen Wirkung gezeigt hat:
Erstens: Der Frauenanteil in der Landesverwaltung konnte kontinuierlich gesteigert werden. Obwohl insgesamt weniger eingestellt wurde und Stellen eingespart wurden, lag der Frauenanteil in der Landesverwaltung im Jahr 2004 bei mittlerweile 49,5 % – beim Einstieg ist also schon eine überproportionale Steigerung zu verzeichnen.
Zweitens: Das Land ist als Arbeitgeber für weibliche Beschäftigte wirklich zunehmend attraktiv geworden, und dies nicht zuletzt deshalb, weil das Landesgleichberechtigungsgesetz familiengerechte Vorschriften enthält. Darauf ist auch zurückzuführen, dass so viele Frauen gern in den Landesdienst, in die Landesverwaltung gehen.
Ich will aber nicht verkennen – deshalb auch die Novellierung –, dass bei einer differenzierten Betrachtung ganz deutlich wird, dass Frauen in Führungspositionen, in Leitungspositionen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert sind. Das ist ein Grund für die Novellierung des Gesetzes. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass da Verbesserungen anzustreben sind.
Aber auch bei der praktischen Anwendung des Gesetzes hat sich Anpassungsbedarf ergeben. So war manches aufwendig, zu sehr reguliert und nicht besonders effektiv.
Erstens soll die berufliche Förderung von Frauen in Bereichen der Unterrepräsentanz von Frauen weiter ausgebaut werden.
Zunächst einmal zum Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“: Ich glaube, wir sind uns alle einig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition und von den Regierungsfraktionen, dass die bessere Vereinbarkeit
von Beruf und Familie ein ganz zentrales gesellschaftspolitisches und ein frauenpolitisches Thema ist.
Nicht zuletzt zeigt uns die demografische Entwicklung – wir haben ja eine Enquetekommission zum Thema „Demografischer Wandel“ –, dass insbesondere in den letzten Jahren ein ganz eklatanter Geburtenrückgang zu verzeichnen ist. Das trägt zu unseren demografischen Problemen verstärkt bei.
Deshalb, ganz klar und deutlich: Wir können es uns nicht länger leisten, Frauen vor die Wahl zu stellen: Familie oder Karriere? Wir haben heute sehr gut ausgebildete Frauen. Es muss heißen: Kinder und Karriere müssen miteinander vereinbar sein. Das ist ein ganz dringendes Anliegen unseres Landesgleichberechtigungsgesetzes, künftig Chancengleichheitsgesetzes. Das Land beschäftigt 240 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sehen, Vereinbarkeit ist deshalb ein sehr wichtiger Themenkomplex.
Im Zuge der Novellierung des Landesgleichberechtigungsgesetzes habe ich mich deshalb für Verbesserungen der Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingesetzt. Das neue Chancengleichheitsgesetz – so wird es künftig heißen – schafft nämlich Rahmenbedingungen, die erforderlich sind, um das Potenzial der gut ausgebildeten Frauen in der Landesverwaltung künftig besser nutzen und sie dort besser einsetzen zu können.
Ein wesentlicher Beitrag hierzu ist die Verbesserung durch diesen Gesetzentwurf, indem Familienzeiten künftig nicht mehr als Zeiten des Leerlaufs bei den Einstellungen und den Beförderungen gewertet werden dürfen. Bei den Personalentscheidungen dürfen nicht mehr negativ bewertet werden – das sind Aufgaben aller, auch die der Vorgesetzten –: Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit wegen der Wahrnehmung von Familienpflichten oder wenn man deshalb Arbeitszeiten reduziert hat, also Teilzeit, oder wenn Verzögerungen beim Abschluss von Ausbildungsgängen aufgrund von Kindererziehung eingetreten sind.
Positiv dagegen müssen bei Personalentscheidungen überfachliche Kompetenzen berücksichtigt werden, die für die vorgesehene Tätigkeit von Bedeutung sind, Kompetenzen, die eben durch Kinderbetreuung und Familienarbeit erworben worden sind, wie beispielsweise soziale Kompetenzen, Teamfähigkeit, Managementfähigkeit. Das müssen mit Kriterien sein. Deshalb ist es eindeutig eine Verbesserung durch das neue Chancengleichheitsgesetz, dass eben diese Kriterien mit herangezogen werden müssen.
Es sieht außerdem neben den Teilzeitarbeitsmöglichkeiten erstmals Telearbeit als weitere Maßnahme zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor. Es stellt auch klar, dass weder Teilzeitarbeit noch Telearbeit nachteilig auf den beruflichen Werdegang angerechnet werden dürfen, besonders nicht bei Aufstiegsmöglichkeiten und Fortbildungschancen, wenn es um dienstliche Beurteilungen geht. Zudem müssen Telearbeitsplätze bevorzugt an solche
Was tun wir zur Steigerung des Frauenanteils in der Landesverwaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren? Eine effektive Frauenförderung setzt die Erhöhung des Frauenanteils in den Positionen voraus, die Grundlage für eine spätere Beförderung sind. Das ist mir auch klar. Der vorliegende Gesetzentwurf schafft diese Grundlagen. Er sieht Zielvorgaben für eine gezielte und langfristige Steigerung des Frauenanteils in Führungs- und Leitungspositionen vor. Das ist in den Zielbeschreibungen der Chancengleichheitspläne so festgelegt.
Ich komme noch auf diesen Punkt. Ich sage es Ihnen gleich. – Der Gesetzentwurf, den wir heute beraten, sieht deswegen eine Konkretisierung der Zielvorgaben im Chancengleichheitsplan vor.
Künftig – jetzt bin ich bei den Punkten, die Sie kritisieren – muss in Bereichen der Unterrepräsentanz von Frauen mindestens die Hälfte der durch Einstellung zu besetzenden Stellen durch Frauen besetzt werden. Das ist schon ein ganz wichtiges Kriterium.
Eine Zielvorgabe von 50 %, wie Sie sie wünschen, ist bei den Beförderungen und bei der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten nicht durchsetzbar. Das hat ganz einfache dienstrechtliche Gründe.