Protocol of the Session on June 29, 2005

Die rot-grüne Bundesregierung hat reagiert; das hat der Kollege Schmiedel angesprochen. Die Zollfahndung und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sind personell aufgestockt worden. Erstmals seit 1975 gibt es einen Rückgang der Schwarzarbeit. Was macht die Landesregierung? Sie macht eine Verwaltungsreform. Sie schwächt den Wirtschaftskontrolldienst und die Gewerbeaufsicht und wird damit ihrer Verantwortung nicht mehr gerecht.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Das hätten Sie gern! – Abg. Drexler SPD: Natürlich! – Glocke des Präsidenten)

Frau Abg. Sitzmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zimmermann?

Aber gerne.

Bitte schön, Herr Abg. Zimmermann.

Frau Abg. Sitzmann, ist Ihnen bekannt, dass der Begriff „Wirtschaftskontrolldienst“ zwar nahe legt, dass die Wirtschaft, die Illegalität usw. überprüft wird, dass das aber nicht das Ziel des Wirtschaftskontrolldienstes ist, sondern dass eine völlig andere Einheit bei der Polizei und der Zoll dies überprüfen?

(Abg. Drexler SPD: Gewesen! Sie liegen völlig falsch!)

Die Frage ist, ob es ihr bekannt ist, dass die wenigsten Meldungen über illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit vom Wirtschaftskontrolldienst kamen, der damit nichts zu tun hatte.

(Abg. Schmiedel SPD: Unsinn!)

Die zweite Frage, Frau Sitzmann: Wie wollen Sie, nachdem es die Bundesregierung erlaubt hat – das wurde vorhin angesprochen –, als jemand vom Zollamt feststellen, wenn Sie an eine Baustelle kommen und dort jemand arbeitet, der zum Beispiel mit einem Schraubenzieher an einem Lichtschalter herumschraubt,

(Abg. Capezzuto SPD: Mit was soll er es sonst ma- chen?)

ob er den korrekten Lohn bekommt, ob er scheinselbstständig ist oder nicht, wenn alle seine Papiere und seine Anmeldung korrekt sind, wenn Sie einen Zettel finden, auf dem

nur ein geringer Eurobetrag steht, er aber sagt: „Den Restlohn bekomme ich zu Hause“?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Was wollen Sie jetzt wissen?)

Herr Kollege Zimmermann, in der Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der SPD steht das genau drin. Danach hat die Gewerbeaufsicht eine Unterrichtungspflicht.

(Abg. Drexler SPD: Er liest nichts! Das merkt man an seinen Fragen! – Abg. Kretschmann GRÜNE zu Abg. Zimmermann CDU: Wenn Sie schon blöde Fragen stellen, hören Sie sich wenigstens die Ant- wort darauf an! – Glocke des Präsidenten)

Es gibt eine Mitteilungspflicht, Herr Kollege, und Sie haben gerade das beste Beispiel dafür genannt, warum die Zusammenarbeit von Landes- und Bundesbehörden bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit reibungslos funktionieren muss, damit man der illegalen Beschäftigung auf die Spur kommen kann. Diesem Ziel haben Sie mit der Verwaltungsreform einen Bärendienst erwiesen. Hier müssen Sie dringend nachbessern, und das erwarten wir von Ihnen.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Zim- mermann CDU: Sie haben das Problem nicht er- kannt!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister für Arbeit und Soziales Andreas Renner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, Erfolge hin oder her, die Situation am Arbeitsmarkt ist ein Ergebnis der Politik der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Dann brauchen wir den Wirtschaftsminister nicht mehr! Die Landesregierung können wir heimschicken!)

Diese Situation führt doch dazu, dass es jetzt offensichtlich Neuwahlen gibt, weil sich am Arbeitsmarkt nichts positiv bewegt hat, sondern wir die höchsten Arbeitslosenzahlen in der Geschichte dieses Landes haben.

(Abg. Drexler SPD: Sie haben aber auch nicht ge- rade wenig gehabt! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Wie viele waren es 1998? Wissen Sie es noch?)

Ich denke, das ist eine wichtige Feststellung.

Es nützt uns nichts, wenn wir pauschale Angriffe auf die Kammern fahren, ohne Ross und Reiter zu nennen,

(Abg. Schmiedel SPD: Ross und Reiter sind ge- nannt worden!)

und behaupten, dass die Aufsicht nicht wahrgenommen wird. Das muss man spezifizieren und deutlich zum Ausdruck bringen.

(Minister Renner)

Aber im Thema geht es um das Entsendegesetz. Dazu muss ich Ihnen ein Zitat bringen:

Wer den Gesetzgeber aus dem Tarifgeschehen heraushalten will, wie es die Gewerkschaften ansonsten verlangen, der sollte sich auch von gesetzlichen Mindestlöhnen fern halten.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das ist eine Aussage von Minister Clement vom 26. Februar 2004.

(Zurufe der Abg. Ruth Weckenmann und Drexler SPD)

Frau Sitzmann, eine Aneinanderreihung von Zitaten ergibt noch keine Programmatik – weder bei Ihnen noch bei uns.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Dementsprechend trifft auch das Zitat von Clement den Kern des Gesetzentwurfs für die Erweiterung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Denn in Wahrheit geht es um die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns durch die Hintertür.

(Abg. Drexler SPD: Nein! – Zuruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD)

Das Vorhaben ist deshalb aus rechtlicher, aus ökonomischer und aus politischer Sicht falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Landesregierung hat den Gesetzentwurf deshalb im Bundesrat abgelehnt.

(Abg. Drexler SPD: Sie wollen nichts dagegen ma- chen! Das ist die Konsequenz! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Wir wollen die Ursachen bekämpfen!)

Mit dem Gesetz wird das Ziel verfolgt, Lohndumping und dem damit verbundenen Verdrängungswettbewerb entgegenzusteuern. Das ist sicher ehrenwert. Ich will auch nicht in Abrede stellen, dass es einzelne Branchen – wie beispielsweise die Gebäudereinigung – gibt, in denen dieses Problem in besonderer Form auftritt. Das kann jedoch kein Persilschein dafür sein, nun flächendeckend Mindestlöhne für alle Branchen einzuführen. Dadurch werden auch keine neuen Arbeitsplätze in Baden-Württemberg geschaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Voraussetzung für die Einführung von Mindestlöhnen in einzelnen Sparten ist, dass die Tarifparteien dies wollen. In der Baubranche ist dies übrigens so. Auch andere Bereiche zeigen sich durchaus aufgeschlossen.

Wichtig ist aber, dass zunächst einmal die Fakten auf den Tisch gelegt werden. Mit Mutmaßungen und gegriffenen Annahmen kommt man hier nicht weiter. Die Bundesregierung hätte deshalb – da kann ich nur wiederholen, was der Kollege Lasotta gesagt hat – ihre Hausaufgaben machen und die Tatsachen und die Analysen in einem Bericht vorlegen müssen.

(Abg. Drexler SPD: Sie kennen doch die Situation in Baden-Württemberg! – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Sitzmann?

Gern.

Bitte schön, Frau Sitzmann.

Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, die Einführung von Mindestlöhnen sei in bestimmten Branchen unter Berücksichtigung der Tarifparteien durchaus ein gangbarer Weg. Genau das wird in dem Entsendegesetz gefordert. Warum lehnen Sie dies dann ab?

(Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Ich werde dies noch begründen. Ich habe gesagt: Dort, wo die Tarifparteien dies wollen, machen wir mit, aber wir brauchen es nicht für alle Bereiche gesetzlich zu regeln.