Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Die Kritik an der Verwaltungsreform und die Vehemenz, mit der sie vorgebracht wird, berühren mich schon ein bisschen, weil sie die Ursachen für unser Dilemma aufzeigen. Wir haben offensichtlich noch nicht erkannt oder wollen es nicht wahrhaben – jedenfalls die Opposition –, dass wir in den bestehenden Strukturen nicht weiterkommen und zu keinen Reformen kommen.
Ein bisschen erinnert mich dies an ein Filmstudio in den Fünfzigerjahren: Die Hauptdarsteller sitzen in einem flotten Auto, meistens in einem Sportwagen, der Wind pfeift ihnen um das Haar, die Kulissen drehen sich. Aber im Gegensatz zu den Hauptdarstellern aus jenen Jahren meinen Sie immer noch, wir würden fahren. Wir stehen schon längst. Nur: Sie fahren den Karren nur deswegen nicht an die Wand, weil er steht und sich in diesem Land nicht mehr bewegt.
(Beifall bei der CDU – Abg. Moser SPD: Aber in den Fünfzigerjahren sind die Autos immer gestan- den, und die Leinwand ist gefahren! – Gegenrufe von der CDU: Das meint er doch! – Heiterkeit)
Ja, natürlich. Aber die Filmschauspieler in jenen Jahren waren klüger; denn sie haben gewusst, dass sie stehen, während die Opposition immer noch meint, sie würde fahren. Das ist der Unterschied.
Dies erschüttert mich deswegen, weil es zeigt, wie sehr wir in Strukturen verhaftet sind und offensichtlich überhaupt nicht mehr darüber hinausdenken können. Sie verfahren nach dem Motto „Das haben wir immer so gemacht“. Das Motto „Weiter so“ trägt halt den veränderten Herausforderungen nicht mehr Rechnung.
Herr Minister, erinnern Sie sich an Ihren Amtsvorgänger, Herrn Dr. Schäuble, der noch wenige Wochen …
… – im Übrigen auch uns – bevor Sie Ihre Verwaltungsreform auf den Tisch gelegt haben, hier vehement bestritten hat, dass man eine Strukturreform wolle? Erinnern Sie sich, dass die Opposition – die SPD und wohl auch die Grünen – keineswegs im damaligen Status quo verharren wollte, sondern eigene Konzepte vorgelegt hat, die hier zur Abstimmung standen und die Sie abgelehnt haben?
Diese Konzepte wurden zu Recht abgelehnt, weil man sich, wenn man Strukturveränderungen vornimmt, genau ansehen muss, in welcher Struktur sich dieses Land befindet. Ihre Vorschläge taugen vielleicht für irgendein anderes Land, aber jedenfalls nicht für BadenWürttemberg; das war der Grund.
Regionalkreise und Ähnliches eignen sich für ein Land wie Baden-Württemberg nicht. Darüber haben wir weiß Gott lange genug diskutiert.
Lassen Sie mich zunächst einmal Folgendes sagen: Wir haben seit Inkrafttreten des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes am 1. Januar hier im Landtag noch keine Gelegenheit zu einer umfassenden Aussprache gehabt. Deswegen möchte ich die Debatte dazu nutzen, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Land für ihren Einsatz bei der Umsetzung dieser weitreichenden Verwaltungsreform herzlich zu danken.
Wenn die innere Akzeptanz nicht vorhanden wäre, wie Sie es uns hier glauben machen möchten, dann wäre die Umsetzung nicht so gelaufen, wie es der Fall gewesen ist.
(Abg. Blenke CDU: Wieso hat die SPD nicht den Mitarbeitern gedankt? Kein Dank der SPD an die Mitarbeiter! Interessant!)
Ich habe zum Jahreswechsel die Umsetzung der Reform bekannt geben können. Heute können wir feststellen, dass wir mit der Integration auf einem guten Weg sind.
Meine Damen und Herren, jeder, der einmal entweder in einem Wirtschaftsunternehmen oder in Verwaltungsorganisationen mit einer großen Fusion beschäftigt war, weiß, dass es natürlich Jahre dauern wird, bis alles zu einem neuen Ganzen zusammengewachsen und reorganisiert ist. Aber schließlich machen wir eine solche Reform nicht alle zwei Jahre.
Die Landesregierung – das will ich hier ausdrücklich sagen, damit wir uns nicht selber auseinander dividieren – ist für
eine konstruktive Begleitung durch die Öffentlichkeit und insbesondere durch den Landtag offen. Aber wir sollten bitte schön auch etwas Geduld haben und voreilige Kritik vermeiden, wenn die neuen Strukturen nicht gleich hundertprozentig funktionieren. Lassen Sie uns, wie vorgesehen und wie wir dies auch machen werden, in drei Jahren Bilanz ziehen.
Das Land und die Kommunen haben im Vorfeld der Verwaltungsreform die wichtigsten Finanzfragen einvernehmlich gelöst. Das ist in Anbetracht der Komplexität und der Schwierigkeiten der Finanzfragen nicht selbstverständlich, sondern schon ein bemerkenswerter Vorgang. Ich will ihn ausdrücklich noch einmal würdigen.
Selbstverständlich haben sich seit der Verabschiedung des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes noch einige Rahmenbedingungen in der Praxis verändert. Dies war überhaupt nicht anders zu erwarten. Es gibt auch einige Punkte zwischen dem Land und den Kreisen, die noch nicht geklärt werden konnten. Ich werde nachher einige herausgreifen. Ich bitte Sie jedoch herzlich, bei der Bewertung der wenigen Einzelfragen Augenmaß zu wahren und die Gesamtheit der Lösungen, die bereits einvernehmlich getroffen wurden, nicht aus den Augen zu verlieren.
Änderungsbedarf im Finanzausgleich: Der finanzielle Ausgleich – dies will ich vorab einräumen – für die Übertragung von Aufgaben auf die Kreise ist anzupassen, wenn auch nur geringfügig. Dazu müssen wir eine Änderung von § 11 Abs. 5 des Finanzausgleichsgesetzes vornehmen. Diese Änderung ist noch im Laufe dieses Jahres geplant.
Herr Kollege Oelmayer hat Änderungsbedarf in den Bereichen Flurneuordnung und Vermessung angemahnt. Bei der Flurneuordnung wurde im Finanzausgleich unterstellt, dass alle Landkreise ein Grundteam erhalten. Tatsächlich haben nach Verabschiedung des Reformgesetzes sechs Landkreise auf die Übernahme eines Grundteams verzichtet. Diese sechs Kreise würden ohne FAG-Änderung einen zu hohen finanziellen Ausgleich erhalten.
Bei der Vermessungsverwaltung besteht Einvernehmen zwischen Wirtschaftsministerium und Landkreistag, dass die finanzielle Abgeltung an den Stand der Personalverteilung der Vermessungsämter vom 1. Oktober 2004 angepasst werden soll. Bisher liegt der Abgeltung – wie in allen anderen Bereichen auch – die Personalverteilung vom 1. April 2003 zugrunde.
Außerdem soll bei der Anrechnung der den Kreisen überlassenen Vermessungsgebühren das Gebührenaufkommen des Jahres 2004 zusätzlich berücksichtigt werden. Darauf haben sich die Landräte und Herr Ministerpräsident a. D. Teufel anlässlich einer Dienstbesprechung am 13. Januar 2005 – also schon sehr früh – geeinigt.
In der Kritik sind immer wieder die IuK-Migrationskosten. Da wurde bezüglich der Erstattung der Kosten mit den Kreisen noch keine Einigung erzielt. Die Kreise haben zunächst knapp 40 Millionen € gefordert und diesen Betrag später auf 25 Millionen € reduziert, ohne diese Beträge jeweils näher zu begründen. Eine Begründung brauchen wir aber natürlich. Das Land hält einen einstelligen Millionenbetrag für gerechtfertigt. In dieser Frage, meine Damen und Herren Kollegen, werden die Gespräche mit dem Landkreistag fortgesetzt. Ich bin sicher, dass wir da zu einer Lösung kommen werden.
Jetzt zur Übernahme der Beschäftigten der Vermessungsverwaltung durch verschiedene Landkreise. Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, dass der Wechsel des Personals insgesamt sehr erfolgreich verlaufen ist. In nahezu allen Fällen konnten sozialverträgliche Lösungen gefunden werden, die dann auch räumlich abgewogen sind und den Interessen der einzelnen Beschäftigten sehr weit entgegenkommen.
Man muss sich aber einmal vor Augen halten, dass es ein Wechsel von 12 000 Beschäftigten war. Vorhin wurde das vom Kollegen Heinz erwähnt. 12 000 Beschäftigte sind zu den Kreisen gewechselt. Das war eine gigantische Herausforderung für alle Beteiligten.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Natürlich! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Denen blieb ja gar nichts anderes übrig!)
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich ausdrücklich bei den betroffenen Beschäftigten und den Mitarbeitern in den Personalabteilungen.
Dieses positive Fazit gilt grundsätzlich auch für die ehemals 2 200 Beschäftigten der bisherigen Staatlichen Vermessungsämter. Es gab in der Vermessungsverwaltung noch 20 Fälle – das wurde vorhin gesagt –, in denen der Wechsel zu den Kreisen noch nicht vollzogen werden konnte. Nur 20 von 2 200! Fünf Kreise haben für diese Beschäftigten eine Nachbesserung des Finanzausgleichs gefordert.
Einer der Gründe ist, dass es im Vermessungsbereich nach dem 1. April 2003, also dem Stichtag, noch zu mehreren Versetzungen kam, die im Finanzausgleich nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Die Landesregierung hat sich sehr frühzeitig dieser Fälle angenommen. Mein Kollege, Herr Wirtschaftsminister Pfister, hat in Abstimmung mit dem Finanzministerium und meinem Haus dem Landkreistag schon Ende letzten Jahres zugesagt, dass der Finanzausgleich im Vermessungsbereich so angepasst wird, dass alle personellen Veränderungen bis zum Oktober 2004 berücksichtigt werden können. Das Finanzministerium hat dies auch, wie ich vorhin bereits erwähnt habe, für eine FAGÄnderung vorgemerkt.