Protocol of the Session on June 2, 2005

Bemerkenswert ist, dass diese Kritik, die geäußert wurde, seitens der Landesregierung unwidersprochen blieb. Was schließt man daraus? Dass auch die Landesregierung diesen Unfug zwischenzeitlich erkannt hat. Und was tut sie? Nichts, gerade so, als ob es in diesem Bereich nichts zu verbessern gäbe, obwohl das nachdrücklich vom Landkreistag eingefordert wurde. Also wird weiterhin – wie der Stellungnahme zu unserem Antrag Drucksache 13/4129 zu entnehmen ist – kein Bedarf für Nachbesserungen des VRG gesehen. Ein solcher Bedarf wird auch angesichts der Problematik im kompletten EDV-Bereich nicht gesehen und nicht bei den IuK-Migrationskosten, wo es ja nach wie vor erhebliche Meinungsunterschiede über die Kostenanteile gibt.

Stichwort Vermessungsverwaltung: Auch in diesem Bereich, meine Damen und Herren, wird zumindest einigen Landräten zunehmend bewusst, dass die zu erbringende Effizienzrendite doch schwerer zu erwirtschaften sein wird, als in der ersten Euphorie erhofft. Vor allem wird dies nicht durch Aufgabenabbau erreicht, da keiner stattgefunden hat und wohl auch zukünftig keiner stattfinden wird.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Je mehr sich der Finanzkonflikt mit dem Land, den es gibt, zuspitzt – Baustellen dafür gibt es ja genug –, desto mehr wird das zulasten der Beschäftigten gehen. Auf deren Schultern – bis hin zu massiven finanziellen Verlusten beim Einkommen – werden die Unzulänglichkeiten Ihrer verkorksten Verwaltungsreform jetzt ausgetragen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Mari- anne Wonnay SPD: Skandal! – Abg. Blenke CDU: Wer hat die Rede eigentlich geschrieben?)

Herr Kollege Blenke, wahrscheinlich im Gegensatz zu Ihrer Fraktion schreiben wir unsere Reden selbst.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das merkt man!)

Warum fragen Sie dann?

(Abg. Blenke CDU: Die klingt so gar nicht nach Ih- nen! – Unruhe)

Mit „Augen zu und Ohren zu“, Herr Innenminister, nach dem Motto „Nichts sehen und nichts hören“ – das gilt auch

für Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP/DVP –, ist es aber nicht getan.

(Abg. Fleischer CDU: Nichts riechen! – Abg. Blen- ke CDU: Ich wollte nur einmal Ihre Parlamentari- sche Beraterin würdigen, Herr Kollege!)

Auch wenn Ihnen, Herr Minister, laut dpa vom 8. April 2005 derartige Fälle, in denen es Landräte und Landkreisverwaltungen gibt, die sich weigern, Personal zu übernehmen – wohlgemerkt; und bezeichnend ist: es geht vorwiegend um Mütter – –

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Ja! Zum Beispiel im Kreis Esslingen!)

Ist das das Kinderland Baden-Württemberg, das Sie sich vorstellen? Auch wenn Sie sagen, diese Fälle seien Ihnen nicht bekannt, gibt es sie. Wir könnten sie Ihnen alle zeigen.

(Abg. Schneider CDU: Drei sind es! Ich sage doch, dass es drei sind!)

Es sind wesentlich mehr, Herr Kollege Schneider: Landratsamt Karlsruhe, Landratsamt Rottweil, Rhein-NeckarKreis, Ortenaukreis, Hohenlohekreis, Alb-Donau-Kreis, Reutlingen, Schwäbisch Hall, Heidenheim.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Erzählen Sie hier doch nicht jedes Mal solchen Stuss!

(Abg. Blenke CDU: Das ist ja hier wie auf der Schwäbischen Eisenbahn! – Gegenruf der Abg. Marianne Wonnay SPD: Da hat er doch Recht!)

Wenn es diese Fälle nicht gäbe, warum sonst, Herr Rech, hätte Ihr Ministerkollege Pfister Ihnen dies mit Schreiben vom 17. März ans Herz gelegt und Sie gar aufgefordert,

(Abg. Fleischer CDU: Wie sieht denn das mit Ih- rem Adrenalinspiegel aus? – Abg. Blenke CDU: Ist ein Arzt im Saal?)

gegebenenfalls kommunalaufsichtlich gegenüber den Landkreisen diesbezüglich tätig zu werden? Auch dies ist ein bemerkenswerter Vorgang.

(Abg. Capezzuto SPD: Was? – Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Das Fazit, meine Damen und Herren, nach einem halben Jahr Verwaltungsreform ist leider so, wie wir es zwar nicht gewünscht, aber erwartet haben: Sie ist ineffizient, teuer, bürokratisch. Das kann man auch schon dadurch belegen, Herr Kollege Schneider, dass der Landkreistag an die Herren Minister – die Damen hat er da vergessen; sei es drum – appelliert hat, die Zahl der Erlasse aus Anlass der Verwaltungsreform – da gibt es anscheinend genügend –

(Abg. Fleischer CDU: Ja, hoffentlich! Das muss ja umgesetzt werden!)

zu beschränken.

Ihre Verwaltungsreform, meine Damen und Herren, stärkt nicht etwa die kommunale Selbstverwaltung, sondern belastet sie.

(Beifall der Abg. Marianne Wonnay SPD)

Dass Sie mit dieser Reform das Parlament schwächen und es teilweise auch selbst entmachtet haben,

(Abg. Fleischer CDU: Sie schwächen sich doch selbst die ganze Zeit durch diesen Beitrag!)

sei nur am Rande und am Schluss meiner Ausführungen und unserer Begründung bemerkt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Alfred Haas CDU – Abg. Fischer SPD: Gut, Reinhold! – Abg. Blenke CDU: Herr Gall macht jetzt Chill-out! – Abg. Fischer SPD: Da hat sogar der Herr Haas geklatscht! – Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Flei- scher CDU – Abg. Mappus CDU: Die müssen wir jetzt in die Reha schicken! – Weitere Zu- und Ge- genrufe von der SPD und der CDU – Unruhe)

Das Wort erhält Herr Abg. Oelmayer.

Das ist unglaublich.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und der SPD – Unruhe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Kollege Haas.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Herr Haas, das muss Ihnen nicht peinlich sein!)

Das gibt mir doch wieder Gelegenheit, zum Thema zu reden.

(Heiterkeit – Zurufe)

Fünf Monate Verwaltungsreform in Baden-Württemberg – das gibt sicherlich die Gelegenheit, eine Zwischenbilanz zu ziehen,

(Abg. Fleischer CDU: Wirklich?)

auch wenn die CDU-Fraktion und der Innenminister des Landes sicherlich sagen werden, das sei viel zu früh. Aber die Zwischenbilanz ist deswegen nicht zu früh, weil die Berechtigung der Kritik, die an der Verwaltungsreform geübt wird, an der jetzigen Umsetzung so richtig deutlich wird. Diese Kritik wird nicht nur von der Opposition in diesem Haus geübt,

(Abg. Köberle CDU: Doch!)

sondern auch von denjenigen, die von der Verwaltungsreform und von deren Umsetzung direkt betroffen sind. Ich darf nachher noch einmal darauf zurückkommen.

(Abg. Zimmermann CDU: Das ist wie mit dem Frosch und dem Teich! Das kennt man!)

Dass wir als Oppositionsfraktion diese Art von Verwaltungsreform, die nicht vom Bürger aus gedacht war, sondern von oben herab installiert worden ist, nicht mitgetragen haben, ist ja nichts Neues. Neu ist aber, dass die Kritik, die wir damals geübt haben, sich offensichtlich jetzt bei der Umsetzung manifestiert. Ich darf das für unsere Fraktion folgendermaßen zusammenfassen: Die Verwaltungsreform ist mal unnütz und mal schädlich.

(Abg. Schneider CDU: Ach ja!)

Das sind die zwei Effekte dieser Verwaltungsreform, wie sie sich heute, Anfang Juni 2006 – ich meine natürlich 2005, Entschuldigung –,

(Abg. Heinz CDU: 2006 wäre es besser gewesen, darüber zu reden, Herr Oelmayer!)

darstellen. Ich darf das vielleicht einmal an den Bereichen festmachen, die jetzt auch in den Anträgen genannt werden, die dem Plenum heute zur Beratung vorliegen.