Protocol of the Session on June 1, 2005

(Minister Stächele)

Er sagt jetzt zwar, er sei von den Wirkungen der Kapitalismuskritik überrascht gewesen, doch letztendlich ist die Linke frei gemacht worden durch diese Art und Weise,

(Abg. Fleischer CDU: So ist es!)

wie man versucht hat, mit einer unrationalen, unseriösen Diskussion eine Wahl in Nordrhein-Westfalen zu gewinnen.

Wenn Sie sich anschauen, was sich da abspielt, stellen Sie fest: Die Linke in der SPD hat den Weg zur „neuen Mitte“ nie richtig mitgemacht.

(Abg. Drexler SPD: Vom wem redet er? – Heiter- keit des Abg. Birzele SPD – Abg. Birzele SPD: Der Herr Stächele erzählt gerade, mit welchen Ar- gumenten die CDU in den Bundestagswahlkampf geht! Das ist ja verheerend!)

Zu einer solchen Identifizierung war sie nicht fähig. Ich will es einmal so sagen: Wenn die Linke der SPD von der „neuen Mitte“ spricht, ist es fast so, wie wenn ein ernsthafter Ordensmann plötzlich eine Pappnase aufsetzt. Das ist die Situation.

Trotzdem verspüre ich ein Stück Dankbarkeit. Wir haben die Chance, einen Neuanfang für Deutschland hinzukriegen.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Birze- le SPD: Nur Herr Noll ist dieser Auffassung, alle anderen schweigen betreten!)

Wir haben die Chance, im September wieder klare Verhältnisse, anständige Mehrheiten zu schaffen. Die Wirtschaft kann Vertrauen fassen, kann investieren. Die Konsumenten werden Vertrauen fassen, werden konsumieren. Deswegen: Bei all dem, was sich jetzt abgespielt hat, bin ich dankbar, dass der Bundeskanzler sagt: „Ich kann nicht anders. Ich muss den Weg gehen. Wir machen eine Neuwahl.“

Nun zu den Grünen. Lieber Herr Kretschmann, Sie sind hier natürlich auch vollmundig aufgetreten. Ich glaube, ein bisschen Bescheidenheit wäre auch bei den Grünen angebracht.

(Abg. Drexler SPD: Er sagt nichts zum Haushalt!)

Seien Sie ganz ehrlich: Bei dem, was sich in der Wahlnacht in Nordrhein-Westfalen abgespielt hat, wo der Koalitionspartner im Bund quasi über das Fernsehen darüber unterrichtet wurde, dass Neuwahlen im Bund stattfinden werden, hätte man, wenn man einen Funken Selbstwert im Leibe hat, noch in der gleichen Nacht sagen müssen: „Schröder, es reicht, aus, amen! Wir gehen.“

Mich hat das Verhalten der Grünen gewundert. Ich sage das nicht gespielt.

(Abg. Drexler SPD: Natürlich spielen Sie gerade, glanzvoll! Sie lachen ja innerlich schon!)

Herr Drexler, hören Sie doch zu.

(Abg. Drexler SPD: Natürlich! Sie lachen doch schon!)

Wenn Sie nicht zuhören, dann maulen Sie zumindest nicht dazwischen. Das bringt jetzt nichts. Ich rede im Moment mit Herrn Kretschmann.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Ent- schuldigung! Das Parlament kann Zwischenrufe machen, solange es will, auch gegenüber der Re- gierung! Sie sind hier nicht der Oberlehrer! – Abg. Birzele SPD: Das ist er nicht gewohnt! – Abg. Drexler SPD: Das sind Sie nicht gewohnt!)

Das Verhalten der Grünen hat mich gewundert. Im Grunde sind sie über Jahre hinweg den Weg unter manchem Folterinstrument gegangen. Aber in diesem Fall hätte ich gesagt: Das mache ich nicht mit. Denn es ist schon ein dickes Stück, ohne Absprache mit dem Koalitionspartner einen Neuwahl-Strich zu ziehen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Ich muss sagen, da gehört schon ein hohes Maß an Dickfelligkeit dazu, dass man das als Grüne akzeptiert. Aber es sind ja, wie gesagt, schon viele andere Dinge in dieser Richtung passiert.

Kurzum: Wir werden Ihnen unsere Vorschläge vorlegen, wie es auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft weitergehen soll.

Wir werden auch ein Steuerreformpaket schnüren. Dabei ist Vereinfachung das eine. Das andere ist die Diskussion, wie wir Steuern künftig ansetzen, wie wir öffentliche Ausgaben fahren, damit sie sich mit den Einnahmen decken, und wie wir die Einnahmen beschaffen können, ohne die Produktionskosten zu verteuern und damit die Wettbewerbsfähigkeit kaputtzumachen.

Das ist ein Gesamtpaket. Jetzt wird solitär darüber diskutiert: hier ein bisschen Mehrwertsteuer, dort ein bisschen Umsatzsteuer, dort ein bisschen Einkommensteuer – dort ein bisschen Jagdsteuer, füge ich scherzhaft hinzu. Das funktioniert nicht. Das Ganze muss in den von mir genannten Eckdaten schlüssig sein.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Richtig!)

Aber für Sie besteht offenbar die beste Möglichkeit gegenwärtig darin, offensiv zu werden, indem Sie sagen: „Die haben kein Konzept.“ Wir werden es Ihnen vorlegen. Ab dem 10. Juli gehen wir in den Wahlkampf. Ich bin schon heute davon überzeugt: Die Leute wissen genau: Mit Rot-Grün hat es wirklich keinen Wert mehr. Wir haben die Beispiele gut regierter schwarz-gelber Länder. Baden-Württemberg wird ein Beispiel geben:

(Abg. Drexler SPD: Die Hälfte der Regierung wird von der Staatsanwaltschaft verfolgt!)

Man kann es auch richtig machen. Deswegen soll es in Berlin besser werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war jetzt noch das regierungsamtliche Feuilleton zu dieser Debatte.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Heiter- keit des Abg. Gustav-Adolf Haas SPD – Abg. Drexler SPD: Geschichtenerzähler!)

Der neue Feuilleton-Minister hat hier substanzielle Beiträge zur Lösung der Probleme geleistet.

(Abg. Drexler SPD: Geschichtenerzähler!)

Ich darf noch einmal aus der „Heilbronner Stimme“ zitieren:

So glänzend die Kür von Angela Merkel zur Kanzlerkandidatin der Union war, so matt sind bisher die Konzepte. Die CDU-Chefin will die Einkommensteuer senken

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

und legt sich sogar auf konkrete Zahlen fest. Und sie verspricht Ehrlichkeit im Wahlkampf. Ein doppeltes Bravo, möchte man da rufen! Doch ach, wer soll die Steuerentlastung bezahlen? Das weiß auch die Union noch nicht. Munter durcheinander fordern etliche CDU-Politiker eine höhere Mehrwertsteuer, andere lehnen diese ab, wieder andere drucksen nur herum. … Die Wähler wollen Klarheit. Die Union steht vor der zweiten, ungleich schwereren K-Frage. Das ist die nach der Konzeption.

So weit die „Heilbronner Stimme“.

Was war nun das Erhellende an dieser Debatte? Herr Fraktionsvorsitzender Mappus, Sie haben gesagt: „keine Mehrwertsteuererhöhung in den nächsten zwei Jahren“,

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

wenn ich Sie richtig interpretiere. Frau Merkel spricht heute über die Presse von einer Nettoentlastung in Höhe von 10,6 Milliarden € bei einer Steuerreform.

(Abg. Drexler SPD: Netto!)

Finanzminister Stratthaus und Ministerpräsident Oettinger sagen: „Eine Entlastung durch die Steuerreform ist wegen der Haushaltslage wohl nicht möglich. Wir müssen auf Einkommensneutralität achten.“

Ich komme noch einmal auf Sie zurück. Wenn Sie nun keine Mehrwertsteuererhöhung und eine Nettoentlastung durch die Einkommen- und die Körperschaftsteuerreform wollen, frage ich Sie:

(Abg. Drexler SPD: 10,6!)

Wie, bitte schön, finanzieren Sie dann Ihre Kopfprämie bei der Gesundheitsreform? Das sind nach Ihren Berechnungen mindestens 16 Milliarden €. Rürup hat gesagt, wahrschein

lich koste es das Doppelte. Von dem, was Sie hier sagen, passt nichts zusammen.

(Abg. Mappus CDU: Und was ist jetzt Zuschuss?)