und dort, wo es vernünftig war, haben wir Mehrheiten gefunden. Ich selbst war dabei, als wir im Vermittlungsverfahren einen Agrarkompromiss gefunden haben. Dort wo es dem Vaterland, unserer Nation Deutschland, gedient hat, haben wir mitgemacht. Viel Unsinn haben wir verhindern können. Gott sei Dank gibt es auch kein Antidiskriminierungsgesetz; diesen großen Blödsinn haben wir verhindert.
Nein, die Dinge sehen schon ein bisschen anders aus. Es ist einfach eine ausgelaugte Bundesregierung. Die Frage ist insbesondere, wie Schröder seinen eigenen Laden zusammenhalten kann.
Ich habe mich über Herrn Maurer nicht gut und nicht schlecht, sondern gar nicht geäußert. Aber wenn sich jemand hinstellt und sagt, das eigentliche Problem sei,
„dass wir links blinken und rechts abbiegen, dass sich im Grunde unsere Identität nicht mehr in der Politik wiederfindet“, dann trifft er den Nagel auf den Kopf. Das heißt, die Truppe steht nicht mehr hinter diesem Bundeskanzler, und das weiß er. Deswegen sagt er, er brauche eine neue Legitimation.
Was soll denn das mit der neuen Legitimation? Meine Damen und Herren, er hatte eine Legitimation für vier Jahre vom deutschen Wahlvolk ausgesprochen bekommen. Fakt ist, dass er nach drei Jahren mit seinem Latein am Ende ist.
Er braucht keine neue Legitimation, sondern er soll sagen: „Ich habe die Legitimation aufgebraucht, ich bin mit meinem Latein am Ende, ich kann nicht mehr, ich trete zurück.“ Rücktritt ist die richtige, ehrliche Antwort auf die Situation, die wir im Moment in Berlin haben.
Rücktritt müsste sein, nicht dieses Trauerspiel, wo man noch die Verfassung verbiegen will, weil man einigermaßen in den Sessel zurück möchte, um als Bundeskanzler aus dem Amt heraus den Wahlkampf führen zu können. Das ist das Schauspiel, das sich im Moment in Berlin abspielt.
Tatsächlich braucht er eine neue Legitimation. Er hatte eine Legitimation für vier Jahre, er hat sie verspielt. Er soll den Auftrag zurückgeben. Die Ehrlichkeit würde auch gebieten, dass er nicht wieder antritt, wenn er einmal den Wählerauftrag verspielt hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, derzeit spielt sich vieles ab, worüber man nur den Kopf schütteln kann. Der „Spiegel“ hat in dieser Woche richtig geschrieben: Im Grunde geht es bei dieser ganzen Neuwahlkiste, bei diesem Coup des Kanzlers Schröder um die Ehre – so der „Spiegel“ – des von den Zeitläuften arg zerzausten Regierungschefs.
Wie wir wissen – das ist ja belegt –, haben ihm die Linken in seiner Fraktion schon vor dem Urnengang in NordrheinWestfalen mitgeteilt: „Wir machen nicht mit bei der Senkung der Erbschaftsteuer, wir machen erst recht nicht mit bei der Senkung der Körperschaftsteuer.“ Wenn er wirklich ehrlich gewesen wäre, hätte er schon drei oder vier Tage vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen sagen müssen: „Leute, es geht nicht mehr. Aus! Ich muss weg! Sagt wenigstens den Linken in der Partei mit einem entsprechenden Abstimmungsergebnis, dass sie besser den Schröder-Kurs gefahren wären. Aber so, mit dieser zerzausten Truppe, ist wirklich kein Staat mehr zu machen.“
Clement hat wörtlich geäußert: „Wenn wir jetzt weitergemacht hätten, wären wir auf der Strecke gestorben.“
Oder ein Zitat von Müntefering: „Es wäre fraglich gewesen, ob man in der Lage gewesen wäre, über 15 Monate den eigenen Laden zusammenzuhalten.“
Tun Sie doch nicht so, als wären alle möglichen Menschen schuld, als würde ringsum auf der Erde der SPD Unrecht getan. Sagen Sie doch einmal ganz ehrlich: „Unser Laden wäre auseinander geflogen. Es war der letzte Strick, den Bundeskanzler Schröder nicht um den Hals haben wollte, den er jetzt um den Laden herumlegt, um an der Verfassung entlangzuschrammen.“ Zum Rücktritt war er zu feige.
Jetzt haben wir die Situation, dass wir noch mehr Schaden vom deutschen Volk abwenden müssen. Wir sind gehalten, einen sachlichen, seriösen, ernsten Wahlkampf zu führen, weil die Leute, denen wirklich angst um ihre Arbeitsplätze ist, es verdient haben, dass wir als Staatsmänner hinstehen und nicht nach dem Motto des Kanzlers „Lieber abgewählt als abgemurkst“ irgendwelche Spiele des Machterhalts treiben. Nein, wir müssen jetzt hinstehen.
Ich garantiere Ihnen: Die Opposition, die Union, CDU/CSU, wir werden, wenn ich es richtig im Kopf habe, zum 10. Juli unser Regierungsprogramm in der notwendigen Konkretheit und so, wie es die Wähler zu erwarten haben, vorstellen. Da geht es nicht darum, Schonung zu betreiben, sondern darum, offen und ehrlich eine Bestandsaufnahme zu machen, abzuleiten, was die Essentials der künftigen Politik sein müssen. Wir müssen der Bevölkerung eine Antwort auf die Frage geben, wie Deutschland wieder von der Nullstelle, vom Schlusslicht in Europa nach oben gebracht werden kann, wie wir wieder Wirtschaft und Wachstum hinkriegen, wie wir Arbeitsplätze sichern können.
In der vorigen Debatte hat Kollege Caroli angesprochen, die Lizenz in Lahr habe mit der Diskussion über die Arbeitsplätze von Grohe zu tun.
(Abg. Drexler SPD: Nein, das stimmt gar nicht! Das hat er nicht gesagt! – Abg. Birzele SPD: Was der Herr Stächele alles hört!)
Wir in Baden-Württemberg haben mit unserer Robustheit, mit unserer Wirtschaftskraft, auch weil wir eine Spitzenstellung unter den Bundesländern haben, vieles abwehren können, was sich in den letzten Jahren schon angebahnt hatte. Wir haben dies durch den Fleiß der Mitbürger erreicht, trotz der Opposition in diesem Lande.
Aber jetzt ist natürlich auch der Punkt erreicht, an dem wir nicht mehr die Insel der Seligen sind. Jeder merkt in seinem Wahlkreis, dass die Einschläge näher kommen, dass gute
mittelständische Betriebe nicht mehr in der Lage sind, Zukunftsinvestitionen zu machen, und dass Arbeitsplätze kaputtgehen. Die ernste Situation hat jetzt auch Baden-Württemberg erfasst.
Im Übrigen zahlen wir natürlich über den unseligen Finanzausgleich schon seit Jahren mit, was andernorts an großen staatspolitischen Leistungen oder Fehlleistungen bewirkt wird.
Kurzum: Machen wir da keine Legendenbildung. Der innenpolitische Sprecher der SPD hat es gut formuliert. Er hat gesagt: „Der Gerd wollte wenigstens den Strick selbst bestimmen, an dem er gehängt werden soll.“
Ich will einmal daran erinnern – denn wir lassen in diesem Bundestagswahlkampf Legendenbildung und manches andere nicht zu –, dass die SPD mit dem Kippen von Bundeskanzlern historische Erfahrung hat.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: „Kippen von Bundes- kanzlern“! Da muss man mitdenken! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)
Es war Herbert Wehner, der gesagt hat: „Der Kerl muss weg!“ Bundeskanzler Schmidt ist nachweislich letztendlich daran gescheitert,
(Abg. Gall SPD: Und Sie Erwin Teufel nicht! – Abg. Drexler SPD: Und die CDU hat Erwin Teufel abgesägt! Sie auch! – Zuruf des Abg. Göschel SPD)
Herr Drexler, liebe Kollegen von der SPD, jetzt will ich Ihnen einmal etwas sagen. Wissen Sie, wie diese Vorgänge schon in einem halben Jahr beschrieben werden? Man wird sagen müssen: Letztlich ist der Kanzler durch ein Feuer verbrannt worden, das Müntefering gelegt hat, indem er mit seiner Kapitalismuskritik wieder jene Glut in den sozialistischen Herzen entfacht hat, die dann all die weiteren Entwicklungen gebracht hat, nämlich den Aufstand der Linken; sie machen nicht mehr mit.
Es hieß: „Entweder du machst links mit, oder wir verweigern dir die Gefolgschaft.“ Das heißt, Müntefering hat die Lunte gelegt.