Regen Sie sich nicht auf. Sie sind die Schuldentreiber. Sie sind für 68 % der heutigen Bundesschulden verantwortlich.
Sie, die CDU und die FDP, und sonst niemand. Sie haben es gemacht. Stehen Sie doch dazu! Sie stehen ja nicht einmal zu Ihren Schulden. Das ist ja das Schlimme.
Also zu den Lohnnebenkosten. Von 1982 bis 1998 sind unter der CDU/CSU-FDP-Bundesregierung allein die Lohnnebenkosten von 34 % auf 42 % gestiegen. Heute liegen sie knapp unter 42 %.
Das geht gerade einmal auf acht Tage. An alles, was vorher war, können Sie sich offensichtlich nicht erinnern. Offensichtlich ist das so. So werden wir auch darüber reden. Die Steuern haben wir für die Leute gerecht gemacht.
Natürlich haben wir sie gerecht gemacht; natürlich nicht für die Zahnärzte, Herr Dr. Noll – das ist schon klar –, aber für die einfachen Leute. Das haben wir schon geregelt.
Zweitens werden wir keine Neiddebatte führen. Wir führen eine Debatte darüber, wie Sie den Staatshaushalt entweder sanieren oder mit Ihrer Steuerreform weiter belasten wollen, wen Sie mit Ihrer Steuerreform überhaupt entlasten wollen.
Ich sage Ihnen: Es gibt Berechnungen der interministeriellen Arbeitsgruppe, in der das baden-württembergische Finanzministerium beteiligt war. Da kommt halt heraus, wie die Belastungen der öffentlichen Hände sind. Wenn Sie das umrechnen, können Sie zum Beispiel feststellen, dass eine ledige Oberkrankenschwester – 34 000 € Einkommen, 20 Kilometer Arbeitsweg – durch unsere Steuerreform gewonnen hat. Machen wir die Reform nach dem Vorschlag Merz, hat sie 339 € weniger. Machen wir die Reform nach dem Vorschlag Kirchhof, hat sie sogar 1 010 € weniger, lieber Herr Kollege. Ein leitender Angestellter – 65 000 €, 25 Kilometer Arbeitsweg – profitiert nach dem Vorschlag Merz schon zusätzlich mit 4 291 €. So viel müsste er weniger an Steuern zahlen.
Da geht es um die Frage, wer etwas von einer Steuerreform hat. Da werden wir sagen, wer bei Ihnen etwas hat und wer nichts bekommt. Das ist keine Neiddebatte. Da müssen Sie sich stellen. Sie werden sich nicht durchmogeln können wie früher. Wir werden auch sagen, wer für die Schulden verantwortlich ist. Die Zahlen sind auch da. Dass sich Frau Merkel, die sieben Jahre mitverantwortlich dafür war, dass die Bundesschulden dramatisch gestiegen sind und sich vom Zeitpunkt der deutschen Einheit bis zu dem Zeitpunkt, als Sie abgewählt wurden, mehrmals verdoppelt haben, heute als Kanzlerkandidatin hinstellt und sagt, sie wolle dienen und Schulden abbauen, war das Unglaubwürdigste, was ich am Montagabend gehört habe, Herr Kollege.
(Beifall bei der SPD – Abg. Capezzuto SPD: Uner- hört! – Abg. Seimetz CDU: Erzählen Sie einmal von den Arbeitslosen!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Um ein bisschen Legendenbildung – Herr Drexler geht immer bis 1982 zurück – aufzuzeigen, frage ich: Erinnern Sie sich vielleicht noch daran, dass vor 1998 drei Reformen von der damaligen schwarz-gelben Ko
alition eingeleitet wurden? Ich erinnere an die Rentenreform und den demografischen Faktor. Was hat Herr Lafontaine – an den wollen Sie sich vielleicht nicht mehr so arg erinnern – getan? Er hat es blockiert. Der Kanzler hat dann unter Tränen nach seiner Regierungsübernahme irgendwann gestanden: Leute, wir können das doch nicht machen. Jetzt nennt man es halt anders, nämlich Nachhaltigkeitsfaktor, und fasst den Rentnerinnen und Rentnern immer mehr in die Tasche,
und zwar auf ganz gemeine Weise, wie ich Ihnen vorhin erzählt habe. Ihnen wird 0,9 % mehr Eigenanteil zugemutet. Das trifft nicht die Zahnärzte, sondern das trifft die Rentnerinnen und Rentner.
Sie müssen sich doch einmal überlegen, warum Ihnen die kleinen Leute weggelaufen sind: weil sie merken, dass sie von Ihnen an jeder Ecke beschissen und belogen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Drexler SPD: Die zahlen doch gar keine Steuern!)
Das Zweite: Wir haben eine Reform des Gesundheitssystems beschlossen. Die haben Sie sofort zurückgenommen, als Sie an die Macht gekommen sind.
Wir haben die Petersberger Beschlüsse, die ein Schritt in ein einfacheres Steuersystem gewesen wären, gefasst. Die haben Sie blockiert.
Wir haben in der Vergangenheit als Opposition nicht blockiert. Allerdings ist es uns natürlich nicht gelungen, handwerklich total vermurkste Gesetze im Bundesrat noch zu verbessern.
Aus Murks wird auch durch Beteiligung, bei der man wenigstens versucht, in eine richtige Richtung mitzugehen, nicht wirklich ein gutes Konzept. Deswegen noch einmal: Im Steuersystem muss für alle unter dem Strich vom Brutto mehr netto in der Tasche bleiben.
Denn nur dann werden wir eines unserer Hauptprobleme, nämlich die Konsumzurückhaltung in unserem Land, wieder ein Stück weit auflösen können. Es geht doch darum, dass die Menschen das Gefühl haben, an allen Ecken und Enden zusätzlich abgezockt zu werden.
Auch da ist es, finde ich, schon ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet die, die sich vielleicht nicht
mehr so an die 68er-Zeit erinnern, die einmal angetreten sind, den Wachstumsfetischismus und den Konsumterror zu bekämpfen, jetzt langsam schnallen, dass eine Volkswirtschaft ohne Wachstum und ohne Bereitschaft zum Konsum langfristig nicht stabil und nicht lebensfähig ist. Auch daran müssen Sie sich ein Stück weit erinnern lassen.
Deswegen noch einmal: Das Steuersystem muss als Gesamtkonzept reformiert werden, und dabei muss es zunächst einmal zu einer Entlastung kommen.
Wir brauchen übrigens weniger Entlastungen für die Großkonzerne des Genossen Schröder als vielmehr Entlastungen für Mittelstand, Handwerk, freie Berufe und jeden Einzelnen bis hin zu Rentnerinnen und Rentnern.
In diesem Steuersystem muss es auch etwas geben, was bisher noch gar nicht angesprochen worden ist, was euer Bundeskanzler immer als „Gedöns“ bezeichnet hat, nämlich – das ist sowohl im Solms- als auch im Merz-Konzept enthalten – eine ganz klare Familienkomponente, die die Tatsache, dass es heute zum Armutsrisiko geworden ist, Kinder zu haben, jedenfalls ein Stück weit beheben wird, damit Familien auch steuerrechtlich besser gestellt sind, als sie es jetzt bei Ihnen sind.
Nein, jetzt nicht. Sie wollten doch konkrete Aussagen haben. Dann lassen Sie mich diese auch machen!