Protocol of the Session on June 1, 2005

(Abg. Schmid SPD: Ich habe das schon dem Herrn Poß gesagt!)

Zum Thema „Vergabe im Wettbewerb“: Herr Schmid hat einen Anteil von 10 % genannt. Das ist die eine Seite, nämlich die Menge der Gutachten. Man muss aber auch sehen, dass über 30 % des Auftragsvolumens im Wettbewerb vergeben wurden. Das heißt, bei den großen Gutachten ist durchaus auch EU-weit ausgeschrieben worden. Aber dieser Anteil sollte höher sein. Deswegen haben wir ja auch die entsprechende Beschlussempfehlung gefasst.

Genauso wichtig ist die Forderung in Buchstabe c des Abschnitts II Ziffer 1 der Beschlussempfehlung, klare Zuständigkeitsregelungen einzuführen. Das dient nicht nur der Korruptionsverhütung und -bekämpfung, sondern das dient auch dazu, dass man eine einfachere Linie und eine klare, übersichtliche Linie hat, damit man effizienter mit dem Geld umgeht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Wenn dann einmal Sachverstand fehlt, dann muss man auch nicht gleich nach außen gehen, sondern man könnte sich einmal in der Landesregierung bei anderen Ministerien umschauen und sich da durchaus gegenseitig etwas zutrauen.

Ein letzter Punkt, der dem Finanzausschuss und insbesondere auch mir sehr wichtig ist, ist der Buchstabe g des Abschnitts II Ziffer 1 der Beschlussempfehlung, nach dem die Ausgaben für externe Dienstleistungen künftig ganz deutlich, klar und transparent in der Haushaltsrechnung dargestellt werden sollen,

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

damit der Landtag und der Finanzausschuss auch diesen Sachbereich künftig klar und eindeutig beurteilen können.

Wir wollen in einem Jahr einen Bericht hierüber. In diesem Bericht soll auch stehen, wie viel Vergleichsangebote jeweils eingeholt wurden.

Fazit für mich und auch deutliche Aussage der FDP/DVP gegenüber der von uns durchaus wohl geschätzten Landesverwaltung ist: Vergeben Sie künftig entweder weniger Gutachten, oder wir müssen eine drastische Personalreduzierung vornehmen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Oh-Rufe von der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Da traue ich mich ja fast nicht zu klatschen bei der Drohung! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Der Beifall bei der CDU war bescheiden! – Abg. Stickelberger SPD: Die Muskeln spielen lassen! Das war fast schon ein technischer K. o.!)

Das Wort erhält Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bei der Vergabe von Gutachten, Studien und sonstigen externen Dienstleistungen stellt der Rechnungshof dieser Landesregierung ein vernichtendes Urteil aus.

(Beifall bei den Grünen)

Die Beratende Äußerung kommt zu dem Fazit, dass die Ministerien von der guten schwäbischen Tugend der Sparsamkeit meilenweit entfernt sind. Die Zahlen sind genannt worden. Die Liste der Kritikpunkte ist lang, und ich möchte noch einmal einige Punkte herausgreifen, die schon angesprochen worden sind.

Erstes Thema: Sind diese Gutachten und externen Leistungen überhaupt alle notwendig? Wie es aussieht, gibt es viele Beispiele dafür, dass das nicht der Fall ist. Ein Beispiel hierfür ist eine Forstdirektion, die eine Verträglichkeitsstudie zur Bekämpfung von Waldmaikäfern für 40 000 € in Auftrag gibt. Diese Studie kommt zu dem beachtlichen Ergebnis, dass ein „Pflanzenschutzmitteleinsatz zu erheblichen Beeinträchtigungen von Arten führen würde“.

(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen – Abg. Sei- metz CDU: Das ist doch ein grünes Thema! – Ge- genruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE: Für die CDU war das neu!)

Ich kann nur sagen: Wenn die Landesregierung uns danach gefragt hätte, dann hätten wir sehr viel schneller und billiger zu diesem Ergebnis kommen können. Bei der Prüfung der Notwendigkeit gibt es also die Note „ungenügend“.

Zweiter Punkt: Wirtschaftlichkeitsprüfungen wurden nicht durchgeführt. Das betrifft die Fragen: Wozu brauchen wir ein Gutachten? In welcher Dimension brauchen wir es? Wer hat das günstigste Angebot, und wie umfangreich muss

diese externe Leistung sein? Diese Fragen werden nicht einmal gestellt, geschweige denn beantwortet. Auch hier: Note „ungenügend“.

Dritter Kritikpunkt: Erfolgskontrollen fehlen generell. Sie sind ja auch gar nicht möglich, denn ich kann ja keinen Erfolg kontrollieren, wenn ich zuvor nicht definiert habe, was für ein Ziel ich habe und welche Leistung am Ende herauskommen soll. Die Ministerien verfahren offenbar nach dem Motto „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, bestelle ich einmal ein Gutachten“. Auch hier: Note „ungenügend“.

(Beifall bei den Grünen)

Schließlich – es ist angesprochen worden – werden über 80 % der Aufträge freihändig vergeben. Sie werden ohne Vergleichsangebote und ohne Wettbewerb vergeben. Damit wird die Ausnahme zur Regel gemacht und die eigentliche Regel zur Ausnahme. Auch hier: Note „ungenügend“.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Was lernen wir daraus?)

An all diesen Kritikpunkten zeigt sich, wie leichtfertig diese Landesregierung auf der einen Seite mit vergaberechtlichen Vorschriften und auf der anderen Seite mit Steuergeldern umgeht. Das ist so nicht weiter tragbar. Deswegen ist es richtig, dass sich der Finanzausschuss auf die vorliegenden Empfehlungen geeinigt hat, die auch wir unterstützen. Aber in seiner Beratenden Äußerung hat der Rechnungshof auch festgestellt:

Obwohl das Parlament und der RH seit Jahren immer wieder die Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften fordern, hat diese Untersuchung bei den Ministerien erneut gezeigt, dass die Vorschriften nicht hinreichend beachtet werden.

Genau aus diesem Grund, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir im Finanzausschuss weiter gehende Vorschläge gemacht, die auch wirtschaftliche Anreize setzen, die Vergaberegelungen und das Gebot der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit tatsächlich einzuhalten. Ein Punkt war, dass wir gesagt haben: Dienststellen, in denen diese Beanstandungen vorkommen, müssen schwerpunktmäßig mit Mittelkürzungen rechnen. Als zweiten Punkt haben wir gefordert, dass Personalmittel und Mittel für externe Gutachten und Beratungsleistungen gegenseitig deckungsfähig gemacht werden sollen. Die Kollegin Berroth hat dies ja gerade ausgeführt, und Sie, Frau Berroth, müssten uns – so, wie Sie argumentiert haben – in diesem Punkt ja eigentlich zustimmen,

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist gefähr- lich, was Sie da vorschlagen!)

da ja externe Leistungen auch bei den Personalmitteln Auswirkungen haben müssen. Ansonsten gäbe es hier keinen Anreiz, zu sagen: „Wir erledigen das innerhalb unseres Ministeriums selbst.“

Dritter Punkt: In den meisten Fällen wird als Begründung für die Vergabe von Gutachten angegeben, dass in den Fachreferaten die Fachkenntnisse nicht ausreichten, um die anstehenden Fragen zu beantworten. Logische Konsequenz

daraus ist es doch, zu sagen: Wir müssen für eine gezielte Weiterbildung des Personals sorgen.

Ich kündige Ihnen an, dass wir sehr kritisch beobachten werden, wie die Empfehlungen, die nun beschlossen werden, umgesetzt werden, und dass wir, sollte sich zukünftig die Praxis nicht verbessern, all diese Vorschläge erneut ins Parlament einbringen werden.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Hillebrand.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie der Bundestag, Frau Kollegin Berroth, so hat sich auch der Landtag von Baden-Württemberg immer wieder mit der Gutachtenvergabe der Ministerien und der nachgeordneten Behörden beschäftigt. Seit eineinviertel Jahren befassen wir uns mit parlamentarischen Initiativen der SPD-Fraktion zu diesem Thema. Anfang dieses Jahres, genau am 18. Januar – Frau Kollegin Netzhammer hat es gesagt –, kam die Beratende Äußerung des Rechnungshofs hinzu.

Der Finanzausschuss hat am 7. April 2005 zu Recht festgehalten, dass die Landesbediensteten über hervorragenden eigenen Sachverstand verfügen.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Das ist für die Bürger dieses Landes objektiv – und subjektiv auch für die Bediensteten – ein schönes Ergebnis. Auch die generell erhobene Forderung nach weniger Gutachten ist letztlich ein Vertrauensbeweis für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Behörden.

Natürlich wird man auf fremden Sachverstand nie ganz verzichten können. Das hat die gesamte Diskussion heute erneut deutlich gemacht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie könnten schon ein bisschen mehr Elan entwickeln! Da schläft man ja ein!)

Wir können in der Landesverwaltung nicht jederzeit und zu jedem Thema das notwendige Wissen vorhalten. Das, liebe Kollegin Haußmann, würde vor allem auch dem Ziel widersprechen, Personal abzubauen. Einen völligen Verzicht auf Gutachten fordert, wenn ich das richtig gehört habe, dankenswerterweise weder der Rechnungshof noch einer der Sprecher hier im Landtag.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Und Sprecherinnen! – Zu- ruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Bei zusätzlichen Gutachten geht es auch nicht darum, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, Verantwortung abzuschieben, ganz im Gegenteil. Gerade unter diesem Aspekt der Verantwortung kann es zwingend sein, vor wichtigen Entscheidungen externen Sachverstand einzuholen.

(Abg. Mack CDU: So ist es!)

Dies gilt jedenfalls dann, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn die eigenen Kenntnisse nicht ausreichen. Dann ist es

nicht nur vernünftig, sondern geradezu geboten, Ergänzungen zum eigenen Sachverstand einzuholen.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Sehr richtig, Herr Kolle- ge!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, auch in Folgendem sind wir uns einig: Es ist auch vernünftig – da stimme ich ausdrücklich allen Rednern hier zu –, Anzahl und Kosten der externen Gutachten so gering wie möglich zu halten, denn guter Rat ist bekanntlich teuer.

(Zuruf des Abg. Gustav-Adolf Haas SPD)

Deshalb hat die Landesregierung natürlich ein hohes Interesse daran, zuerst und zuvörderst den exzellenten Sachverstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu nutzen.

(Abg. Rückert CDU: Richtig!)