Protocol of the Session on June 1, 2005

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Oelmayer, gestatten Sie vorher eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Wieser?

Ja, bitte.

Herr Kollege Oelmayer, Sie haben wiederholt diesen hundertseitigen Bericht erwähnt.

Nein, nicht wiederholt.

Halten Sie das für einen Qualitätsmaßstab?

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich könnte mir vorstellen, dass ein kürzerer, prägnanterer Bericht vielleicht mehr für den Datenschutz in diesem Land täte.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Welcher Roman hat schon weniger als hundert Seiten?)

Herr Kollege Wieser, ich habe das gar nicht in Bezug auf die Frage der Qualität erwähnt.

(Abg. Wieser CDU: Drei-, viermal haben Sie das als positiv erwähnt!)

Ich habe einfach den Kollegen Lasotta und den Kollegen Theurer damit ansprechen wollen, weil die so getan haben, als gäbe es gar keine Probleme. Natürlich gibt es Probleme, denn wir haben hier hundert Seiten Dokumentation.

(Abg. Wieser CDU: Ja, das sagen Sie immer!)

Wäre das Amt so ausgestattet, wie wir uns das vorstellen, dann wären das vielleicht nicht 100, sondern 200 Seiten,

(Abg. Wieser CDU: Also ist die Länge doch ein Qualitätskriterium! Dann war die Frage doch be- rechtigt!)

und dann hätte natürlich auch der Datenschutz andere Möglichkeiten, sowohl prophylaktisch als auch bei der Überprüfung tätig zu sein, lieber Kollege Wieser.

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Aber lassen Sie mich zu den wenigen Zahlen kommen, denn die fünf Minuten sind ja wirklich rucki, zucki um.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die sind schon fast um!)

Das sind wirklich interessante Zahlen. Noch Anfang der Neunzigerjahre – gar nicht vor 25 Jahren – wurden zwischen den Landesministerien, Herr Innenminister, 5 000 E-Mails – man höre und staune! – im Monat ausgetauscht, und jetzt sind es monatlich eine halbe Million.

(Abg. Capezzuto SPD: Jesses!)

Die Überprüfung dieses Datenaustausches, der da stattfindet, wird von ein und demselben Amt wahrgenommen, im Prinzip immer noch mit der gleichen Personalausstattung und im Prinzip immer noch mit dem gleichen Potenzial. Insofern war der Dank ganz ehrlich gemeint, weil dort die Arbeitsbelastung ja um ein Vielfaches gestiegen ist und auch die Verantwortung, die dafür von dem Landesdatenschutzbeauftragten zu tragen ist.

Ein weiterer Punkt wird, glaube ich, klar, wenn man einmal die Dateien ansieht, die in der Vergangenheit aufgebaut worden sind. Ich erwähne die DNA-Analyse. Der Kollege Lasotta will gar keine inhaltliche Debatte über diese Frage führen. Ich nenne weiter Videoüberwachung, Krebsregister und Schülerindividualdatei. Wenn man da ein bisschen hineingeht – das will ich in meinem Beitrag auch noch tun – –

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Herr Kollege Schneider hat sich vorhin bei der Frage der direkten Demokratie durchaus sehr echauffiert. Insofern hat er natürlich sicherlich auch angeregt, Kollege Scheuermann, dass das Schützenfest in Biberach künftig videoüberwacht werden soll.

(Zurufe)

Es kann ja sein. Es war nur eine Vermutung, Kollege Schneider.

(Abg. Capezzuto SPD: Das wird wahrscheinlich nötig sein! Da wird es zugehen!)

Jedenfalls war das angedacht. Gott sei Dank wurde dies vom Datenschutzbeauftragten, aber auch vom Verwaltungsgericht als nicht zulässig erachtet, weil die Videoüberwachung, so wie sie im Polizeigesetz steht, auf gar keinen Fall eine solche Maßnahme rechtfertigt, nicht in Biberach, nicht in Ravensburg und auch sonst nirgendwo im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Dass genau diese geplante Maßnahme im Datenschutzbericht aufgeführt ist, ist auch dem Datenschutzbeauftragten zu verdanken, Kollege Wieser. Sie haben es wahrscheinlich nicht gelesen, weil Sie nicht sehr interessiert, was in Biberach passiert. Das mag ja sein.

(Abg. Wieser CDU: Nein!)

Das ist, glaube ich, ein gutes Beispiel.

Ein weiteres Beispiel, das ich noch nennen möchte – Kollege Scheuermann, hören Sie einmal gut zu, wie es lautet; das ist nämlich ein Unwort –: die multifunktionale Schülerindividualkartei des Kultusministeriums.

(Abg. Wieser CDU: Unerhört, so etwas!)

Wirklich unerhört.

Da stellt sich der Kollege Theurer hier hin und spricht davon, dass der Datenaustausch im Rahmen bleiben soll. Ja, wo regieren Sie denn? Sie regieren in Baden-Württemberg, und der Datenaustausch gerade in unserem Land nimmt jetzt selbst bei Schülerinnen und Schülern Ausmaße an, bei denen wir der Auffassung sind, dass diese längst die Grenzen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung überschritten haben. Insofern täten Sie gut daran, vor Ihrer eigenen Haustüre zu kehren.

Ich kann abschließend noch einmal sagen: Wir sind froh darüber, dass es diese Institution für den Datenschutz in Baden-Württemberg gibt. Wir sind nicht der Auffassung, dass es sich beim Datenschutz um Täterschutz handelt, sondern – da hat der Kollege Theurer Recht – dass es sich um Opferschutz handelt. Wir sind sehr wohl der Auffassung, dass der Datenschutz in den kommenden Jahren noch mehr an Bedeutung gewinnen wird, weil insbesondere Sie und auch Sie, Kollege Wieser, so wie Sie sich gerade geäußert haben, weiterhin an der Zunahme des Datenaustausches interessiert sind.

Insofern sind wir der Auffassung – Herr Präsident, ich komme zum Schluss –, dass wir den Datenschutz im Land künftig mehr stärken müssen und bei den nächsten Haushaltsplanberatungen auch berücksichtigen müssen und dass wir es endlich schaffen müssen – eine alte Forderung von uns, Kollege Schneider und Kollege Scheuermann; ich sage das, bevor Sie sich in Individualismen begeben –, dass der öffentliche und der nichtöffentliche Bereich zur Stärkung der Effizienz des Datenschutzes im Land zusammengeführt werden.

In diesem Sinne herzlichen Dank an den Datenschutzbeauftragten und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir

werden ja sehen, ob wir Sie beim Datenschutz und seiner Stärkung in Zukunft beim Wort nehmen können.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Innenminister Rech.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Jetzt haben wir so viel vom Biberacher Schützenfest gehört, Herr Landrat, aber gesehen haben wir noch nichts davon,

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Er lädt uns ja nicht ein!)

weil die Videofilme nicht zur Verfügung stehen. Jetzt müssen Sie uns einmal einladen, damit wir uns selber ein Bild davon verschaffen, wie es da zugeht.

(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Capezzuto SPD: Jawohl! – Abg. Schneider CDU unterhält sich mit Abg. Boris Palmer GRÜNE. – Abg. Oel- mayer GRÜNE: Herr Schneider, der Innenminister spricht über Biberach!)

Der Herr Kollege Schneider bahnt gerade die schwarzgrüne Koalition an. Deswegen hat er nicht zugehört. Ich sage es ihm nachher noch einmal.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an erster Stelle auch im Namen der Landesregierung sehr ernsthaft dem Landesbeauftragten für den Datenschutz, Herrn Zimmermann, und natürlich auch dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre wirklich hervorragende und sehr engagierte Arbeit danken.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Diese hervorragende Arbeit findet auch ihren Niederschlag in dem vorliegenden 25. Tätigkeitsbericht, und zwar sehr eindrucksvoll, wie ich meine. Der Datenschutz in BadenWürttemberg befindet sich auf einem guten Weg. Ich glaube, dies dürfen wir feststellen. Das ist ganz wesentlich das Verdienst von Herrn Zimmermann und auch von dessen beiden Amtsvorgängern, aber auch von den zahlreichen behördlichen Datenschutzbeauftragten und den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung, die den Datenschutz angenommen haben und ihn vor allem auch im Alltag umsetzen.