Ich habe im Zusammenhang mit den beiden Ministern nie den genannten Vorwurf erhoben. Mir lag die Pressemitteilung nicht vor, sonst hätte ich das sofort aufgegriffen.
Was mich nur wundert: Sie hatten die Pressemitteilung bei Ihrem Redebeitrag vorliegen. Ich finde es schon sehr eigenartig, dass Sie das ganz anders dargestellt haben.
(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Junginger SPD – Abg. Schmiedel SPD: Wo ist die Entschul- digung? – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD – Unru- he)
a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung des Landesplanungsgesetzes – Drucksache 13/3860
b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Innenministeriums – Wahlrecht für EU-Bürger zur Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart – Drucksache 13/3863
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Nach den Aufgeregtheiten des Vormittags kommen wir jetzt wieder zum parlamentarischen Alltagsgeschäft,
nämlich zu zwei Initiativen unserer Fraktion: einem Gesetzentwurf auf der einen und einem Antrag auf der anderen Seite, die sich mit der Frage befassen, inwieweit EU-Bürgerinnen und -Bürger in die Verantwortung auf der Ebene der Regionalverbände und der Verbandsversammlung des Verbands Region Stuttgart einbezogen werden sollen und können.
Wie ist die Ausgangslage? EU-Bürgerinnen oder -Bürger sind bei Kommunalwahlen in Stadträte oder Kreistage gewählt worden. Jetzt sollen sie als Teil und Element der kommunalen Verantwortung auch in Regionalverbände entsandt werden können. Und siehe da: Da und dort war das überraschende Ergebnis, dass es nach der Gesetzeslage gar nicht möglich sei, auf der Ebene des Regionalverbands Verantwortung zu übernehmen. Das Ergebnis war: „Es geht nicht; die Gesetzeslage gibt das nicht her.“
Wir meinen: Dann muss die Gesetzeslage eben geändert werden. Das soll mit unserem Gesetzentwurf geschehen. Ich gehe davon aus, dass wir alle die Mitwirkung von gewählten Kommunalpolitikern mit EU-Bürgerschaft für gut und gerechtfertigt halten. Damit bedarf es eigentlich keiner weiteren Begründung.
Wer allerdings unsere Initiative ablehnt, dem kann ich nur vor Augen führen, dass wir ein Bundesland im Herzen Europas und in hervorgehobener Weise Heimatland für EUBürger aus Italien, Spanien, Griechenland, Frankreich und vielen anderen EU-Ländern sind. Deswegen ist es nur gerechtfertigt, dass wir stolz darauf sind, dass viele EU-Bürger bei allen Parteien dieses Landes und auch bei den Wählervereinigungen und Wählergruppen für Gemeinderäte und Kreistage kandidieren. Wir sollten diese Wertschätzung der demokratischen Mitwirkung auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass wir den Willen und Wunsch der entsendenden Gremien respektieren und die rechtliche Möglichkeit durch eine einfache Änderung oder Ergänzung des Landesplanungsgesetzes schaffen. Ich rechne mit der Zustimmung des ganzen Hauses in der zweiten Lesung. Lassen Sie uns die vertiefte Diskussion, wenn denn Bedarf bestehen sollte, im Innenausschuss führen.
Was den Antrag zur Änderung von Artikel 28 Abs. 1 Satz 3 des Grundgesetzes betrifft, so ist die unmittelbare Wahl von EU-Bürgern in die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart bislang nicht möglich, weil die Regionalversammlung nicht als kommunales Gremium gilt. Wir sind allerdings der Meinung, dass gerade in diesem Bereich der direkt gewählten Regionalversammlung auch die EU-Bürger eine wichtige Rolle spielen. Wer sich einmal vor Augen führt, welche Zahl von EU-Bürgerinnen und -Bürgern wir im Stuttgarter Raum unter uns haben – das sind nahezu 6,7 % der Bevölkerung –, der kann unschwer nachvollziehen, dass ihnen auch die demokratischen Mitwirkungsrechte in der Regionalversammlung eingeräumt werden sollen. Dazu ist selbstverständlich eine Änderung des Grundgesetzes notwendig, weil bisher von europarechtlicher Seite noch keine Verpflichtung besteht. Wir halten es aber für gerechtfertigt, dass gerade für diese Mitwirkungsmöglichkeiten eine Initiative im Bundesrat eingeleitet wird, um auch dort hervorzuheben, wie wichtig in einem vereinten Europa die Mitwirkung der EU-Bürgerinnen und -Bürger in ihren Wohnländern ist.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie, soweit vorhanden.
Der Gesetzentwurf der SPD – Herr Junginger, Ihr Alltagsgeschäft, wie Sie es nannten – zielt darauf ab, durch eine Änderung des Landesplanungsgesetzes Unionsbürgern künftig das aktive und passive Wahlrecht für die Regionalversammlung einzuräumen.
Meine Damen und Herren, in unserem demokratischen Rechtsstaat, in unserem Staatsaufbau geht nach Artikel 20 des Grundgesetzes alle Staatsgewalt vom Volk aus. „Volk“ – kurz für die Zuschauer oben – ist das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland, das von den Deutschen gebildet wird. Das heißt, das aktive und passive Wahlrecht steht grundsätzlich nur den deutschen Staatsbürgern zu.
Darüber hinaus haben in Erfüllung des Maastrichter Vertrages und in Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien alle Unionsbürger das aktive und passive kommunale Wahlrecht erhalten. Diese Ausnahme rechtfertigt sich wegen der Besonderheiten der kommunalen Ebene.
Der Verband Region Stuttgart und die Regionalverbände nehmen schwerpunktmäßig Aufgaben der staatlichen Planung wahr. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Aufgaben und ihrer Struktur erheblich von den Gemeinden und den Landkreisen und stehen nicht auf einer Ebene mit einer Gemeinde oder einem Landkreis. Die Gründe, die bei den Kommunalwahlen diese Ausnahmeregelung bezüglich der EU-Bürger rechtfertigten, sind daher nicht auf die Verbände übertragbar.
Zu den tragenden Säulen unserer staatlichen Ordnung gehört es, dass letztlich alle Macht, wie gesagt, vom Staatsvolk ausgeht, von den deutschen Staatsbürgern. Das zentrale Gestaltungsmittel sind das aktive und passive Wahlrecht. Die Wahlen zu den Verbandsversammlungen der Regionalverbände und die Wahl zur Regionalversammlung des Verbandes Region Stuttgart mit ihren begrenzten Kompetenzen sind aber keine Kommunalwahlen. Auch der europäische Gesetzgeber sieht bisher keine Notwendigkeit, Unionsbürgern ein über die Kommunalwahl hinausgehendes Wahlrecht zu geben.
(Abg. Oelmayer GRÜNE: Das ist doch Haarspalte- rei, Herr Kollege! – Abg. Schmiedel SPD: Wollen Sie, oder wollen Sie nicht?)
Ich komme jetzt auf den Grund; er wurde ja genannt. Es ist ja ein scharfes Mittel, das Sie beantragt haben.
Unser Grundgesetz bestimmt in Artikel 28 als Ausnahme zu Artikel 20, dass die Unionsbürger bei den Kommunalwahlen wahlberechtigt sind.
Zu den Kommunalwahlen zählen neben der Bürgermeisterwahl die Ortschaftsratswahl, die Gemeinderatswahl, die Kreistagswahl.
Blicken wir ganz kurz zurück. Ich weiß, da gibt es, gerade was den Verband Region Stuttgart angeht, Problempunkte und Schnittstellen hinsichtlich der Listenwahl.
Aber wie Sie wissen, wurde der Verband in den Neunzigerjahren konzipiert und im Oktober 1994 konstituiert.
Es könnte. Aber der Gesetzgeber auf europäischer Ebene hat die entsprechende Notwendigkeit damals nicht gesehen.
Sie wollen den EU-Bürgern die Regionalwahl öffnen. Sie wollen dazu eine Bundesratsinitiative einbringen, denn Sie müssen das Grundgesetz ändern.