Herr Kollege Hauk, Sie haben jetzt schwere Vorwürfe erhoben, die Bundesregierung wolle die Landwirte auf kaltem Wege enteignen und Ähnliches. Ich fand das ziemlich wolkig und nebulös. Können Sie einmal präzisieren, inwiefern die Bundesregierung durch das Naturschutzgesetz die Bauern kalt enteignet? Können Sie das mal präzisieren? Ich habe das nicht verstanden.
Herr Kollege Kretschmann, ich bin gern bereit, hierüber außerhalb dieses Hauses ein Seminar gemeinsam mit Ihnen zu bestreiten.
(Heiterkeit – Abg. Heike Dederer GRÜNE: Sie ha- ben es nicht gelesen! – Abg. Walter GRÜNE: Kalt erwischt! – Abg. Bebber SPD: Hauk ist Opfer sei- nes polemischen Schwungs geworden!)
Die Grundanlage in diesem Bundesnaturschutzgesetz ist restriktiv: 10 %, klare Flächenvorgaben, klare Unterschutzstellungen, klare Restriktionen in diesem Bereich.
Ich sage noch einmal: Das Thema „Abschaffung der Ausgleichszulage“ ist die eigentliche Kampfansage an die Nutzer, nicht nur an die landwirtschaftlichen Nutzer, sondern an die Naturnutzer überhaupt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Weiteres kommt dazu, und das bedenken Sie überhaupt nicht: Das ist die Frage der Strukturpolitik. Wo glauben Sie denn, dass Sie diese von Ihnen unter Schutz zu stellenden Flächen finden? Sie werden diese Flächen überwiegend in den ländlichen Räumen finden. Damit haben Sie automatisch den ländlichen Raum zu einem ökologischen Restraum der Ballungsgebiete gemacht. Das kann ja wohl nicht sein.
(Abg. Walter GRÜNE: Ja sag mal! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Sollen wir jetzt Autobah- nen als Naturschutzgebiete ausweisen?)
Wenn es um die Frage von gleichwertigen Entwicklungen in Ballungsräumen und in ländlichen Räumen geht, dann ist das ein Thema. Bei 10 % – nehmen wir nur das Biotopverbundsystem –, heruntergebrochen auf 60 % der Fläche ländlicher Räume in Baden-Württemberg, kommen wir schon auf ganz andere Prozentzahlen. Dann werden Entwicklungsmöglichkeiten stark eingeschränkt.
Das wollen Sie nicht wahrhaben; das weiß ich. Beispielsweise in Oberschwaben gäbe es natürlich durchaus Probleme.
Ja, das bewegt einen wirklich. – Herr Kollege Hauk, Sie haben uns vor diesen 10 % Biotopverbund gewarnt. Können Sie mir sagen, wie viel da noch zu 100 % fehlen und welches der größere Anteil ist, wo dann die Natur geschützt ist und wo sie nicht geschützt ist?
Herr Kollege Walter, bei Ihren mathematischen Glanzleistungen, die Sie in der Vergangenheit schon erbracht haben, dürfte Ihnen diese Rechnung kein Problem bereiten.
Aber ich mache Ihnen auch einmal die Rechnung auf. Wenn man Landnutzung, Verkehrsnutzung, gewerbliche Nutzung etc. sowie land- und forstwirtschaftliche Nutzung zusammenzählt, ist es keine Frage der Summen – Herr Kollege, Sie haben es wirklich noch nicht begriffen –, sondern eine Frage der konkreten Lage der jeweiligen Flächen vor Ort, nämlich dann, wenn es wirklich um die Frage von strukturellen Fortentwicklungen geht.
Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung muss ich doch einmal ein Beispiel bringen. Anscheinend ist es den Kolleginnen und Kollegen noch nicht deutlich. Nehmen wir das typische Beispiel der Streuobstbestände. Die Streuobstbestände stehen halt dort, wo früher die Dörfer aufgehört haben, damit die Leute nicht so weit zu ihren Apfelbäumen zu laufen hatten. So war es halt. Wenn sich Dörfer weiterentwickeln wollen, geht es natürlich automatisch in diese Streuobstbestände. Da spielt es gar keine Rolle, welche Prozentanteile die haben, sondern die Frage ist doch die: Wie schaffen wir es, vernünftig Korridore für Naturnutzung und Naturschutz einerseits und Fortentwicklung andererseits zu finden? Das schaffen wir nicht, indem wir Dinge statisch überstülpen und Schutzgebiete ausweisen, die statisch bestehen und ein für allemal ausgewiesen sind, sondern da brauchen wir Flexibilität, und diese Flexibilität ist bei Herrn Trittin nicht vorhanden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss mich zunächst ein wenig mit Ihnen befassen, Herr Hauk. Bei all dem, was Sie sagen, bekommt man immer den fatalen Eindruck, als ob Sie, wenn Sie von Naturschutz reden, einen Bauernhof sähen, der von mit Pfeil und Bogen bewaffneten wild gewordenen Naturschützern umstellt sei.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Hauk CDU: Das habe ich gar nicht ge- sagt!)
Es ist doch ganz klar, dass Naturschutz und Landwirtschaft zusammengehören. Das sagen wir schon ewig und drei Tage.
Jetzt komme ich zu der Fassung des Bundesnaturschutzgesetzes. Dort geht es darum, genau dieses Verhältnis von Landwirtschaft und Naturschutz zu klären, und zwar durch rahmenrechtliche Vorgaben. Aber Sie können doch jetzt nicht kommen und sagen, dies geschehe so, dass wir in die Eigentumsrechte der Landwirte eingreifen und sie auf kaltem Wege enteignen würden.
sich fortlaufend vor den Karren der Landwirtschaftsverbände spannen zu lassen; sonst werden wir diese Konflikte ewig in die Zukunft hineintragen.
Wenn Sie einen Professor Golter zu diesem Thema hören, wird er von „ökologischem Blödsinn“ daherreden. Das haben wir doch meines Erachtens hier im Parlament längst überwunden. Wir sagen: Naturschutz, Verwaltung und Landwirtschaft arbeiten zusammen. Dabei gibt es im Übrigen auch eine Chance, wenn nachher das Bundesnaturschutzgesetz umgesetzt werden muss. Deswegen möchte ich Ihnen erneut widersprechen, Herr Hauk. Sie haben gesagt, dieses neue Gesetz biete gar keine Perspektiven für den Naturschutz. Selbstverständlich bietet es Perspektiven, sogar in mehrfacher Hinsicht. Ich nehme nur einmal den Biotopverbund, der mit 10 % angesetzt ist, als Beispiel. Sie haben nichts davon gesagt, dass hier vorgesehen ist, Kernflächen, Verbindungsflächen und Verbindungselemente zusammenzuführen, und zwar auf der Gesamtfläche der Bundesrepublik Deutschland. Sie können sich jetzt schon vorstellen, was es für unsere Landesnaturschutzverwaltung bedeutet, wenn dies auch noch über Natura 2000 hinaus gemacht werden soll.
Herr Kiefl, ich sage ausdrücklich: Auch da sind wir auf die Landwirtschaft angewiesen. Wir wollen das mit ihr zusammen machen, weil nur über verschiedene Nutzungen und verschiedene Nutzungsgrade unserer Fläche ein solches Konzept überhaupt gewährleistet sein kann. Deswegen bitte ich Sie um alles in der Welt, endlich einmal Ihre Speerspitze gegen Naturschutz wegzunehmen und eine integrierte Haltung einzunehmen.
Meine Damen und Herren, wir haben eine sehr gute Naturschutzverwaltung in Baden-Württemberg. Sie ist nur zu klein. Die Verwaltung ist qualitativ hervorragend besetzt. Sie ist aber zu klein. Deswegen muss sie gestärkt werden.
Wir sollten gemeinsam die Aufgaben angehen, anstatt jetzt schon wieder für Fronten zu sorgen, die gute Ansätze nur zerstören können.
Meine Damen und Herren, ich begrüße auf der Besuchertribüne sehr herzlich die Preisträgerinnen und Preisträger, die beim 43. Schülerwettbewerb des Landtags zur Förderung der politischen Bildung mit ihren Arbeiten einen ersten Preis gewonnen haben. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt und interessante Gespräche.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Naturschutzpolitik bleibt spannungsgeladen. Deswegen will ich das Angebot der Freundschaft mit der SPD nicht so vorschnell annehmen. Wer weiß, wie lange es halten kann.