Die CDU hatte sich leider von dieser allgemeinen Zustimmung abgekoppelt. Ein schönes Beispiel stand im „Mannheimer Morgen“. Dort hieß eine Überschrift: „Alle jubeln, nur die Union nicht“. Wenn man die einzelnen Stellungnahmen nimmt, die gerade aus der CDU gekommen sind, dann findet man es sehr bedenklich, dass das Präsidium der Union festgestellt hat – Herr Reinhart, ich zitiere –:
Dieses Programm ist für die Union nicht zustimmungsfähig, weil es Notwendigkeit und Instrumentarien einer Zuwanderungsbegrenzung eklatant vernachlässigt.
Ministerpräsident Müller hat sogar gesagt, dass seine Partei die Zuwanderungsfrage gegebenenfalls im Bundestagswahlkampf 2002 thematisieren werde. Meine Damen und Herren, ich kann nur davor warnen –
da schließe ich mich dem Kollegen Pfister voll an –, eine solche Frage im Wahlkampf zu thematisieren.
Innenminister Schäuble hat sich differenzierter geäußert – das räume ich ein – als das CDU-Präsidium in seiner Stellungnahme. Bei dem Kollegen Heinz bin ich heute nicht ganz schlau geworden: Ist die CDU nun bereit, auf der Basis dieses Zuwanderungsberichts aktiv mitzuarbeiten, oder nicht?
(Abg. Drexler SPD: So ist es! – Abg. Schmiedel SPD: Die haben noch nie mitgearbeitet! – Abg. Bebber SPD: So ist er halt, der Heinz!)
Notwendig und erforderlich ist – der Beifall von Herrn Schneider an der falschen Stelle zeigt dies –, dass wir hier im Hause einen gemeinsamen Konsens herstellen
und dass insbesondere die Regierung ihre Aufgabe übernimmt, positiv an einer Zuwanderungskonzeption mitzuarbeiten; denn auch im Bundesrat ist eine Mehrheit erforderlich, und dazu kann die Stimme Baden-Württembergs von entscheidender Bedeutung sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer hätte sich die Diskussion, die wir heute über Einwanderungspolitik führen, vor einem Jahr vorstellen können? In diesem Land hat sich Unglaubliches getan. Vor Jahren haben die Grünen das schon gesagt. Sie sind dafür ordentlich geprügelt worden. Inzwischen sagt das die Regierungskommission unter Leitung von Frau Süssmuth. Das sagt auch die Müller-Kommission, und es sagen die SPD und die FDP: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Und das ist gut so.
Das ist nicht nur die Anerkennung einer alten Tatsache, sondern das ist auch das Eingeständnis, dass wir in Zukunft ein Einwanderungsland sein werden. Dies nehmen wir nicht nur hin, sondern wir wissen, dass wir die Einwanderung brauchen, um unseren Wohlstand zu sichern.
Das ist ein ganz beachtlicher Perspektivenwechsel, der hier vollzogen wurde, den man gar nicht hoch genug schätzen kann. Erst mit diesem Perspektivenwechsel wird der Weg frei gemacht für eine Gestaltung des Einwanderungsprozesses und, was genauso wichtig ist, für eine aktive Förderung der Integration. Auch das ist gut so.
Weniger gut ist – da wundere ich mich heute Morgen ein bisschen über die Reden, die von Herrn Pfister und von Herrn Heinz gehalten wurden –:
Es gibt bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Tönen von heute Morgen, die ich sehr begrüße, und dem, was man in der Koalitionsvereinbarung nachlesen kann, sowie auch dem, was Herr Teufel in seiner Regierungserklärung gesagt hat.
Die Linie der Landesregierung ist nach wie vor weitgehend unbeeindruckt von den neuen Einsichten, die es auf Bundesebene gibt.
In den Äußerungen, die wir vor wenigen Wochen hier gehört haben, herrschte der alte Geist vor. Da herrschte der Geist vor, der „Zuwanderung“ nicht aussprechen kann, ohne „Begrenzung“ zu nennen, und der Geist, der „Asyl“ nicht buchstabieren kann, ohne von Missbrauch zu reden.
Letztendlich wird die Zuwanderung von Ihnen nach wie vor als eine Zumutung und als eine Gefahr, die man eindämmen muss, behandelt.
Zum Glück liegen die Erklärungen ja schriftlich vor. Sie können das alles nachlesen; ich habe das auch getan.
(Abg. Pfister FDP/DVP: Aber in der Koalitions- vereinbarung steht das nicht, Frau Kollegin! – Ge- genrufe von der SPD)
Ich möchte zunächst darauf zurückkommen, was der neue Konsens ist, der sich im Bund andeutet. Es ist tatsächlich ein grundlegender Umschwung festzustellen, der eine breite Basis dafür abgibt, einen neuen Konsens zu entwickeln. Der neue Grundkonsens besteht meines Erachtens aus drei Punkten:
Zweitens: Wir stellen uns unserer humanitären Verantwortung. Wir bleiben unverändert bei dem Anspruch, dass Menschen bei uns vor Verfolgung und vor Bürgerkriegen Schutz finden.
Und drittens: Diese beiden Säulen der Einwanderung verrechnen wir nicht in unzulässiger Weise miteinander und verquoten sie auch nicht in einer Gesamtquote.
An diesem Punkt muss ich auch Ihnen von der FDP sagen: Das Konzept, das die FDP vorgelegt hat, ist das einzige, das an der Idee festhält, man könne Flüchtlinge mit Fachkräften aus der Wirtschaft zu einer Quote zusammenrechnen.
Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen – so habe ich Sie, Herr Heinz, heute Morgen auch verstanden –, wenn es in der CDU genügend Kräfte gäbe, die sich der Parteikollegin Süssmuth und dem Kollegen Müller anschließen. Ich glaube tatsächlich, auf dieser Grundlage könnte man zu einer gemeinsamen Regelung kommen,
Auf dem Weg dahin muss man zwei Versuchungen widerstehen. Die eine Versuchung ist, die Arbeitslosen gegen die Zuwanderer auszuspielen. Manchmal habe ich auch den Eindruck, aus der SPD ähnliche Töne zu hören