Protocol of the Session on November 11, 2004

Das Zweite: Sie tun meine Überlegungen ab und sagen, Zweitstimmen hätten mit Parteien usw. überhaupt nichts zu tun, sagen aber trotzdem, Sie wollten eine kleine Landesliste, für die immerhin 20 Bewerber vorgesehen werden sollen. Ich sage noch einmal: Wir bleiben dabei: Dieses personenbezogene Einstimmenwahlrecht ist das bürgernächste Wahlrecht, das es überhaupt gibt,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

das Wahlrecht mit dem höchsten Einfluss des Bürgers.

Meine Damen und Herren, wir in der CDU nehmen in diesen Tagen zu Recht die Basis beim Wort. Wir sollten sie auch im Wahlverfahren beim Wort nehmen und sie nicht über das Wahlrecht heimtückisch entmündigen, wie Sie das vorhaben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Widerspruch bei der SPD – Lachen des Abg. Birzele SPD)

Meine Damen und Herren, ein Letztes noch zum Thema Wahlkreisgröße. Ich sage Ihnen ganz offen, Herr Kollege Oelmayer:

(Abg. Döpper CDU zu Abg. Oelmayer GRÜNE: Jetzt aufpassen!)

Da wären wir ganz schnell fertig. Wenn Sie wollen, dass wir innerhalb kurzer Zeit, meinetwegen innerhalb von vier Wochen, eine Regelgröße von 100 % hinbekommen, sage ich Ihnen zu, dass wir das in der CDU-Fraktion locker und leicht erreichen werden. Die Widerstände in diesem Haus, Herr Kollege Oelmayer, kommen von ganz woanders. Und ich sage Ihnen auch: Scheinheilige Veranstaltungen mache ich in diesem Zusammenhang nicht mit. Deshalb sollte man die Dinge sauber angehen,

(Beifall bei der CDU)

wie wir sie besprochen haben. Ich bitte alle, dabei so fair zu bleiben, dass auch wir fair bleiben können. Sonst legen wir einmal die Karten auf den Tisch.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Stickelberger SPD: Oh, oh, oh!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Birzele.

(Abg. Röhm CDU: Bitte kurz! – Weitere Zurufe von der CDU)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe jetzt Ihren Satz nicht ganz verstanden, Frau Kollegin Berroth,

(Abg. Fischer SPD: Das macht nichts!)

und frage noch einmal nach, damit Sie mich nicht der Unaufmerksamkeit zeihen: Sind Sie jetzt für oder gegen das Zweistimmenwahlrecht?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ich habe ge- sagt, das entspricht nicht der direkten Demokratie! Das war meine persönliche Meinung!)

Sie sagen, das entspreche nicht der direkten Demokratie. Dann muss ich feststellen – Herr Kollege Noll wird das bestätigen –, dass die FDP/DVP-Fraktion in der Vergangenheit immer gegen die direkte Demokratie gehandelt hat. Denn der Vorschlag – Ehre, wem Ehre gebührt –, das Zweistimmenwahlrecht im Landtagswahlrecht von Baden-Württemberg einzuführen, stammt von der FDP/DVP-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Unruhe – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ich habe deut- lich gesagt, dass das meine persönliche Meinung ist! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Von der Fraktion gibt es keine Beschlusslage!)

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Nein! Von der Partei!)

Ich weise Ihnen das nach. Ich bin bereit, darüber auch eine Wette mit Ihnen einzugehen.

Weshalb der Kollege Hauk von „heimtückisch“ spricht und behauptet, der Bürger habe die größte Wahlmöglichkeit, wenn er nur eine Stimme hat, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das müssen Sie einmal erklären. Wenn der Bürger die Möglichkeit hat, die Direktkandidatin oder den Direktkandidaten zu wählen, weil ihn die jeweilige Person als Persönlichkeit besonders überzeugt, dagegen aber bei der Partei eine andere Wahl treffen kann, hat er mehr Wahlmöglichkeiten und nicht weniger. Wenn Sie also Bürgerbezogenheit herstellen wollen, dann müssen Sie richtigerweise ein Zweistimmenwahlrecht einführen.

Zu der Frage der Größe der Wahlkreise und der Aussage, mit einer Zahl von 130 000 Wahlberechtigten sei eine Bürgerbezogenheit nicht mehr gegeben, frage ich den sehr geschätzten Kollegen Rückert, der in einem solchen Wahlkreis ist:

(Abg. Hauk CDU: Im Durchschnitt! Wir reden doch vom Durchschnitt!)

Machen Sie eine gute, bürgerbezogene Arbeit, oder nicht? Ist Ihnen das möglich, oder ist Ihnen das nicht möglich? Die Antwort sehe ich Ihrem Gesicht an. Ich traue ihm das zu, wie meiner Kollegin Kipfer auch. Selbstverständlich ist das möglich. Die Zahl der Abgeordneten soll doch nicht reduziert werden,

(Abg. Hauk CDU: Doch!)

sondern es soll die Verteilung geändert werden. Wir wollen die Regelsitzzahl von 120 beibehalten. Wenn Sie der Meinung sind, wir sollten mehr Abgeordnete einführen, weil das Land größer wird, dann lassen Sie uns darüber diskutieren. Das ist hier doch nicht der Punkt.

Damit das Wort „Scheinheiligkeit“ einmal aufgegriffen wird: Der Kollege Oettinger soll uns doch einmal seine Berechnungen vorlegen. Dann hätten wir eine prima Ausgangsbasis dafür, wie wir die Wahlkreise einteilen sollten. Er behauptet, er habe solche Berechnungen.

(Abg. Oettinger CDU: Ja! – Abg. Gall SPD: Zahlen auf den Tisch! – Abg. Fischer SPD: Der Kollege Hauk hat gesagt, er lege die Karten auf den Tisch!)

Auch da gehe ich die Wette ein, dass er sie nicht hat.

Aber der entscheidende Punkt ist doch ein ganz anderer, und da ist die CDU-Fraktion berührt. Da lähmt die nicht entschiedene Nachfolgefrage natürlich Entscheidungen, weil sich niemand in der Fraktion mit Kollegen anlegen will. Die entscheidende Notwendigkeit ist, die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren, nämlich auf höchstens 60 – wenn man anderes noch zusätzlich einführen will, dann noch weniger. Unser Vorschlag ist, auf 50 zu reduzieren; aber es sollten höchstens 60 sein. Und dann, Herr Kollege Oettinger, sind sehr wohl Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen tangiert. Deshalb sind Sie, zumindest derzeit, in dieser Frage nicht entscheidungsfähig.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Ich hoffe, dass die CDU-Fraktion bis zur nächsten Sitzung des Ständigen Ausschusses – zu diesem Zeitpunkt wird die Mitgliederbefragung ja abgeschlossen sein – in neuer Entscheidungsfähigkeit und Entscheidungsbereitschaft erstarkt und wir im Ständigen Ausschuss eine vernünftige Lösung erreichen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Gesetzentwurfs und der Anträge. Ich schlage vor, dass wir sowohl den Gesetzentwurf als auch die beiden Anträge an den Ständigen Ausschuss überweisen. – Sie stimmen der Überweisung zu. Es ist so beschlossen.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:15 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:15 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:15 Uhr)

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Fragestunde – Drucksache 13/3722

Ich rufe die Ziffer 1 auf:

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. G u s t a v - A d o l f H a a s S P D – M e h r w e r t s t e u e r n a c h e n t r i c h t u n g f ü r L a n d e s b e t r i e b e , d i e i m Z u g e d e r V e r w a l t u n g s r e f o r m i n d i e L a n d r a t s ä m t e r e i n g e g l i e d e r t w e r d e n

Herr Abg. Haas, Sie haben das Wort zur Verlesung Ihrer Mündlichen Anfrage.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung:

a) Trifft es zu, dass das Land Baden-Württemberg im Zuge der Eingliederung des Landesbetriebs Vermessung in die 35 Landkreise Mehrwertsteuer in einer Größenordnung von ca. 1 Million € für frühere, nunmehr mehrwertsteuerpflichtige Anschaffungen nachentrichten muss?

b) Bei welchen weiteren im Zuge der Verwaltungsreform für die Eingliederung vorgesehenen Landesbetrieben ist mit Mehrwertsteuer-Nachentrichtungen zu rechnen und gegebenenfalls in welcher Höhe?

Es ist nur ein einziges Mitglied der Regierung anwesend. Herr Staatssekretär Hillebrand, fühlen Sie sich in der Lage, diese Anfrage für die Landesregierung zu beantworten?