Ich darf Ihnen zunächst zu Tagesordnungspunkt 5, der vorgezogen wurde, das Ergebnis der Wahl des Vorstands der Landesanstalt für Kommunikation bekannt geben:
Insgesamt wurden 116 Stimmzettel abgegeben. Herr Sascha Bakarinow erhielt 52 Stimmen, Herr Thomas Langheinrich 63 Stimmen, Frau Birgit Rapp-Zeiser null Stimmen. Außerdem gab es noch eine Enthaltung. Es wurde keine Neinstimme abgegeben. Damit hat kein Bewerber die vom Landesmediengesetz vorgeschriebene Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags erreicht. Es ist deshalb eine erneute Wahl notwendig.
(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Das ist komisch! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Das ist nicht ko- misch!)
a) Aktuelle Debatte – Bürgerschaftliches Engagement vor neuen Herausforderungen – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen in Baden-Württemberg – Drucksache 13/2909
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für diese Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Sie wissen, dass darauf die Redezeit der Regierung nicht angerechnet wird. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Reden in der zweiten Runde gilt eine Redezeit von jeweils fünf Minuten. Ich betone, dass die Redezeiten nicht insgesamt beim ersten Redebeitrag in Anspruch genommen werden dürfen. Ich bitte die Mitglieder der Landesregierung, sich ebenfalls an den vorgegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße die Mitglieder der Landesregierung und freue mich über die Aufmerksamkeit der Anwesenden.
Ich wollte Ihnen gerne sagen, dass wir vonseiten der FDP/ DVP mit dieser Debatte heute ein Thema aufgreifen und auch anstoßen wollen, das unserer Meinung nach in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Diskussion gestellt werden muss und das an Bedeutung zunehmen wird, weil wir uns mitten in einer Phase befinden, in der die Bürgerinnen und Bürger längst erkannt haben, dass der allzuständige
Staat die Aufgaben, die man ihm über Jahre aufgetragen hat, überhaupt nicht mehr schultern kann und dass es deswegen darauf ankommt, Abschied von der Vorstellung zu nehmen, dass der Staat für alles und jeden zuständig sein kann. Es wird erfreulicherweise auch immer mehr erkannt, dass dieser allzuständige Staat im Kern zu einer Entmündigung der aufrichtigen Bürgerinnen und Bürger in dieser Gesellschaft führt.
Dieser Entmündigung gilt es dadurch entgegenzuwirken, dass wir eine Abkehr von diesem Sozialstaat, den man über Jahre lieb gewonnen hat, der wert und teuer ist, aber längst nicht mehr bezahlt werden kann, anstreben und dass man sich zu einer Bürgergesellschaft im positiven Sinne hinwendet.
Bürgergesellschaft im positiven Sinne bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger freiwillig immer mehr dazu bereit sind, Verantwortung für ihr unmittelbares Umfeld zu übernehmen, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gesteigert werden, aber damit auch eine Zunahme der Pflichten der Bürgerinnen und Bürger einhergeht.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass auch die meisten Bürgerinnen und Bürger in unserer Gesellschaft bereit sind, sich an dieser Bürgergesellschaft zu orientieren, weil sie sich nach Umfragen und nach vielen vorliegenden Erkenntnissen dazu bereit erklären, Aufgaben zu übernehmen, von denen man längst weiß, dass sie der Staat gar nicht mehr so umfassend schultern kann. Dieses bürgerschaftliche Engagement gilt es zu fördern und zu unterstützen.
Das Fördern und Unterstützen von bürgerschaftlichem Engagement muss aber in Teilen auch damit einhergehen, dass sich der Staat von Aufgaben zurückzieht, die er nicht übernehmen kann und auch nicht mehr übernehmen soll.
Das bedeutet meiner Meinung nach eine Rückkehr der Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Staat, zu ihrem Gemeinwesen. Man könnte auch sagen, dass durch bürgerschaftliches Engagement tagtäglich die Bindekräfte der Gesellschaft erneuert werden. Ich bin froh darüber, dass die Grünen ihren Antrag mit „Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen...“ überschrieben haben und nicht mit „Corporate Citizenship“.
Das Wirtschaftsministerium hat – natürlich – einen unglaublich guten Antwortkatalog erarbeitet – Sie sollten einmal schauen, wer ihn unterschrieben hat –,
aber es wäre doch zu wünschen gewesen, dass das Wirtschaftsministerium wenigstens den Hinweis darauf gegeben hätte, dass man diese Corporate Citizenship viel besser mit
Es reicht nicht aus – und es ist auch der falsche Weg –, zu meinen, man sollte das traditionelle Ehrenamt immer mehr und zusätzlich belasten. Das wird nicht der richtige Weg sein. Es muss vielmehr ein allumfassendes bürgerschaftliches Engagement geben. Man muss den Leuten auch das Recht geben, nach einer gewissen Zeit wieder loszulassen; sie müssen sich nicht auf Jahre und Jahrzehnte verpflichtet fühlen. Sie müssen das Recht haben, auch wieder loszulassen, wie es auch zunehmend in der Wirtschaft geschieht, damit für die Gesellschaft projektorientierte Unterstützung gewährleistet ist, die wir dringend brauchen.
Ich meine, dass Herr Berthold Leibinger vor wenigen Tagen in einem Interview in Richtung der Manager genau das Richtige gesagt hat: Es kann nicht das Lebensziel sein, sein Handicap beim Golf zu verbessern,
sondern man muss das, was man in seinem allgemeinen Lebenslauf an Reichtümern und Gütern in jeder Beziehung mitbekommen hat, der Gesellschaft auch wieder zur Verfügung stellen.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Capezzuto SPD: Schön abgelesen! Ich habe es ge- sehen! Mehr abgelesen als früher!)
Wir haben eine Aktuelle Debatte. Das Präsidium hat die äußerst schwierige Rechtsfrage, ob bei einer Aktuellen Debatte auch dann entsprechend der üblichen Reihenfolge verfahren wird, wenn zusätzlich ein Antrag auf die Tagesordnung gesetzt wird, bisher noch nicht entschieden. Ich verfahre in der üblichen Reihenfolge der Aktuellen Debatte.
(Abg. Kübler CDU: Das ist auch gut so! – Abg. Blenke CDU: Das hat sich schon bewährt! Das ist eine bewährte Tradition!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich denke, der Ansatz, den Sie mit dem Antrag und der Aktuellen Debatte eingebracht haben, ist sehr ehrenwert. Wir müssen, wenn wir uns über bürgerschaftliches Engagement unterhalten, aber aufpassen, dass wir bürgerschaftliches Engagement nicht als Lückenbüßer für leere Kassen verwenden.
dass wir sehr viele Leute haben, die ehrenamtlich engagiert sind. Ich denke, wir sollten ihnen, wo es uns irgend möglich ist, auch in Zukunft Unterstützung anbieten.
Es darf nicht sein, dass das Ehrenamt im Grunde genommen – ich kann das nur noch einmal unterstreichen – eine in Zeiten knapper Kassen abrufbare Ressource ist. Wir müssen ferner daran arbeiten, dass auch Elemente bürgerschaftlichen Engagements, die absolut unbezahlbar sind, wie Mitmenschlichkeit, aber auch Nächstenliebe und Solidarität, in Zukunft erhalten bleiben. Unsere Aufgabe in der Politik sehe ich darin, dass wir Wege für bürgerschaftliches Engagement aufzeigen, vorhandene Hindernisse beseitigen, Wege zur Qualifikation ebnen sowie den Versicherungsschutz für viele bürgerschaftlich Engagierte verbessern.
Wenn wir für das bürgerschaftliche Engagement nach neuen Kräften suchen, dann sollten wir wegen der demografischen Entwicklung auch nicht unsere vielen rüstigen, zum Teil hoch qualifizierten Rentner und Pensionäre vergessen. Sie können sich in Zukunft sehr wohl in vielen Bereichen noch mehr einbringen.