Protocol of the Session on November 10, 2004

Deswegen kann ich keinen Minister auffordern, sich mit derartigen Forderungen zurückzuhalten. In dem Anliegen der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer bestand, wie ich meine, in früheren Jahren in diesem Haus auch einmal Übereinstimmung. Mit der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer würde erreicht werden, dass die Arbeit von 4 000 bis 6 000 Bediensteten des öffentlichen Dienstes wegfällt. Dadurch könnten wir wirklich eine Einsparung erzielen, eine Verwaltungsreform machen, wie man sie sich nur wünschen kann.

Aber auch hier geht es um die Deckung. Selbstverständlich brauchen wir im Falle der Abschaffung der Kraftfahrzeugsteuer einen Anteil an der Mineralölsteuer, der dem Aufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer entspricht, oder eine Ersatzsteuer, die qualitativ und quantitativ geeignet ist, uns die Erfüllung der Aufgaben, für die wir als Land das Kraftfahrzeugsteueraufkommen einsetzen, zu ermöglichen. Solange ein entsprechender Ersatz nicht angeboten wird, halten wir selbstverständlich an der Kraftfahrzeugsteuer fest – das ist ein klarer Fall –,

(Abg. Drexler SPD: Eben!)

da wir das Aufkommen zwingend brauchen.

Herr Kollege Kretschmann hat gegen Ende seiner Ausführungen – sonst bestand völlige Übereinstimmung – ein paar Punkte angesprochen, zu denen ich klar Stellung beziehen möchte.

Herr Kretschmann sagte, die Grundsätze des Berufsbeamtentums nach Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes, zu denen ich mich in der Föderalismuskommission und vorhin auch in meiner Regierungserklärung bekannt habe, sollten doch wenigstens verschlankt werden. Ich kann nur sagen: Wenn wir im Land bei den Tarifangestellten die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten wie bei den Beamten hätten, dann ginge es uns erheblich besser. Wir haben bei den Beamten Möglichkeiten genutzt, die wir bei den Angestellten und Arbeitern bis zur Stunde nicht haben. Ich kann mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums leben und damit eine moderne Verwaltung gestalten.

Dass diese Bestimmung aus der Weimarer Verfassung übernommen worden sei, ist kein Argument für deren Abschaf

(Ministerpräsident Teufel)

fung. Nicht alles, was in der Weimarer Verfassung stand, ist falsch. In anderen Bereichen hat sich der Parlamentarische Rat ausdrücklich zur Weimarer Verfassung bekannt und hat sogar wortgleich Artikel der Weimarer Verfassung in das Grundgesetz übernommen, beispielsweise zum Verhältnis zwischen Staat und Kirche, wo dem Grundgesetzgeber bisher nichts Besseres eingefallen ist als das, was in die Weimarer Verfassung hineingeschrieben worden ist.

Der nächste Punkt: Kultusministerkonferenz. Wir brauchen eine Kultusministerkonferenz. Ob sie mit „Kultusministerkonferenz“ bezeichnet werden sollte, ist eine ganz andere Frage. Aber wir brauchen für die Aufgaben, die Sie genannt haben, eine Kultusministerkonferenz auf der Basis eines Staatsvertrags. Alle 16 Ministerpräsidenten waren sich einig, dass wir jetzt die Reformvorschläge der von der Kultusministerkonferenz selbst eingesetzten Kommission, die bis zum Ende dieses Jahres vorliegen sollen, abwarten sollten. Dann ist die Ministerpräsidentenkonferenz dran, zu handeln.

Sie wissen, dass ich die Dimension, die Aufgabenfülle und den Apparat der Kultusministerkonferenz in quantitativer Hinsicht immer für überzogen gehalten habe. Deswegen bin auch ich an einer Reform der Kultusministerkonferenz interessiert. Aber wir brauchen die Kultusministerkonferenz.

Herr Kretschmann, Sie haben gesagt, der Langsamste dürfe nicht das Tempo bestimmen. Das klingt hervorragend. Aber wenn 16 souveräne Länder, deren Landtage und Landesregierungen die Kompetenz in der Bildungspolitik haben, sagten, der Langsamste dürfe nicht das Tempo bestimmen, würden sie sich dem Mehrheitsprinzip unterwerfen. Ich gehe jedoch nicht davon aus, dass wir unsere Bildungspolitik durch eine Mehrheit der Länder in der Kultusministerkonferenz bestimmen lassen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Also kann der Satz so nicht gelten. Vielmehr müssen wir versuchen, möglichst viele Aufgaben originär hier im Parlament, in der Regierung und in unserer Verwaltung zu entscheiden. Bei den Aufgaben, für die wir zwingend eine Abstimmung brauchen, wird aber weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip gelten müssen. Andernfalls würden wir die Souveränität aufgeben.

Ich komme zum letzten und zu einem sehr wichtigen Punkt: zu dem, was Sie „Europatauglichkeit“ nennen. Herr Kollege Kretschmann, das Außenministerium unter der damaligen Führung eines FDP-Ministers, den ich ganz außerordentlich schätze – ich sage bewusst nicht „der Minister“, sondern „das Außenministerium“ –, hat sich vor der Verabschiedung des Maastrichter Vertrags genauso gegen Artikel 23 des Grundgesetzes entschieden und sich gegen die Mitwirkungsrechte der Länder in Europa gewandt, wie es heute bei der Argumentation des Außenministeriums unter einem anderen Minister der Fall ist. Ich kann mich nur wiederholen: Der Hauptpunkt, den wir in 50 Jahren bei Gegenverkehr erreicht haben – sonst gab es nur Einbahnstraßenverkehr vonseiten der Länder zum Bund –, ist der Artikel 23 des Grundgesetzes. Auf dieser Basis habe ich im Europäi

schen Konvent sehr viel erreichen können: eine Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen Parlamente – also auch durch den Bundesrat –, ein Klagerecht der Länder, wenn das Subsidiaritätsprinzip und die Kompetenzordnung verletzt sind. Ich möchte nicht, dass wir das, was wir vor zehn Jahren und was wir jetzt im Europäischen Verfassungskonvent erreicht haben und was auch im Verfassungsentwurf der Regierungskonferenz steht, jetzt zum Gegenstand der Verhandlungen machen.

Ich kann nur sagen – Sie waren dabei –: Auch auf mehrfaches Befragen hin hat mir kein Mensch sagen können, wo das bisher nicht funktioniert hat. Im Gegenteil, andere Länder haben uns das nachgemacht, beispielsweise Belgien, das eher noch einige Schritte weiter als Deutschland gegangen ist.

Ich kann nur sagen: Die Interessenvertretung der Bundesrepublik Deutschland in Brüssel ist in vollem Umfang gewährleistet, und zwar durch die Bundesregierung. Es ist schlimm, dass es nicht zu einem Gesetzgebungsrat kommt, sondern dass für europäische Gesetzgebung im Ministerrat auch weiterhin für Deutschland immer nur der jeweilige Fachminister verantwortlich ist. Das hat der Konvent vorgeschlagen, und das hat die Regierungskonferenz bei ihrer ersten Sitzung in Rom, als sie sich über nichts anderes einig war, als Allererstes gekippt. Daher wird es weiter so sein, dass Ministerkonferenzen – die Agrarministerkonferenz, die Verkehrsministerkonferenz, die Umweltministerkonferenz, die Innenministerkonferenz – von jetzt 25 Staaten jeweils Gesetzgeber spielen. Bis die Verfassung verabschiedet ist, sind sie gegenwärtig alleiniger Gesetzgeber. Danach haben sie gleiches Gewicht wie das Europäische Parlament. All das, was ein Minister in seinem heimischen Kabinett nicht durchsetzen kann, weil es dort noch einen Kanzler, einen Finanzminister, einen Wirtschaftsminister gibt, versucht er dann in Brüssel durchzusetzen und es über europäisches Recht in nationales Recht zu bringen. Das ist ein großer Nachteil.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich muss sagen: Wir vonseiten der Länder dürfen nicht weitere Dinge aufgeben, wenn wir in Europa beachtet werden wollen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Ministerpräsident, man muss sich über zwei Bereiche noch einmal ausführlich unterhalten. Ich kann aus allen Protokollen der Steuerkommission, in der ich vertreten war, nicht erkennen, dass das, was Sie gesagt haben – –

(Der Ministerpräsident übergibt dem Redner ein doppelseitig bedrucktes Blatt Papier. – Minister- präsident Teufel: Lesen Sie es selbst vor! Dann brauche ich es nicht vorzulesen! Ich habe es sogar unterstrichen! – Heiterkeit – Beifall bei Abgeord- neten der CDU und des Abg. Theurer FDP/DVP)

Das ist aber nicht das Protokoll der Finanzausschusssitzung, die wir gehabt haben, sondern das ist irgendwo herausgezogen. Im Protokoll der Finanzausschusssitzung steht lediglich drin – –

(Zurufe von der CDU)

Das ist doch nicht das Protokoll der Ausschusssitzung. Das kann ich Ihnen auch vorlesen. Da steht etwas anderes drin.

Der Bund ist bereit, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz plus den sozialen Wohnungsbau zu übertragen; das sind 2 Milliarden €. Das ist aber bisher nicht mit dem Bundesfernstraßenbau gekoppelt.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Es gibt eine Aussage, die eine Kopplungsmöglichkeit zulässt; aber tatsächlich will ja der Bund uns die beiden anderen Bereiche unabhängig vom Bundesfernstraßenbau übertragen. Insofern komme ich nicht zu dem Schluss, den Sie gezogen haben. Wenn das aber so ist, dann muss man das noch einmal im Finanzarbeitskreis behandeln. Ich würde das natürlich auch nicht annehmen – das ist ja klar –, wenn der Bund nicht die Mittel, die er bisher zum Bundesfernstraßenbau gegeben hat, den Ländern zuteilt.

Jetzt noch einmal zur Kfz-Steuer. Wenn Sie der Auffassung sind, dass wir die Kfz-Steuer an den Bund geben können, dann könnten wir ja den Tausch machen, dass dann die Länder die Versicherungsteuer zu 100 % bekommen. Wenn klar ist, dass die Versicherungsteuer europafest ist, wäre das eine gute Lösung, weil vom Steueraufkommen die gleich hohe Summe den Ländern zur Verfügung gestellt wird. Ich sage Ihnen aber: Ich würde dieser Sache nur dann zustimmen, wenn der Bund uns verspricht, dass er dann die Kfz-Steuer abschafft und diese in der Mineralölsteuer aufgeht. Nur dann macht es Sinn. Es macht keinen Sinn, eine 100-prozentige Ländersteuer dem Bund zu geben, wenn er diese nachher weiter betreibt und wir dann keine personelle Entlastung haben. Aber wenn wir uns darauf einigen könnten, dass wir die Versicherungsteuer, wenn sie EU-fest ist, zum Tausch gegen die Kfz-Steuer übernehmen, dem Bund die Kfz-Steuer geben und der Bund verspricht, dass er sie dann auch abschafft und wir dann Hunderte von Steuerbeamten freisetzen, dann wäre das ein guter Kompromiss. Da könnten wir dann auch mitmachen, wenn das dann zu diesem Ergebnis führt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir haben jetzt noch über den interfraktionellen Antrag Drucksache 13/3727 zu befinden. Sie stimmen diesem Antrag zu. – Kein Widerspruch; dann ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, dass wir jetzt noch vor der Mittagspause Punkt 5 aufrufen:

Wahl des Vorstands der Landesanstalt für Kommunikation

Meine Damen und Herren, die Amtszeit des derzeitigen Vorstands der Landesanstalt für Kommunikation endete am 22. Juli 2004. Der Landtag muss deshalb den Vorstand neu wählen. Nach § 34 Abs. 1 des Landesmediengesetzes besteht der Vorstand aus einem hauptamtlichen Vorsitzenden, einem stellvertretenden Vorsitzenden und drei weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern. § 36 Abs. 1 des Landesmediengesetzes bestimmt, dass der Vorsitzende, der stellvertretende Vorsitzende und die weiteren ehrenamtlichen Mitglieder des Vorstands und für jedes ehrenamtliche Mitglied ein Stellvertreter vom Landtag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder gewählt werden. Das heißt, dass auf alle fünf zu wählenden Mitglieder des Vorstands und die vier Stellvertreter der ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder jeweils mindestens 86 Stimmen entfallen müssen.

Für die Wahl des Vorsitzenden des Vorstands liegen aufgrund der Ausschreibung drei Bewerbungen vor. Die Namen sind auf dem roten Stimmzettel für die Wahl des Vorsitzenden abgedruckt. Ich weise darauf hin, dass der Kandidat Bakarinow als Vorschlag der SPD-Fraktion angegeben ist. Die SPD-Fraktion legt Wert auf die Feststellung, dass er nicht der Kandidat der SPD-Fraktion ist.

(Abg. Drexler SPD: Nicht von uns vorgeschlagen ist! Nicht unser Vorschlag ist!)

Nicht der Vorgeschlagene.

Sie haben eine Stimme. Bitte kreuzen Sie an, wem Sie Ihre Stimme geben möchten. Sie sind bei Ihrer Wahl allerdings nicht gebunden. Sie können Namen streichen und durch andere ersetzen. Stimmzettel mit mehr als einem Kreuz müssen allerdings als ungültig angesehen werden.

Der Vorgeschlagene ist gewählt, wenn der Landtag mit zwei Dritteln seiner Mitglieder – das sind 86 – diesem Wahlvorschlag zustimmt.

Ich schlage vor, dass wir jetzt in die Wahlhandlung zur Wahl des Vorsitzenden eintreten. Falls dieser nicht die Zweidrittelmehrheit erhält, soll die Wahl der übrigen Mitglieder des Vorstands und deren Stellvertreter heute nicht stattfinden. Bitte füllen Sie nun den roten Stimmzettel aus, und werfen Sie diesen in die von den Schriftführern bereitgehaltenen Wahlurnen. Die Wahl ist eröffnet.

(Einsammeln der Stimmzettel)

Ist noch jemand im Saal, der abzustimmen wünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung.

(Lebhafte Unruhe – Abg. Alfred Haas CDU: Halt! Das war akustisch nicht zu verstehen!)

Ist noch jemand im Saal, der abzustimmen wünscht? Dann bitte ich ihn, den roten Stimmzettel in die Höhe zu halten. – Niemand mehr. Dann schließe ich jetzt die Wahlhandlung.

Das Ergebnis wird nach der Mittagspause bekannt gegeben.

Ich unterbreche die Sitzung bis 14:30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 12:32 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:31 Uhr)