Protocol of the Session on November 10, 2004

Auf diesen Hochschulverträgen bauen die Elemente der leistungsorientierten Mittelverteilung auf und darauf Zielvereinbarungen. Auch diese sind kein Instrument der Detailregelungen, sondern wir müssen Haushaltsreserven für Innovationen bilden. Wir können nicht den gesamten Hochschulhaushalt für den laufenden Betrieb zuweisen. Zielvereinbarungen dienen besonderen Innovationen, die auch wettbewerblich finanziert werden müssen. Das ist ein neues Finanzierungsmodell. Es ist ein Finanzierungsmodell, das der Autonomie dieser Institutionen und den Notwendigkeiten einer autonomen Steuerung entspricht.

Zu einem solchen Finanzierungsmodell gehört allerdings auch die Höhe der Finanzierung. Wir wissen alle – es gab gestern beim Bundesverfassungsgericht darüber eine fünfstündige Diskussion –, dass die gegenwärtige Finanzierung unserer Hochschulen, wenn wir mit ihnen weiter an die Spitze vorstoßen wollen, nicht ausreicht. Eine höhere Finanzierung – auch das wissen wir – ist aus staatlichen Mitteln nicht möglich – nicht durch eine höhere Verschuldung, und Umschichtungen müsste man erst einmal aufzeigen. Es gibt keine Spitzenhochschule in dieser Welt, die nicht einen höheren privaten Finanzierungsanteil als unsere Hochschulen hätte.

Auch deshalb gehörten Studiengebühren unmittelbar zu dieser Hochschulreform dazu. Ich sage „auch deshalb“, weil sie auch ordnungspolitische Vorteile haben: die Betrachtung eines Studiums als zum Teil von dem Studierenden selber finanziert und die stärkere Beachtung der Studierenden durch die Hochschullehrer. Auch dies wollen wir durch die Hochschulreform erreichen.

Insofern ist die Veränderung der Studienstrukturen, nämlich die Einführung der gestuften Abschlüsse, die der Wissenschaftsrat übrigens seit Jahrzehnten fordert, ebenfalls ein Element dieser Hochschulreform. Das ist übrigens ein Element, auf das sich nicht nur alle Länder der Bundesrepublik Deutschland verständigt haben, sondern auf das sich die europäischen Länder verständigt haben, um einen europäischen Hochschulraum zu realisieren.

Bis zum Jahre 2009/2010 muss die Umstellung auf gestufte Studiengänge erfolgen, wobei wir aber auch hier wieder auf eine Detailsteuerung verzichten, etwa auf Quotenregelungen im Übergang zu Bachelor und Master. Auch das muss der Strategie der einzelnen Hochschule überlassen bleiben.

Lassen Sie mich nun – nach Kurt Schumacher, Mao Tsetung, Deng Xiaoping – Konrad Adenauer zitieren.

(Zuruf von der SPD: Oh! – Beifall bei Abgeordne- ten der CDU – Abg. Pfisterer CDU: Endlich mal was Rechtes! Nach lauter linken Zitaten! – Abg. Blenke CDU: Wir haben schon an Ihnen gezwei- felt! – Abg. Carla Bregenzer SPD: Jetzt sind Sie angekommen!)

Das Gute kommt zum Schluss, wie immer.

(Abg. Dr. Vetter CDU: Dann zitieren Sie auch noch Frankenberg?)

Man kommt mir jetzt sehr nahe, danke.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich möchte dabei keine Vergleiche ziehen. Aber ich bin nur zwei Häuser weiter groß geworden; das ist schon richtig.

Konrad Adenauer hat gesagt: „Wenn zwei Menschen immer die gleiche Meinung haben, taugen beide nichts.“ Zum Glück gibt es unterschiedliche Meinungen; es gibt auch unterschiedliche Meinungen über dieses Hochschulgesetz. Wenn man ein so großes Reformgesetz vorlegt, wäre es geradezu ein Wunder, wenn es darüber nur einheitliche Meinungen gäbe.

Ich will aber einige Kritikpunkte – die zwar noch nicht geäußert worden sind,

(Abg. Pfisterer CDU: Die kommen noch!)

die ich aber dem Vernehmen nach kenne und die gleich angeführt werden – aufgreifen.

(Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der CDU: Jetzt schreibt Frau Bauer ihre Rede noch um!)

Das eine ist die angebliche Beschneidung der Rechte der akademischen Gremien, vor allem bei der wichtigsten Angelegenheit, nämlich bei Berufungen. Den Hochschulen wird in Zukunft freigestellt, über ihre Grundordnung zu regeln, wie der Fakultätsrat und der Senat bei den Berufungen zu fragen sind – ob sie Stellung nehmen oder ob sie beschließen. Warum sollten wir das regeln? Wir geben die Berufungsverfahren an die Hochschulen, und die Hochschulen haben auch darüber zu befinden, wie sie das organisieren. Wir haben Vertrauen in die Hochschulen, und ich glaube, dass Vertrauen Verantwortlichkeit schafft und nicht umgekehrt.

Dann wird immer beklagt, dass die Rechte der Studierenden vermindert würden.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Da kann man ja schon fast nichts mehr vermindern!)

Man könnte sehr viel vermindern. Warten Sie erst einmal ab,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir warten schon die ganze Zeit auf den Höhepunkt, aber es kommt keiner!)

was ich zur Stärkung der Rechte der Studierenden nenne.

(Minister Dr. Frankenberg)

Es wird beklagt, dass man bei der Wahl des Rektors oder der Rektorin nicht mehr mitwirken kann. Man konnte sich aber mit Fug und Recht fragen, ob es denn sinnvoll ist, wenn Erst- und Zweitsemester oder Leute, die ganze drei oder vier Jahre an einer Hochschule sind, über die Wahl von Rektoren über die langfristige Entwicklung einer Hochschule mitbestimmen.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Aber dort, wo es für die Studierenden wirklich wichtig ist – nämlich bei Berufungen und bei Studien- und Prüfungsordnungen –, stärken wir die Rechte der Studierenden. Erstmals wird die Mitgliedschaft von Studierenden in der Berufungskommission festgeschrieben. Damit haben die Studierenden übrigens auch ein Sondervotumsrecht, wenn sie Einwände gegen eine Berufung haben.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Und das ist dann ausschlaggebend, oder wie?)

Die Zahl der Studienkommissionen wird nicht mehr begrenzt, und die Beschlüsse über Studien- und Prüfungsordnungen bedürfen des Einvernehmens mit den Studienkommissionen. Dort sind die Studierenden wesentlich stärker vertreten als in den Fakultätsräten. Welches andere Hauptinteresse sollten Studierende denn haben, als bei Berufungen, Studien- und Prüfungsordnungen mitzuwirken?

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Weiterhin gibt es eine Stärkung der Rechte von Frauen. Wir haben etliche frauenbezogene Regelungen verstärkt, etwa für die Vereinbarkeit von Studium und Kindererziehung und damit für die Position der Familie, zum Beispiel bei Prüfungsordnungen, Beurlaubungsregelungen, bei der Langzeitstudiengebühr und beim Hochschulzugang.

Die Chancengleichheit von Männern und Frauen im Sinne eines Gender Mainstreaming ist ein durchgängiges Leitprinzip des LHG. Dazu gehört, dass Berufungskommissionen in Zukunft eine fachkundige Frau zwingend angehören muss. Wir wissen, dass es Bewerberinnen schwerer haben, wenn Berufungskommissionen keine Frau angehört. Das ist eine Erkenntnis, die ich auch selbst hatte. Sie wurde häufig abgestritten, stimmt aber dennoch.

Die Gleichstellungsbeauftragte – das ist ja meistens eine Frau – ist kraft Amtes Senatsmitglied. Auch das stärkt die Gleichstellungsbeauftragten an unseren Hochschulen.

Wir haben für dieses Reformgesetz die Erfahrungen der bisherigen Reformen, aber auch die Erfahrungen der anderen Länder gründlich ausgewertet. Wir sind sehr früh in Kommunikation mit den betroffenen Einrichtungen getreten. Wir haben viele Verbesserungsvorschläge berücksichtigt. Ich möchte mich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, auch bei den Mitgliedern dieses Hauses, aber auch bei den Mitarbeitern meines Ministeriums, die bei dem ständigen, kontinuierlichen Prozess der Verbesserung dieses Hochschulgesetzes bis über das manchmal erträgliche Maß hinaus Nachtarbeit geleistet haben.

Wir ziehen uns – dies als Fazit – aus der Steuerung der Hochschulen weitgehend zurück. Was bleibt bei uns? Die

strategische Ebene, und zwar durch die Zustimmung zu den Struktur- und Entwicklungsplänen und durch die Abstimmung solcher Struktur- und Entwicklungspläne mit dem allgemeinen landesspezifischen Interesse. Das Land, das zahlt, muss ein letztes Wort bei den Strukturen haben. Nicht mehr und nicht weniger bleibt bei uns.

Das heißt aber auch, dass wir uns sehr viel mehr mit Inhalten beschäftigen müssen, nämlich mit der zukünftigen Entwicklung von Forschung und Technologien und weniger mit der juristischen Überprüfung irgendwelcher Details von Ordnungen an irgendwelchen Hochschulen. Wir lehnen aber einen allgemeinen Fünfjahresplan oder Ähnliches ab – das wird ja in die Welt gesetzt –, sondern es ist wirklich von Fall zu Fall zu entscheiden und der entsprechende Sachverstand hinzuzuziehen, um über solche Pläne zu entscheiden.

Wir werden mit dieser Reform die Stärken unseres Hochschulsystems und der Berufsakademien stärken. Es wird eine größere Leistungsorientierung geben, aber eine stärkere Leistungsorientierung in der Spitze wird auch den Schwächeren helfen. Wenn Sie diese Hochschulgesetzgebung nach der Evaluation der letzten Hochschulgesetzgebung durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft mit den übrigen deutschen Hochschulgesetzen vergleichen, können Sie sicherlich mit Fug und Recht sagen, dass wir damit an der Spitze der deutschen Hochschulgesetzgebung stehen werden. Es werden alle davon profitieren: die Hochschulen in ihrer Leistungsfähigkeit und alle Angehörigen der Hochschulen. Es muss und wird aber auch das Land von den Hochschulen, die weiter an die Spitze streben, in der Forschung, in der Entwicklung zur Heranbildung der besten Köpfe profitieren.

Stillstand ist immer Rückschritt. Die Hochschulen stehen im Wettbewerb. Deshalb kann es keinen Stillstand bei der Entwicklung der Hochschulen und bei der Entwicklung ihrer Strukturen geben. Die Konkurrenz schläft nicht, und die Landesregierung schon gar nicht.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Pfisterer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn der heutigen Stellungnahme möchte ich zunächst ein großes Lob aussprechen, ein Lob an Herrn Minister Dr. Frankenberg für sein bundesweit anerkanntes Engagement in der Hochschulpolitik,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

aber auch für seine vorzüglichen Zitate, die wir heute gehört haben und die eine große Bandbreite aufgewiesen haben und sehr beeindruckend waren. Vielen Dank dafür. Das war sehr erfrischend. Ebenso möchte ich ein Lob an das Ministerium und die Mitarbeiter richten, die in den letzten Monaten eine enorme und ausgezeichnete Arbeit für dieses Gesetz und dabei gleichzeitig – davon gehe ich aus und

weiß es auch – sehr viele Überstunden geleistet haben. Auch dafür einmal ein Dankeschön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Die CDU-Fraktion und ihr Arbeitskreis VIII haben sich in intensiven Diskussionen und Beratungen in den letzten Wochen und Monaten mit diesem Thema beschäftigt. Wir haben viele Gespräche geführt und viele Anhörungen gemacht, Gespräche mit Rektoraten, mit Hochschulmitarbeitern, mit Studenten und Vertretern der Wirtschaft, aber auch mit Hochschulräten, weil wir der Meinung waren, das sei notwendig. Es hat sich gezeigt, dass sich die Arbeit gelohnt hat; denn wir haben heute ein Gesetz vorliegen, an dem enorm gefeilt worden ist und das in der Ausarbeitung so ist, dass man ohne weitere Änderungen sehr gut damit leben kann.

Der heutige Tag der Einbringung dieses Gesetzentwurfs ist ein wichtiger Tag und ein hochschulpolitischer Schwerpunkt dieser Wahlperiode. Herr Minister Dr. Frankenberg wies darauf hin, dass es das zweite Gesetz dieser Art ist. In der letzten Wahlperiode gab es bereits ein Gesetz dieser Art, welches enorm weit reichend war, und heute haben wir ein noch weiter reichendes Gesetz, mit dem viele Details abgeschafft werden sollen.

Ich möchte nicht mehr ausführlich auf Details eingehen, weil Herr Minister Dr. Frankenberg auf diese bereits hingewiesen hat. Ich möchte nur einiges, was von besonderer Bedeutung ist, herausgreifen.