Protocol of the Session on July 28, 2004

Wenn man diese Zahl auf Baden-Württemberg mit 11 Millionen Einwohnern hochrechnen wollte, müssten hier 627 000 Proben gezogen werden. Es sind aber nur 70 000, also etwa ein Zehntel. Die Frage des Ländervergleichs stellt sich hier sehr wohl, und ich möchte Sie bitten, auch mit den Ländern besser zusammenzuarbeiten. Darauf komme ich nachher noch einmal zurück.

Zum Wirtschaftskontrolldienst: Noch im Juni 2002, also vor zwei Jahren, sprach die Landesregierung in ihrer Antwort auf unsere damalige Große Anfrage Drucksache 13/1084 stolz von 524 WKD-Beamten und sagte, dies entspreche dem Schlüssel von einem WKD-Beamten auf 20 000 Einwohner. Eingegliedert in die Landratsämter werden aber nur 222 WKD-Beamtenstellen, also nur die Hälfte. Da frage ich mich, wie diese Beamten mit den – das haben Sie selbst zugegeben – zunehmenden Aufgaben klarkommen sollen. Es kommen neue Aufgaben hinzu, die nicht nur durch die europäische Ebene induziert sind, sondern

insbesondere die Überwachung der Fleischerzeugung betreffen. Das sind keine guten Aussichten für die Zukunft der Verbraucher in diesem Land.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Caroli SPD: Lei- der! – Zuruf des Abg. Schneider CDU)

Mich bewegt aber noch etwas ganz anderes in Bezug auf das Wort „aufgestellt“. Es gibt einen alten Erlass aus dem Jahr 1980 – er ist also fast 25 Jahre alt –, der zwar außer Kraft gesetzt wurde, aber, wie Sie immer wieder betonen, immer noch gültig ist, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es etwas Neues gibt. Bis heute gibt es noch nichts Neues. In diesen 25 Jahren hat sich der Lebensmittelmarkt völlig verändert. Einige wenige Großkonzerne beherrschen den Markt. Sie kaufen weltweit ein und vereinheitlichen damit die Produktpalette. Ich möchte einmal wissen, wie Sie auf diese Marktveränderungen reagieren. Diese Frage könnte etwa durch einen Bericht beantwortet werden, der aufzeigt, welche Art von Produkten aus welchen Betrieben jeweils untersucht wurden. Es kann doch wohl davon ausgegangen werden, dass diese Unternehmen, ob in Flensburg, in Mannheim oder in Konstanz, die gleichen Produkte auf den Markt bringen.

(Abg. Kiefl CDU: Richtig!)

Das heißt, hier muss eine verbesserte Zusammenarbeit der Bundesländer und eine Abstimmung über die Probennahmen stattfinden,

(Abg. Kiefl CDU: Die gibt es ja!)

damit man nicht an allen Orten mit einem hohen Aufwand das Gleiche untersucht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber ausweislich der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion GRÜNE lehnen Sie diese Zusammenarbeit ab. Das Thema Zusammenarbeit kommt darin überhaupt nicht vor, obwohl danach gefragt worden ist.

Ein letzter Punkt: Es wäre sinnvoller, Überwachungsprozesse zu entwickeln, die die Analyse von Produktproben so beschleunigen, dass das Ergebnis vorliegt, bevor die Produkte aufgegessen worden sind. Gegenwärtig dauert es nämlich so lange, bis Sie mit Ihrer Analyse daherkommen, dass die Produkte längst auf den Markt gelangt und verzehrt worden sind.

(Abg. Schneider CDU: Und was passiert? – Zurufe der Abg. Scheuermann CDU und Brigitte Lösch GRÜNE)

Herr Kollege Landrat, ich glaube, es ist nicht zum Lachen, wenn wir eine steigende Zahl von Krankheiten haben, eine steigende Zahl von Auffälligkeiten,

(Abg. Kiefl CDU: Aber nicht wegen der Qualität der Produkte!)

die auf eine Zusammenballung verschiedenster Pestizide und Chemikalien zurückzuführen sind, mit denen diese Produkte bearbeitet werden.

(Abg. Döpper CDU: Falsche Ernährung!)

Es wäre gut, wenn die Beanstandungen auch mit der Nennung des Herstellers der jeweiligen Produkte verbunden würden. Nachdem entsprechende Urteile gefallen sind, wäre dies möglich, und es wäre auch möglich, dass Sie dies in einem eigenen Landesverbraucherinformationsgesetz festschreiben. Sie verweisen immer auf unser Ausführungsgesetz zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz. Es geht hier aber nicht nur darum, dass die Landesregierung sich das Recht nimmt, dann und wann die Öffentlichkeit zu informieren, sondern es geht darum, dass der Verbraucher das Recht hat,

(Abg. Schneider CDU: Jawohl!)

Informationen einzuziehen. Dieses Recht hat er bisher noch nicht. Er wird im Unklaren gehalten über das, was auf dem Markt ist.

Fazit: Von einer zeitgemäßen Kontrolle sind wir bald sehr weit entfernt, und von einer Politik, die sich den veränderten Marktgegebenheiten zuwendet, kann bei dieser Landesregierung überhaupt noch keine Rede sein.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Drautz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kipfer, ich muss Ihnen zu Beginn eines sagen:

(Abg. Knapp SPD: Nur positiv!)

Unsere Lebensmittelkontrolle in Baden-Württemberg ist die beste Lebensmittelkontrolle im Bundesgebiet.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Birgit Kipfer SPD: Woher wissen Sie denn das? Das ist eine rei- ne Behauptung! Belegen Sie das!)

Das ist keine reine Behauptung, sondern das war schon damals in dem Ranking festzustellen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Wann war denn „damals“?)

Das muss ich Ihnen klar sagen. In der vorletzten Legislaturperiode während der großen Koalition hat die SPD verhindert, dass die Lebensmittelkontrolle zusammengefasst worden ist – so war das nämlich damals –,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

damit der damalige SPD-Umweltminister seine Pfründe halten konnte.

(Beifall des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Zuruf der Abg. Marianne Wonnay SPD)

So war das damals. Das muss man Ihnen klar sagen.

Wir haben die Lebensmittelüberwachung aus vier Ministerien im MLR zusammengefasst. Wir haben die Lebensmittelchemiker vom Umweltministerium weggenommen. Wir haben die Seuchenprävention aus dem Sozialministerium

genommen. Die Prüfung der Wasserqualität war im Wissenschaftsministerium angesiedelt.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das Ministerium wollte das selbst nicht! Das wissen Sie!)

Das haben wir im MLR zusammengefasst.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Birgit Kipfer SPD: Das wollten wir auch!)

Das war ein richtungweisender Schritt. Deswegen haben wir auch das Thema BSE hervorragend behandeln können.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es ist ja bekannt, dass bei diesem Thema in anderen Bundesländern nicht so profihaft vorgegangen wurde wie hier in Baden-Württemberg.

(Abg. Fischer SPD: Deshalb habt ihr jetzt den WKD zerschlagen!)

Das möchte ich hier einmal als Allererstes feststellen. Lediglich der WKD wurde ausgespart.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das wollte das Ministeri- um selbst nicht!)

Der WKD blieb beim Innenministerium.

Jetzt sage ich Ihnen noch eines zur Verwaltungsreform. In der damaligen Diskussion, in der man über die Zuständigkeiten gesprochen hat, war immer das Thema, es könne doch nicht sein, dass man in solche Untersuchungen stärker private Labors einbeziehe. Bei Menschen – wo es um unser eigenes Leben geht, wo es um Blutuntersuchungen und andere Untersuchungen geht – war es schon immer selbstverständlich, dass private Labors diese Untersuchungen gemacht haben.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Es war schon immer selbstverständlich, dass die Gesundheitsämter, die sich um die Volksgesundheit kümmern, bei den Landratsämtern angesiedelt sind.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)