Vorgeschlagen wird die Überweisung des Gesetzentwurfs an den Finanzausschuss. – Sie stimmen der Überweisung zu.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes – Drucksache 13/3408
Als Redezeit hat das Präsidium für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Novellierung des Hochschulzulassungsgesetzes und der Ausweitung des Selbstauswahlrechts der Hochschulen schreiben wir die Erfolgsgeschichte der baden-württembergischen Hochschulpolitik fort. Hochschulpolitik ist eine Kernkompetenz des Landes, und ich bin froh, dass das Verfassungsgericht gestern so klar über die HRG-Novelle entschieden und damit den Bund klar in die Schranken verwiesen hat.
(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das war das Bundesverfassungsgericht, Herr Kollege! – Abg. Junginger SPD: Das Bundesverfassungsgericht!)
Die Änderung des Hochschulzulassungsgesetzes steht in einer Reihe bereits erfolgreicher Schritte zur Ausweitung der Hochschulautonomie, zur Deregulierung und zur Stärkung der Länderkompetenzen. Baden-Württemberg ist hier bundesweit Schrittmacher und Motor. Ich möchte ausdrücklich Herrn Minister Professor Frankenberg für seine erfolgreiche Arbeit, die er geleistet hat, danken. Er hat enormes Verhandlungsgeschick bei den Gesprächen mit dem Bund und anderen Ländern bewiesen. Es war eine schwierige Aufgabe, die für uns sehr erfolgreich beendet worden ist.
Mit dem Gesetz zur Änderung auswahlrechtlicher Vorschriften wurden die Quoten im Bereich der örtlichen Hochschulzulassung von 40 auf 90 % erhöht. Nur 10 % der Studienplätze werden demnächst noch nach Wartezeiten vergeben. Damit nimmt Baden-Württemberg eine Vorreiterrolle ein. Andere Länder sind dem bereits gefolgt und bereiten ähnliche Vorschriften vor.
Die heutige Novelle betrifft die Vergabe von Studienplätzen im Bereich der ZVS. Bundesweit handelt es sich um rund 37 000 Studienplätze. Zur Stärkung des Selbstauswahlrechts der Hochschulen hat das Land bisher zwei Strategien verfolgt. Zum einen geht es darum: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die zentrale Vergabe bei vielen Studiengängen nicht mehr erforderlich ist
und diese Studiengänge aus dem ZVS-Verfahren herausgenommen worden sind. Zum anderen haben wir im Bundesrat darauf hingewirkt, dass die Vorschriften geändert werden, und haben angedroht, aus dem ZVS-Staatsvertrag auszusteigen.
Die Neuregelung sieht jetzt Folgendes vor: 20 % der Studienplätze werden nach Abiturnote, 60 % von den Hochschulen und 20 % über Wartezeiten vergeben. Damit werden 80 % der Studienplätze nach Leistung vergeben und nur 20 % nach anderen Kriterien. Statt bisher 24 % werden künftig 60 % der Studierenden direkt von den Hochschulen ausgewählt. Damit konnten die Länder durchsetzen, dass seitens der Hochschulen noch mehr als bisher ausgewählt werden kann.
Die Chancen der Ausgestaltung für die Länder sind damit weitaus größer. Die Landesgesetzgebung wird gestärkt und erhält mehr Möglichkeiten. Die Herausnahme mehrerer Studiengänge aus dem ZVS-Verfahren war für uns ein großer Erfolg. Nur noch insgesamt 3 % der Plätze für Studienanfänger werden von der ZVS vergeben.
Mit all diesen Maßnahmen ist das Land sowohl auf Landesebene als auch bundesweit seinem Ziel näher gekommen, ein weit reichendes Selbstauswahlrecht der Hochschulen durchzusetzen. Um sicherzustellen, dass dieses Gesetz rechtzeitig zum Wintersemester 2005/2006 Anwendung finden kann, haben wir den Gesetzentwurf als Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen eingebracht. Wir erreichen hier
durch, dass ausreichend Zeit für das Anhörungsverfahren bleibt und dass im Herbst die zweite Lesung stattfinden kann. Die Zeit ist hier ein großes Problem.
Im Rahmen der Gesetzesnovelle modifizieren wir zugleich das Auswahlverfahren und setzen somit schon gewonnene Erfahrungen um. Dabei ist es ein Anliegen, eine ausgewogene Balance zwischen der Anzahl der aussagefähigen Kriterien und dem Verwaltungsaufwand zu finden. Ich will nicht bestreiten, dass dieser Aufwand ein Problem ist. Unbestritten ist aber auch, dass die Stärkung des Selbstauswahlrechts der richtige Weg ist. Im Fachmagazin „Deutsche Universitätszeitung“ heißt es unter anderem:
Wer von der Champions League der Hochschulen träumt, sollte seine Studierenden sorgfältig auswählen.
Als Heidelberger Abgeordneter möchte ich es nicht versäumen, Ihnen zur Kenntnis zu geben, was die Uni Heidelberg in ihrem Jahresbericht 2003 des Rektorats dazu sagt: Zum Wintersemester 2003/2004 wurde in 19 Fächern das Selbstauswahlrecht der Hochschule erstmals angewandt. Aus der Sicht der Hochschule hat sich der beträchtliche Aufwand gelohnt: Mit der Auswahl konnten sehr motivierte und hoch begabte Studierende für ein Studium in Heidelberg gewonnen werden. Die Universität Heidelberg wird daher das Instrumentarium des Selbstauswahlrechts in seiner vollen Breite intensiv nutzen, um damit die besten Studierenden zu gewinnen.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem heutigen Gesetzentwurf den richtigen Weg beschreiten und damit einen Zwischenschritt für eine weitere erfolgreiche Hochschulpolitik getan haben, die wir ständig anpassen und novellieren, um damit optimale Voraussetzungen zu schaffen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist ein wesentlicher Schritt hin zu einem Ziel, das die FDP seit langem verfolgt. Die zentrale Vergabe von Studienplätzen durch die Dortmunder ZVS wird in Baden-Württemberg demnächst praktisch keine Rolle mehr spielen, weil nur noch rund 3 % aller Plätze für Studienanfänger durch das ZVS-Verfahren zugeteilt werden. Die unsinnig gewordenen Überlandverschickungen von Studenten durch die Dortmunder Zentralstelle werden damit zu Ende gehen.
Das ist ein großer Erfolg, und Erfolge haben bekanntlich immer viele Väter und Mütter. Ich will mich nur wenig zur ersten Urheberschaft auslassen,
aber doch darauf hinweisen, dass am Ende eines von der FDP angestoßenen, zunächst zähen und schließlich vom Land Baden-Württemberg energisch vorangetriebenen Pro
zesses letztlich alle Bundesländer gemeinsam an einem Strang gezogen haben – zur Stärkung des Wettbewerbs der Hochschulen um ihre Studierenden und eben umgekehrt auch des Wettbewerbs der Studierenden um die Hochschulen.
Der gemeinsame Gesetzentwurf zur entsprechenden Änderung des Hochschulrahmengesetzes wurde fast auf den Tag genau vor einem Jahr im Bundesrat beschlossen. Insoweit gab es viele „Eltern“, und es war zum Schluss allein die Bundesregierung, die sich dem Ganzen hartnäckig und uneinsichtig widersetzte.
Ich bin jetzt schon gespannt; denn die Bundesbildungsministerin hat nun angekündigt, sie sei grundsätzlich zu einem Verzicht auf das Hochschulrahmengesetz bereit, sofern wichtige zentrale Punkte wie beispielsweise die Hochschulzulassung einheitlich geregelt würden. Wenn man unser Modell dabei zum Vorbild nimmt, sind wir gerne mit dabei; ansonsten dürfte es Schwierigkeiten geben.
Wir sind unserem Wissenschaftsminister dafür dankbar, dass er gegenüber dem Bund die Zuständigkeit der Länder mit Nachdruck verteidigt hat und dass er in der Kultusministerkonferenz die von unserer Fraktion geforderte Kündigung des ZVS-Staatsvertrags durch das Land Baden-Württemberg erfolgreich als Druckmittel eingesetzt hat.
Der Erfolg, von dem ich spreche, ist aber weniger ein Erfolg von Personen oder Parteien als vielmehr vor allem ein Erfolg in der Sache. Er ist nämlich ein großer Schritt zur Stärkung der Qualität und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen.
Gerade für Baden-Württemberg gilt: Dies ist ein weiterer großer Schritt auf dem bereits in der vorigen Legislaturperiode eingeleiteten und seither konsequent verfolgten Weg der Reform der Hochschulen, der Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit durch Stärkung ihrer Autonomie und Stärkung des Wettbewerbs untereinander. Baden-Württemberg hat auch auf diesem Weg – Sie alle wissen dies – insgesamt eine Vorreiterrolle übernommen. Das gilt speziell für die Auswahl der am besten geeigneten Studierenden durch die Hochschulen selbst. Dort, wo wir in diesem Bereich in der Vergangenheit ohne die Fesseln des Hochschulrahmengesetzes handeln konnten, haben wir dies bereits getan. In Fächern mit nur örtlichem Numerus clausus hat Baden-Württemberg bereits jetzt eine Selbstauswahlquote der Hochschulen von 90 %. Andere Länder sind diesem Beispiel gefolgt oder werden es demnächst tun.
Baden-Württemberg hat sich auch mit Erfolg dafür eingesetzt, dass Studiengänge, für die aufgrund vorhandener Kapazitäten ein bundesweiter Numerus clausus nicht mehr gerechtfertigt war, aus dem ZVS-Verfahren herausgenommen und in das Verfahren des örtlichen Numerus clausus überführt wurden. Zuletzt waren dies die Studiengänge Architektur, Lebensmittelchemie und Rechtswissenschaften.
Für die wenigen Studiengänge, die derzeit noch im zentralen Verfahren verblieben sind, nutzen wir nun die am 1. Juli 2004 durch den Bundestag beschlossene Änderung mit der Möglichkeit, 60 % der Studienplätze statt der bisherigen 24 % direkt durch die Hochschulen zu vergeben. Der vorliegende Gesetzentwurf, mit dem wir auch den besonders wichtigen Spielraum des Landesgesetzgebers zur Ausgestaltung der Auswahlverfahren und der möglichen Auswahlmaßstäbe wahrnehmen, setzt dies so rasch wie möglich in Landesrecht um. Gleichzeitig nutzen wir die Erfahrungen, die die Hochschulen mit dem Auswahlverfahren in Studiengängen mit örtlichem Numerus clausus gemacht haben, zu einer entsprechenden Weiterentwicklung und Verbesserung dieser Verfahren. Über die Einzelheiten der vorgesehenen Regelungen werden wir im Ausschuss zu beraten haben.
Ich will abschließend nur noch einen Punkt ansprechen, der in der Vergangenheit nicht nur den Hochschulen, sondern auch den Befürwortern einer Stärkung des Selbstauswahlrechts als Kritik entgegengehalten worden ist. Es geht um die Tatsache, dass die Selbstauswahl zwar über Jahre hinweg von den Hochschulen selbst gefordert worden ist, diese dann aber von den ihnen gegebenen Selbstauswahlmöglichkeiten weithin nur zögernd Gebrauch gemacht haben. Zweifellos bedeutet Selbstauswahl einen nicht unerheblichen Aufwand vonseiten der Hochschulen und auch vonseiten des einzelnen Hochschullehrers.
Insoweit gibt es Bedenken und Zögerlichkeiten. Wir sind aber überzeugt, dass in Deutschland und in Baden-Württemberg dieselbe Erfahrung gemacht werden wird wie in anderen Ländern der Welt, in denen die Selbstauswahl der Studierenden eine Selbstverständlichkeit ist, nämlich die Erfahrung, dass sich dieser Aufwand rentiert. Er rentiert sich mit einer Motivationssteigerung der Studierenden und der Lehrenden, und zwar weil die besonderen Angebote der einzelnen Hochschulen besser mit den Erwartungen und den besonderen Eignungen der Studierenden zusammenpassen und das letztlich zu einem Rückgang der Zahl der Studienabbrecher und der Studienfachwechsler führt.
Das Selbstauswahlrecht wird aber gleichzeitig zu einer Schärfung des Profils der einzelnen Hochschule führen und damit zu einer weiteren Verbesserung der Qualität, der Leistungsfähigkeit und Effizienz sowohl der einzelnen Hochschule als auch der baden-württembergischen Hochschulen insgesamt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch mit diesem Gesetz setzen wir ein Bundesgesetz um, das nach sehr langen und schwierigen Verhandlungen in einem sehr schwierigen Abstimmungsprozess in der KMK zustande gekommen ist. Es ist interessant, dass nicht die Landesregierung diesen Gesetzentwurf ein
bringt, sondern die Regierungsfraktionen, und dass eine Anhörung der Betroffenen faktisch ausgeschlossen wird,