Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt muss ich einfach sagen: Wenn wir als Parlament der Auffassung sind, dass die Besetzung falsch gelaufen ist und bezüglich des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Politik großen Schaden angerichtet hat, liegt es an uns, dies zu stoppen. Diese Möglichkeit haben wir. Wir können die Landesregierung entsprechend beauftragen. Das wäre überhaupt kein Problem.
Ich glaube auch nicht, dass der CDU- oder der FDP/DVPFraktion auch nur ein Zacken aus der Krone brechen würde, wenn man heute sagen würde: Das ist falsch gelaufen; wir erinnern uns an das Jahr 1994, als schon einmal ausgeschrieben worden ist, was sich als sehr gut erwiesen hat, und machen das noch einmal; wir nehmen die Bedenken ernst. Es ist ja auch nicht so – Herr Kretschmann hat das vorhin gesagt –, dass nur die CDU-Fraktion und die Zeitungen Leserbriefe bekämen, sondern uns geht es ja genauso. Insgesamt schadet das allen. Es wird ja immer so getan, als hätte ich hier Spaß an der Skandalisierung der Politik. Das habe ich überhaupt nicht, weil ich genau weiß – –
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Ein bisschen Spaß macht es Ihnen schon! – Zurufe der Abg. Dr. Rein- hart und Oettinger CDU)
Sie können mir schon abnehmen, dass ich auch als Generalsekretär mehrere Wahlkämpfe in Baden-Württemberg geführt habe und dass ich mich bei den Umfragen sehr gut auskenne.
Was haben Sie denn? Ein Plus von 8,3 % beim letzten Mal – da können Sie sich ja verstecken. Eigentlich hätten Sie bei der letzten Landtagswahl erheblich mehr zulegen müssen, weil über 80 % der Baden-Württemberger zufrieden mit ihrer ökonomischen Situation waren. Dass dies nicht geschehen ist, lag daran, dass wir die Defizite Ihrer Regierungszeit aufgedeckt haben. Das machen wir beim nächsten Mal auch.
Damit Sie es gleich wissen: Herr Oettinger hat uns in der letzten Plenarsitzung einen Vorschlag gemacht. Wir sind der Meinung: Bei der Art und Weise, wie skandalträchtig Sie handeln und wie Sie mit Staatseigentum umgehen, haben die Baden-Württemberger die Schnauze wirklich gestrichen voll. Deswegen, Herr Oettinger: Wenn Sie zusammen mit der FDP/DVP einen Antrag zur Auflösung des Parlaments stellen und Neuwahlen im Oktober wollen, machen wir mit. Tun Sie das!
(Beifall bei der SPD – Lachen der Abg. Hauk und Oettinger CDU – Ministerpräsident Teufel: Sofort! – Zurufe von der CDU, u. a. des Abg. Seimetz)
Natürlich. Tun Sie das doch. Es wäre das erste Mal, dass Sie keinen Wahlkampf mit Berliner Themen führen können. Wir hätten zum ersten Mal die Möglichkeit, einen Landtagswahlkampf mit eigenen Themen zu führen. Da würden Sie – nach dem, was Sie hier aufführen – hundsliederlich aussehen.
Dann noch einmal zu dieser „Besetzungsaktion“: Der Herr Ministerpräsident hat gesagt, er habe überhaupt keine negativen Reaktionen auf die Versorgungsentscheidungen für Repnik und Schäuble erhalten.
Ich weiß ja, dass der Herr Ministerpräsident ständig Zeitungen liest, allerdings nicht solche aus Baden-Württemberg.
In Norddeutschland mag das so sein. Aber wir leben ja in Baden-Württemberg und müssen auch hiesige Zeitungen lesen. „Das sind unrühmliche Versorgungsspielchen – Am Tag danach wächst der Unmut über Teufels Personalpolitik“, so die „Stuttgarter Nachrichten“. „Der Unmut reicht weit in die CDU hinein – Nach der Kabinettsumbildung: Proteste, Personen und Pensionen“ stand am 9. Juli in der „Stuttgarter Zeitung“. „Lotto um ‚Versorgungsposten‘ – Der Wechsel zweier Landesminister auf gut dotierte Posten erzürnt viele Kritiker“, so der „Südkurier“ vom 9. Juli. Das ist eine Zeitung im Land, Herr Ministerpräsident. „Teufel verpatzt den neuen Anlauf“ war in der „Südwest-Presse“ vom 9. Juli zu lesen. Die „Heilbronner Stimme“ vom 9. Juli: „Teufels Personalpolitik: eigenwillig und teuer“. Die „Heilbronner Stimme“ ist ja nun kein linkes Kampfblatt.
Sie bringt am 9. Juli einen Beitrag mit dem Titel „Vetterleswirtschaft“. „Vetternwirtschaft – Teufel in Not“ titelt die „Bild“-Zeitung. „Goldener Handschlag“, so das „Schwäbische Tagblatt“. „Ex-Minister rundum versorgt“ – „Pforzheimer Zeitung“ vom 9. Juli.
Herr Ministerpräsident, wenn Sie auch nur einen Teil der Briefe überhaupt zur Kenntnis nehmen würden, die die Zeitungen gerade abdrucken! Ich will es nicht überziehen, aber einen davon will ich Ihnen noch zum Besten geben.
Die Versorgung der amtsmüden oder nicht mehr erwünschten Minister mit attraktiven Jobs bei Rothaus und Lotto ist ein so ekelhafter Vorgang, dass er mir das letzte Vertrauen in die herrschende Clique (Klün- gel) nimmt. Pfui Teufel! Wo bleiben die sonst vorgeschriebenen Stellenausschreibungen? Es hätten sich gewiss kompetentere Bewerberinnen und Bewerber ohne Amtsmüdigkeit gefunden.
Sie müssen es nicht zur Kenntnis nehmen, aber ich glaube schon, dass es Unmut gibt. Es war falsch, es so zu machen. Vor allen Dingen, Herr Ministerpräsident: Sie nehmen immer das Wort in den Mund: „zuerst das Land, dann die Leute, dann die Partei und dann ich“ – ich meine Sie –,
aber diesmal haben Sie anders entschieden. Zuerst die Partei – und dann haben Sie schon gar nicht mehr an die Leute oder gar an das Land gedacht.
Damit das anders wird, bitten wir Sie, sich die Freiheit, die Herr Dr. Noll vorhin in Anspruch genommen hat, zu nehmen und als Abgeordnete zu entscheiden und Verantwortung für das Land zu übernehmen. Wir hoffen, dass Sie diesen Anträgen dann auch zustimmen.
(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Ab- geordneten der Grünen – Zuruf des Ministers Stä- chele)
(Zurufe von der SPD: Frau Präsidentin! – Abg. Ur- sula Haußmann und Abg. Drexler SPD: So viel Zeit muss sein! – Heiterkeit und Unruhe)
vorbrächten. Bei der letzten Besetzung der Toto-Lotto-Gesellschaft haben Sie ja eine Ausschreibung für richtig gehalten. Warum jetzt auf einmal nicht mehr?
Da sind wir wirklich gespannt. Welche triftigen Gründe gibt es, solche Positionen nicht auszuschreiben? Dann könnte sich jeder auf eine solche Position bewerben, selbstverständlich auch Minister, die ausscheiden und von der Regierung in die Wirtschaft wechseln wollen.
Allerdings muss ich sagen: Wenn es jemandem in der Regierung nicht gefällt und derjenige stattdessen in die Wirtschaft will, dann hat er ein weites Feld vor sich. Ich frage mich, warum sich diese Leute, die doch angeblich so gut sind, nicht ganz normal wie andere auch in der Wirtschaft bewerben. Es gibt ja solche Leute. Der ehemalige Justizminister Goll hat das gemacht. Er hat sich umgeschaut und ist in eine Kanzlei eingetreten. Da muss ich sagen: Respekt. Er hat hier seinen Job gemacht, und irgendwann hat er beschlossen, etwas anderes zu tun. Daraufhin hat er sich umgeschaut und ist in eine renommierte Kanzlei eingetreten.
Das ist doch in Ordnung. Wenn die Minister wirklich so gut sind, wie Sie immer behaupten, dann können sie das doch tun. Oder muss man landeseigene Unternehmen in erster Linie mit Leuten aus der Regierung besetzen? Ich meine, das geht vielleicht manchmal gut. Bei Nothhelfer und Rothaus ist es gut gegangen. Oft geht es aber auch schlecht.