Protocol of the Session on July 1, 2004

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Ein letzter Punkt: Landtagsverwaltung.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Es kann nicht sein, dass die Landtagsverwaltung nicht in der Lage ist, fünf Jugendlichen eine Chance auf Ausbildung zu geben, wie die SPD gefordert hat.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Haben Sie einen An- trag dazu gestellt, Frau Sitzmann? Ich wüsste da- von nichts!)

Moment! – Auch die grüne Fraktion als wesentlich kleinere Einheit schafft es zum wiederholten Male, sämtliche rechtlichen, auch arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zu erfüllen. Es kann einfach nicht wahr sein, dass die Landtagsverwaltung dazu nicht in der Lage ist. Deshalb fordern und erwarten wir, dass Sie hier ein Signal setzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Letzter Satz: Beim Bündnis zur Stärkung der beruflichen Ausbildung in Baden-Württemberg „geht es nicht darum, möglichst hohe Forderungen an andere zu stellen, sondern um die Zusage eines eigenen Beitrags zur Verbesserung der Ausbildungsstellensituation in Baden-Württemberg“. Das hat der Ministerpräsident in einer Presseerklärung vor eini

gen Tagen gesagt. Wir erwarten, dass Sie das auch tun. Dann unterstützen wir Sie gerne.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Dr. Schavan.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Warum kommt der Finanzminister nicht?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist unbestritten – und das nicht erst seit diesem Jahr –, dass die Lage auf dem Ausbildungsmarkt besorgniserregend ist. Das wiederum ist ziemlich nahe liegend, weil es – wie alle, die sich mit den Entwicklungen in der dualen Ausbildung in den letzten Jahrzehnten beschäftigt haben, wissen – einen engen Zusammenhang gibt zwischen der Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Lage auf dem Ausbildungsmarkt.

Meine Damen und Herren, wenn in Deutschland täglich 2 000 Arbeitsplätze verloren gehen, weil Unternehmen in die Insolvenz gehen, dann ist doch völlig klar, dass auch Ausbildungsplätze verloren gehen – und das seit Jahren. Der eigentliche Skandal in Deutschland besteht darin, dass es diesen Verlust von Arbeits- und Ausbildungsplätzen gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Ich habe Ihnen schon einmal darge- stellt, dass diese Analyse falsch ist! Zwischen 1990 und 1998 ist die größte Zahl an Ausbildungsplätzen in Baden-Württemberg verloren gegangen!)

Jetzt bin ich dran! Ich bin dran!

(Abg. Dr. Scheffold CDU zu Abg. Wintruff SPD: Nicht dazwischenreden, Herr Kollege!)

Herr Wintruff, Sie müssen selbst lachen, wenn Sie das sagen. Das verstehe ich.

Wir kennen die Zusammenhänge alle. Die kennen Sie, die kennen wir. Dieser Zusammenhang bringt mich auch dazu, dass ich schon schmunzeln muss, wenn Sie sich hier hinstellen und erklären, was wir alles Berlin verdanken.

(Abg. Wintruff SPD: Ja! – Abg. Schmiedel SPD: Natürlich! – Abg. Dr. Caroli SPD: Eine ganze Menge!)

Wir verdanken Berlin unter anderem, dass jetzt schon über Jahre hinweg zwar unentwegt über bessere Instrumente zur Verwaltung von Arbeitslosen nachgedacht wird, aber nicht darüber, wie neue Arbeits- und Ausbildungsplätze entstehen können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr gut!)

Wir verdanken Berlin eine anhaltend verheerende Lage in den öffentlichen Haushalten auf allen Ebenen.

(Widerspruch bei der SPD und den Grünen)

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Wir verdanken Berlin, dass überhaupt nichts vorangeht, dass Wachstum nicht zustande kommt, das notwendig wäre, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Frau Schavan, Ihr Kurzzeitgedächtnis funktioniert, aber Ihr Langzeit- gedächtnis ist kaputt!)

Deshalb rate ich uns sehr: Beschäftigen wir uns mit dem, was wir hier tun können und was jeder tun kann.

Wenn Sie hier die Gewerkschaften anführen, dann sage ich Ihnen auch: Wissen Sie, dass die Gewerkschaften in Deutschland seit langer Zeit nicht zu den Ausbildern der Nation gehören?

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Wissen Sie, dass die Ausbildungsquote der Gewerkschaften in Baden-Württemberg im Eins-Komma-Bereich liegt, ohne dass es irgendeine öffentliche Zusage gäbe, die Ausbildungskapazität zu erhöhen?

(Abg. Zeller SPD: Was macht die Landesregie- rung?)

Jeder möge also das tun, was er kann, und sich nicht unentwegt mit anderen beschäftigen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Wer schließt denn Tarifverträge?)

Ja, unter anderem Gewerkschaften; das ist wohl wahr.

Deshalb komme ich zu einem zweiten wichtigen Thema. Sie sprechen in diesem Zusammenhang – das ist völlig klar, weil es auch ein gewichtiger Teil unseres Bündnisses ist, der ja gleich mehrere der 17 Punkte umfasst – von den Schulabbrechern und den Migrantenkindern. Da rate ich uns jetzt auch, einfach einmal Fakten zur Kenntnis zu nehmen. In Deutschland verlassen im Schnitt 13,7 % der Jugendlichen eine allgemein bildende Schule ohne Schulabschluss; in Bayern sind es 14 %, in Niedersachsen 16 %, in Nordrhein-Westfalen 12 %, in Hessen 20 %. In BadenWürttemberg sind es 7,8 %. Das ist die niedrigste Quote überhaupt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Wintruff SPD: Das sind 7,8 % zu viel!)

Das ist wahr: Das sind 7,8 % zu viel. Deshalb haben wir seit vielen Jahren ein Gesamtkonzept, nach dem diese 7,8 % der Jugendlichen eine zweite und dritte Chance bekommen.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Frau Sitzmann, wenn Sie das nicht kennen, werde ich es Ihnen gern zur Verfügung stellen. Ihre Kollegin Rastätter aus dem Schulausschuss kennt es. Dass es das gibt und dass es funktioniert, zeigt die Tatsache, dass die 7,8 % eben nicht ohne Schulabschluss bleiben, sondern wir zum Beispiel im Berufsvorbereitungsjahr eine Erfolgsquote von 80 % haben. 80 % aller, die das Berufsvorbereitungsjahr besuchen, erwerben dort ihren Hauptschulabschluss.

(Abg. Schmiedel SPD: Das sind doch aber keine Lehrstellen!)

Andere, die die Berufsschule besuchen, erwerben – – Ich bin jetzt bei Schulabbrechern; gleich werde ich zu den Lehrstellen kommen, Herr Schmiedel.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Was will ich sagen? Baden-Württemberg hat die niedrigste Schulabbrecherquote. Erster Satz.

Zweiter Satz: Bei uns besteht eine ganze Reihe von Möglichkeiten, im zweiten oder im dritten Anlauf einen Schulabschluss zu machen. Nur weil das funktioniert, hat BadenWürttemberg die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosenquote. Sie liegt im Moment im Bereich von vier Komma.

Damit komme ich zu den Migrantenkindern. Es gibt ja nur mittelbare Zusammenhänge, aber die will ich alle gern aufgreifen. Sie haben wieder vom selektiven Bildungswesen gesprochen. Der Satz ist gestern schon einmal gefallen. Alle, die unser Bildungswesen begutachten – ob es Herr Baumert ist oder ob es seine Kollegen sind –, sagen, nirgends in Deutschland sei die Durchlässigkeit zwischen den Schularten so groß wie in Baden-Württemberg. Deshalb ist Baden-Württemberg das modernste Bildungsland, deshalb erwerben 30 % derer, die in Baden-Württemberg Abitur machen, das Abitur über einen Weg der beruflichen Bildung, das berufliche Gymnasium.

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

In der PISA-Studie steht über Seiten beschrieben, dass die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund nirgends so gut gelingt wie in Bayern und Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Noll FDP/ DVP)

Um jetzt einmal die Studie aus Heidelberg anzusprechen: Das ist ja nun wirklich „wissenschaftliche Seriosität“. Das muss man sich einmal vorstellen: Da wird die Frage des Erfolgs des Bildungswesens mit Blick auf die Integration von Migrantenkindern daran festgemacht, wie viel Prozent welche Schule besuchen. Den Erfolg eines Bildungswesens im Hinblick auf Qualifikation und Integration mache ich doch nicht daran fest, welche Schule besucht wird, sondern daran, welcher Abschluss erworben wird. Das ist der eigentliche Erfolgsindikator. Da wird uns gesagt: Gerade weil ihr so viele verschiedene Angebote habt, weil es besondere Konzepte der Förderung gibt, weil es so viele kleine Klassen in diesem Land gibt, kommen auch so viele zu einem Schulabschluss, ist die Integration so gut. Bekanntlich ist die Zahl der Migrantenkinder in der Spitzengruppe – Kompetenzstufe V – nirgendwo so hoch wie in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)