Protocol of the Session on July 1, 2004

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Diesen Professor können Sie also zu mir schicken. Dann werde ich mit ihm ein Gespräch über wissenschaftliche Seriosität führen, wenn man aus bestimmten Fakten Konsequenzen zieht.

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Damit komme ich zum Bündnis für Arbeit in Baden-Württemberg.

Zunächst einmal zu der Sachfrage, die Sie, Frau Sitzmann, gestellt haben: Wie kommt die Zahl 114 zustande, und wie verhält sich diese Zahl zu den im SPD-Antrag genannten Zahlen? Die Zahl bezieht sich auf das Jahr 2005. Im Jahr 2005 setzt ja die Verwaltungsreform bereits ein, sodass die Stellen, die vom Land auf die kommunale Ebene übergehen, herausgerechnet sind; entsprechend sind auch die Ausbildungsstellen herausgerechnet. So kommt die Zahl 114 – als rein auf die Landesverwaltung bezogen – zustande.

Ich muss hier allerdings wiederholen, was Herr Kleinmann gesagt hat: Es ist natürlich auch völlig unseriös, die Zahl der Ausbildungsverträge ins Verhältnis zu 200 000 Stellen in der Landesverwaltung zu setzen. Darunter sind allein 90 000 Lehrer und Lehrerinnen. Sie müssen dazu vielmehr die Zahl der Referendarstellen ins Verhältnis setzen – nicht die Zahl der Ausbildungsverträge.

Wenn ich das alles zusammenrechne, muss ich sagen: Das, was Herr Kleinmann gesagt hat, stimmt. Was den Gesamtbereich der sozialversicherungspflichtigen Ausbildungsverhältnisse im höheren Dienst betrifft, kommen wir auf eine Quote von 10 %. Aber richtig ist – das leugnet überhaupt niemand; das steht im Bündnis für Arbeit –, dass wir sagen: In solchen Zeiten sind auch Zeichen des öffentlichen Dienstes wichtig. Deshalb haben wir die Ausbildungsquote in diesem Jahr gegenüber dem letzten Jahr erhöht, und wir werden sie im nächsten Jahr gegenüber diesem Jahr sowie in den Folgejahren um mindestens 20 % erhöhen.

Übrigens steht in dem Bündnis an keiner Stelle, die 300 Stellen für die beruflichen Schulen seien als zusätzliche Stellen zu den 5 500 Lehrerstellen zu verstehen.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es!)

Wo steht das denn? In dem Bündnis steht schlicht der Satz, dass im nächsten Schuljahr die Zahl der Deputate an beruflichen Schulen um 300 erhöht wird.

(Abg. Wintruff SPD: Aber das ist doch nichts Neu- es! Das haben wir doch schon gewusst! – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Ja, das ist nichts Neues. Sie finden, es sei nichts Besonderes, dass wir in der gegenwärtigen finanzpolitischen Lage zusätzlich 300 Stellen einrichten.

(Abg. Wintruff SPD: Ja, innerhalb der 5 500! Das ist doch ganz normal!)

Die gibt es in keinem SPD-regierten Land. Überall dort, wo die SPD regiert, kann die Berufsschule im nächsten Jahr überhaupt nichts an neuen Stellen erwarten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wintruff SPD: Bei dem Defizit ist es doch selbst- verständlich, dass die Berufsschulen auch etwas er- halten! – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU: Das passt dem Wintruff nicht! Er will auch hier SPD- Verhältnisse haben!)

Ich gehe jetzt nicht auf all die Zahlen ein. Ich gehe vielmehr auf das ein, was landesspezifisch ist. Übrigens hat Nordrhein-Westfalen überhaupt kein Bündnis für Arbeit geschlossen.

(Abg. Schmiedel SPD: Natürlich! – Abg. Ruth We- ckenmann SPD: Nein!)

Das erste Bündnis auf der Ebene eines Landes wurde in Baden-Württemberg geschlossen.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Nordrhein-Westfa- len, 26. Juni! Lesen Sie es nach! – Zurufe der Abg. Schmiedel und Carla Bregenzer SPD)

Ja, ja, Nordrhein-Westfalen hat auch ganz andere Ausbildungsquoten.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: 10 % Arbeitslosigkeit in Nordrhein-Westfalen! – Abg. Ruth Weckenmann SPD: Lesen Sie es doch nach! Warum behaupten Sie das jetzt?)

Ich will die landesspezifischen Punkte herausgreifen. Erster Punkt: Es ist versucht worden, im bundesweiten Bündnis für Arbeit eine neue Verzahnung zwischen beruflicher Vollzeitschule und Teilzeitschule aufzunehmen. Das ist auf Bundesebene abgelehnt worden. Das ist ein wichtiger Punkt. Wir haben ihn in das Bündnis für Arbeit aufnehmen können. Alle Partner des Bündnisses haben zugestimmt. Das ist für die nächsten zehn Jahre d i e Innovation für unser berufliches Bildungswesen schlechthin. Denn es darf nicht sein, dass Jugendliche einen beruflichen Bildungsgang in einer beruflichen Vollzeitschule absolvieren und dafür dann, wenn sie in eine duale Ausbildung gehen, keinerlei Anerkennung bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Die Module müssen anerkannt werden. Die Verweildauer im Bereich der beruflichen Bildung darf nicht noch länger werden. Wir haben 13, 14, 15 Schuljahre. Wir brauchen einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Lebenszeit junger Menschen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Die Ziffer 9 – das ist eine der wesentlichen Ziffern dieses Bündnisses – trägt dazu bei, dass bei Kammerprüfungen auch bereits erbrachte Ausbildungs- und Qualifizierungsleistungen von Absolventen geeigneter vollzeitschulischer Bildungsgänge anerkannt und diese Absolventen damit zur Kammerprüfung zugelassen werden.

(Abg. Wintruff SPD: Das ist ein guter Punkt! Da unterstützen wir Sie!)

Das ist wahr. Das ist der Punkt, der beim Bundesbündnis nicht zustande gekommen ist

(Abg. Wintruff SPD: Aber wir wollen Details wis- sen! Noch weiß man nichts Genaues!)

und der zu einer neuen Verzahnung zwischen beruflicher Vollzeitschule und Berufsschule führen wird.

(Ministerin Dr. Annette Schavan)

Zweitens: Wir wollen für die Gruppe der Leistungsschwachen unterschiedliche Wege.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sehr gut!)

Dazu gehört das Praktikum plus Berufsschule. Da bin ich einmal gespannt, welches Land den Praktikanten im Schulsystem eine Chance zur Qualifizierung gibt. Wir wollen aber auch mehr zweijährige Berufsausbildungen. Wir wollen nicht warten, bis alle in Deutschland bereit sind, mehr zweijährige Berufsausbildungsgänge zu entwickeln. Wir wollen in Baden-Württemberg solche Berufe branchenspezifisch entwickeln.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Die SPD steht seit 20 Jahren abseits! – Gegenruf der Abg. Ruth Weckenmann SPD: Bundesbündnis!)

Der dritte wichtige Punkt: Wir wollen, dass die Förderung der Leistungsschwachen auch in die überbetriebliche Ausbildung noch stärker einbezogen wird.

Vierter Punkt – auch ein spezifischer Landespunkt –: Wir werden im Rahmen der dualen Ausbildung die Zahl der Bildungsgänge erweitern, mit denen zugleich der Erwerb der Fachhochschulreife verbunden ist. Das ist wieder ein Zeichen für Durchlässigkeit. Egal, in welchen Bildungsgang ich gehe: In möglichst vielen Bildungsgängen muss der Zugang zum tertiären Bereich möglich sein.

(Abg. Röhm CDU: Jawohl!)

Das ist auch für die Eltern wichtig. Immer mehr Eltern wünschen für ihre Kinder einen Bildungsabschluss, der den Zugang zum tertiären Bereich ermöglicht. Wir schaffen weitere Bildungsgänge im Bereich der beruflichen Bildung, in denen das möglich ist.

Meine Damen und Herren, das sind einige Punkte, die sich nicht allein auf das nächste Jahr beziehen und nicht allein auf die Frage: Wie wird sich die Zahl der Lehrstellen entwickeln? Denn ob Bundesbündnis oder Landesbündnis: Wir brauchen uns da überhaupt nichts vorzumachen. Kein Mensch von uns weiß, wie viele Ausbildungsplätze verloren gehen und wie das Verhältnis sein wird zwischen denen, die verloren gehen, und denen, die jetzt neu geschaffen werden. Da wagt doch niemand eine Prognose. Die Frage, wie das Verhältnis sein wird und ob die 3 800 bei uns oder die entsprechende Zahl auf Bundesebene eine Zahl zusätzlicher oder nur neuer Ausbildungsplätze sein wird, ist wiederum – da komme ich zum Anfang zurück – ganz schlicht eine Frage, wie sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland in den nächsten Monaten und im Jahr 2005 weiterentwickelt. Wenn auch im nächsten Jahr um diese Zeit weiter 2 000 Arbeitsplätze pro Tag verloren gehen, dann wird – –

(Abg. Wintruff SPD: Sie bauen schon vor!)

Sie haben da nicht Grund zu schmunzeln, das sage ich Ihnen. Da haben Sie keinen Grund zu schmunzeln.

(Abg. Fischer SPD: Das tun wir auch nicht!)

Das geht mit Ihnen heim; da bin ich mir ganz sicher.

(Abg. Wintruff SPD: Das geht mit Ihnen heim!)

Ich finde, wir sollten illusionslos darangehen. Das ist wichtig. Wir haben dieses Bündnis mit den genannten Punkten doch zustande gebracht, weil es in Baden-Württemberg eine enge und langjährige Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Bildungsbereich gibt.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja, so ist es!)

Wir können damit jetzt auch Innovationen im Bereich der beruflichen Bildung erreichen. Wir können Innovationen sowohl im Hinblick auf die Leistungsschwächeren erreichen als auch im Hinblick auf diejenigen, die über die berufliche Bildung in den tertiären Bereich wollen. Ich halte das für einen wirklichen Fortschritt. Ich halte das übrigens auch für einen ganz wichtigen Punkt

(Abg. Wintruff SPD meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

ich führe das jetzt zu Ende aus;

(Abg. Wintruff SPD: Sie haben aber einen wichti- gen Punkt vergessen!)