Wir hätten dann nur noch Verwaltungen, die einen direkten demokratischen Unterbau haben: die Landesregierung mit dem Landtag, die Regionalkreise mit den Kreistagen bzw. Regionaltagen und die Gemeinden mit den Gemeinderäten.
Mit Ihrem Vorhaben verlagern Sie jede Menge an Aufgaben auf die vier Regierungsbezirke, schaffen also eigentlich vier Regionen im Land, die aber überhaupt keinen demokratischen Unterbau haben
und eigentlich zwischen den Ministerien und den Kommunen hin- und herwandern und immer mehr aus dem Blick geraten. Aber der Machtzuwachs, den sie bekommen,
(Abg. Hauk CDU: Das liegt doch an unserer Kon- trolle, Herr Kollege Kretschmann! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: A wa! Das ist gar nicht disku- tiert worden!)
Herr Kollege Hauk, wir haben in den ganzen Debatten wenig angesprochen, dass diese Reform mit ziemlicher Sicherheit zu einer Schwächung des Landtags führen wird, insbesondere zu einer Schwächung der Abgeordneten der Regierungsfraktionen. Denn das war ja erst einmal eine Ihrer wichtigen Aufgaben, in den Fachbereichen des Landes auch über die ganzen Fachbehörden Einfluss zu nehmen, weil die in unserem Blickfeld waren. Das ist alles weg, das kommt zu den Regierungspräsidien
und wird damit der Kontrolle des demokratischen Unterbaus entzogen. Das ist jedenfalls mit Sicherheit absehbar. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist.
Ich darf zusammenfassend sagen: Diese Reform hat nicht die richtigen Grundstrukturen. Es wäre nicht darauf angekommen, ob man da den einen oder anderen Stein herausgebrochen hätte. Deswegen wäre das Haus nämlich nicht zusammengefallen. Leider hatten Sie nicht den Mut dazu, und die Änderungen, die Sie vorgenommen haben, sind abgesehen von denen zur Polizei absolut marginal.
Ich fordere Sie deswegen auf, wenigstens der Revisionsklausel zuzustimmen und dieses Gesetz nicht ohne Revisionsklausel durch den Landtag beschließen zu lassen. Es ist das Mindeste, was die Kommunen von Ihnen als Regierungsfraktionen erwarten können, dass Sie ihnen wenigstens diese Sicherheit geben, dass dann, wenn es mit den Effizienzrenditen nicht klappt – wir haben noch einmal dargelegt, wo unsere Bedenken liegen –, nicht unsere Kommunen die Zeche zahlen müssen, sondern dass das korrigiert werden kann. Das wäre das Mindeste gewesen. Geben Sie sich einen Ruck, und nehmen Sie diese wichtige Korrektur für unsere Landkreise und unsere Gemeinden vor!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach den Wahlen vom 13. Juni gab es in der Folgenummer der „Zeit“ vom Herausgeber und Chefredakteur Naumann, der früher Mitglied dieser Bundesregierung war, einen Leitartikel mit der Überschrift „Nur noch klare Reformpolitik kann die Regierung retten“, aus dem ich ein paar Sätze zitieren möchte:
... Deutschland ist die exemplarische Genehmigungsrepublik geworden – der autoritäre Staat ist als verdrossen ertragenes Vorschriftenland wiedergekehrt, in dem sechsmal mehr Berufsrichter pro Kopf der Bevölkerung als in England die Herrschaft der Rechts- und Verwaltungsordnung garantieren.
Es wird dann von der strukturellen Unbeweglichkeit von Politik im Paragraphendschungel der föderalen Republik gesprochen. Weiter führt er aus:
... die Legislative und die Exekutive sind längst eingespannt in tausendundeinen Gesetzestext einer überkomplexen Republik.
an die Adresse der Bundesregierung, aber auch an die Adresse jedes Verantwortlichen für Landespolitik.
Meine Damen und Herren, das sind die Gründe dafür, warum wir mutig und nicht mit dem Drehen eines Schräubchens hier und eines anderen Schräubchens dort an die Reform der Verwaltung gehen müssen.
Baden-Württemberg hat eine gute Verwaltung. Das haben wir selbst spätestens dann gemerkt, als wir über 800 Beamte zum Aufbau in Sachsen hatten, die dort mit großem Erfolg tätig waren.
Diese Verwaltung wird mit dieser Verwaltungsreform noch besser. Institutionen und Betriebe, die sich nicht ständig erneuern, verlieren ihre Leistungsfähigkeit und ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Außer diesem ständigen Reformbedarf erzwingt die Situation der öffentlichen Haushalte eine grundlegende Reform der öffentlichen Verwaltung mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung trotz starker Reduzierung der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir werden uns über dieses Thema spätestens bei den Haushaltsplanberatungen des nächsten Doppelhaushalts hier unterhalten.
Bürgernähe und Subsidiarität, Selbstverantwortung und Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung, Bürgergesellschaft und Rückführung der Staatsquote sind die Ziele und Instrumente dieser Verwaltungsreform.
Dabei gehört die Zukunft den kleinen und überschaubaren Einheiten und nicht Mammutbehörden, die Sie gerade skizziert haben.
und für überschaubare Einheiten. Tatsächlich fordern Sie zwölf Regionalämter, die angereichert werden durch die
Aufgaben der Regierungspräsidien. Sie müssen sich einmal diese Mammutbehörden vorstellen! Gleichzeitig kritisieren Sie auf der anderen Seite unsere Vorstellungen.
Meine Damen und Herren, was schaffen wir? Wir schaffen genau das, was sich seit Generationen auf der Ebene der Gemeinde bewährt hat. Niemand merkt überhaupt noch, dass wir eine Einheit der Verwaltung auf der Ebene der Gemeinde haben, und zwar gleichgültig, ob die Gemeinde 500 Einwohner hat, 2 000 Einwohner,
20 000 Einwohner oder 200 000 Einwohner. In der Gemeinde gibt es ein einziges Amt, nämlich das Rathaus. Der Bürger weiß, wo er hingehen muss. Man meint, das sei selbstverständlich. Es ist überhaupt nicht selbstverständlich. Man könnte das ganz anders organisieren. Man könnte ein selbstständiges Steueramt machen, ein selbstständiges Bauamt, eine selbstständige Ortsbehörde für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung, ein selbstständiges Standesamt – nichts von alledem gibt es, nicht in der kleinsten Gemeinde und nicht in der Stadt Stuttgart. Die Einheit der Verwaltung hat sich bewährt.
Wir wollen nichts anderes erreichen, als das, was sich auf der Ebene der Gemeinde und jeder größeren Stadt bewährt hat, auf die Ebene des Kreises zu übertragen. Denn dort sieht es ganz anders aus. Dort haben wir ein Dutzend Sonderbehörden neben der staatlichen unteren Verwaltungsbehörde. In einigen Jahren wird es für einen Bürger genauso selbstverständlich sein, dass er e i n e Telefonnummer, e i n Amt, e i n e n Ansprechpartner wie auf der Ebene der Gemeinde auch auf der Ebene des Kreises hat. Die Kreisstadt ist vertraut, und die Kreisstadt ist bei unserer Kreisgröße erreichbar. Sie wissen, dass sich das einspielen wird, und Sie wissen auch, dass das in anderen Ländern Schule machen wird. Sie wissen – das ist an diesem Pult in den letzten Monaten häufig von Herrn Hofer und anderen zitiert worden – ganz genau, dass das nicht von uns erfunden wurde, sondern gängige wissenschaftliche Erkenntnis aller Hochschullehrer ist, die sich mit Verwaltungsreform beschäftigen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch gar nicht wahr!)
Vorhin habe ich von einem Debattenredner die Frage gehört, was denn der Bürger von dieser Bündelung tatsächlich habe; da beantrage einer einen Führerschein, und dann brauche er doch nicht integrierte Entscheidungen. Aber wenn der gleiche Bürger ein Baugesuch vorlegt
und auf einmal bei diesem Baugesuch auch eine wasserwirtschaftliche Frage, eine naturschutzrechtliche Frage oder eine denkmalschutzrechtliche Frage auftaucht, dann ist er bereits an der integrierten Entscheidung interessiert, weil er sonst Monate auf die Baugenehmigung wartet.