Protocol of the Session on June 30, 2004

Das ist genau der Punkt der Debatte.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Sie haben natürlich versucht, uns mit Begriffen wie „Bürgerferne“ und „riesige Kreise“ in die Defensive zu drängen.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Das können Sie aber nicht wirklich. Sie müssen nämlich zugeben, dass Sie in Ihrem eigenen Gesetz Hilfskonstruktionen erfinden müssen,

(Abg. Drexler SPD: Genau!)

um die geordnete Reform, die wir wollten, über Umwege zu erreichen.

(Zurufe der Abg. Dr. Noll FDP/DVP und Fischer SPD)

Das ist genau der § 13 a des Landesverwaltungsgesetzes,

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

der mit den gemeinsamen Dienststellen nichts anderes als eine Hilfskonstruktion ist, die in diese Richtung führt. Sie müssen jetzt also das, was wir in einem klaren Konzept vorgelegt haben, über Hilfskonstruktionen erreichen, über die ganzen Kooperationen, die Sie auf einmal vorschlagen.

(Abg. Schneider CDU: War vorher schon so!)

Dieser Widerspruch zwischen der Schaffung von Miniämtern einerseits und Appellen – Appellen, wohlgemerkt – zur Kooperation andererseits zeigt:

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Erst wird die Fachverwaltung in funktionsunfähige Minikreisämter zersplittert, und dann sollen die Kreise wieder kreisübergreifende Kooperationen eingehen, damit die Fachkräfte wie vor der Reform in größeren Verwaltungseinheiten sinnvoll gebündelt werden können.

(Abg. Rech CDU: Das ist die Aktion Laubfrosch!)

Offenkundiger kann man nicht eingestehen, dass man mit dem eigenen Konzept unglücklich ist und sich eigentlich größere Verwaltungseinheiten gewünscht hätte.

Ich verweise noch einmal auf den Innenminister. Der Innenminister hat bei der Ersten Beratung gesagt, solche Kooperationen seien aus seiner Sicht nahezu zwingend.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig! Da hat er Recht!)

Das bestätigt wiederum: Es kann ohne diese Kooperationen überhaupt nicht wirklich funktionieren.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber doch nur in einzel- nen Bereichen! – Abg. Hofer FDP/DVP: Es gibt heute schon Kooperationen! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Insofern gehen Sie mit diesen Hilfskonstruktionen ganz klar in unsere Richtung. Die Überlegung hinsichtlich einer Zusammenlegung einzelner Kreise bestätigt das haargenau.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das ist genau das, was Sie uns vorgeworfen haben: unser Vorschlag sei nicht sachgemäß. Sie müssen jetzt selbst zugeben, dass es so ist. Dabei muss man sich überlegen, dass der jetzige Zuschnitt der Kreise schon bisher nicht ausgereicht hat zur Wahrnehmung der kommunalen Aufgaben, die die Kreise haben,

(Abg. Schneider CDU: Wo denn?)

wie Nahverkehrsplanung, Wirtschafts- und Tourismusförderung, Krankenhausbedarfsplanung und Abfallpolitik. Die Kreise haben bereits in den letzten Jahren – das können Sie nicht bestreiten, Herr Kollege Schneider – in zunehmendem Umfang Aufgaben an größer strukturierte Zweckverbände und Gesellschaften delegiert und damit jedenfalls der direkten Gestaltung des Ehrenamts entzogen.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Das heißt, schon bei den bestehenden wichtigen kommunalen Aufgaben zeigt sich – –

(Zurufe von der CDU)

An der Abfallbeseitigung sehen Sie ganz exemplarisch, dass diese Größen zu klein sind und sich alle in Zweckverbände und Gesellschaften flüchten mussten.

(Beifall des Abg. Sakellariou SPD – Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wenn wir davon ausgehen, dass Arbeitsmarkt und Ausbildung sowie Trägerschaften regional bedeutsamer öffentlicher Einrichtungen im sozialen Bereich und bei der Betreuung von Kindern und behinderten Menschen oder im kulturellen Bereich regional organisiert sein werden, dann zeigt sich, dass Sie mit Ihren Größenordnungen nicht richtig liegen.

Ich habe im letzten halben Jahr in diesem Land eine Wirtschaftstour gemacht und fast alle – ich bin noch nicht ganz fertig – Industrie- und Handelskammern besucht. Unisono lautet die ganz klare Botschaft, weil die dort die Daten haben, dass die gesamten Wirtschaftsabläufe, die Verkehre, aber auch das kulturelle und Freizeitangebot heute weitgehend regionaler Art sind.

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

Das heißt, das tatsächliche Verhalten der Menschen geht in der Regel

(Abg. Drexler SPD: Über die Kreisgrenzen schon lange hinaus!)

über die Kreise hinaus und konzentriert sich in Regionen. Die Region Stuttgart ist dafür das Paradebeispiel.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die Region Karlsruhe ist auch nicht schlecht!)

Dadurch ist im Prinzip der erste Nukleus einer neuen Struktur geschaffen.

Das zeigt, dass unser Konzept, die 44 Stadt- und Landkreise in 12 Regionalkreise zu überführen, richtig ist. Es wäre

ein mutiges Konzept gewesen, das für die nächsten 20 bis 30 Jahre

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Diskutiert worden wä- re!)

die Größenordnung wirklich richtig justiert hätte, und wir hätten mit der Abschaffung der Regierungspräsidien und einer zweistufigen Verwaltung die Verwaltung wirklich verschlanken können.

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

Andere Bundesländer – auch Flächenstaaten wie Niedersachsen, auch von der Union geführte – zeigen, dass dieser Weg durchaus gegangen wird. Wir hätten mit diesen Vorschlägen auf schon bestehenden Strukturen aufbauen können. Das Erfolgsmodell der Region Stuttgart zeigt,

(Zuruf des Abg. Hofer FDP/DVP)

dass wir mit unserem Konzept auf der Basis von Regionen richtig liegen. Wer einmal nach Brüssel geht und sich anschaut, wie in Zukunft die Politik eingefädelt wird, wird sich da vollkommen bestätigt fühlen. Die europäische Musik wird zukünftig in den Regionen spielen, und Kreise sind dafür zu klein.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: In unterschiedlicher Form! – Abg. Dr. Noll FDP/ DVP: Eine Region in Europa ist manchmal wie bei uns ein Bundesland!)

Schließlich hätten wir die Landräte dieser Regionalkreise direkt vom Volk wählen lassen. Sie hätten, wie heute die Kreistage auch, einen direkten Unterbau gehabt.

(Abg. Drexler SPD zu Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Sie wollten doch die Landräte nicht mehr in die Landtage lassen, Herr Dr. Noll! – Gegenruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Wir hätten dann nur noch Verwaltungen, die einen direkten demokratischen Unterbau haben: die Landesregierung mit dem Landtag, die Regionalkreise mit den Kreistagen bzw. Regionaltagen und die Gemeinden mit den Gemeinderäten.