sondern in den immer noch nicht befriedigend geklärten Auswirkungen von Hartz IV, nämlich der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe,
und – zweiter wesentlicher Punkt; jeder, der einmal im Kreistag gesessen hat oder noch sitzt, weiß das –
in den medizinisch und demografisch bedingten Steigerungen im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. Ich denke, das ist jedem bekannt und bewusst. Wir reden viel über Demografie. Ein Teilaspekt der Demografie ist, dass mit längerem Leben das Risiko, nicht nur ab Geburt, sondern im Laufe des Lebens dauerhaft oder vorübergehend eine Behinderung zu bekommen, wesentlich steigt und damit natürlich auch der Posten Eingliederungshilfe selbstverständlich tendenziell steigen wird, und dies unabhängig von einer Organisationsform hier im Land. Dann stellt sich die Frage, ob wir das nicht endlich als gesamtgesellschaftliche Leistung ansehen müssen und nicht mehr als quasi Unterabteilung der Sozialhilfe und uns im Bund ein eigenes Leistungsgesetz für den Bereich der behinderten Menschen überlegen müssen. Dieses Ziel müssen wir massiv verfolgen, und ich bin sehr zuversichtlich – weil ich von den Kolleginnen und Kollegen der CDU genau weiß, dass wir da an einem Strang ziehen –, dass wir das auch tun werden. Denn wir werden das nur dann schaffen, wenn wir ein Leistungsgesetz, das auch Leistungsansprüche regelt, haben werden. Dabei müssen wir natürlich gleichzeitig – darüber sind wir uns auf dieser Seite des Parlaments auch einig – das Konnexitätsprinzip einhalten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und des Abg. Hillebrand CDU – Abg. Kleinmann FDP/ DVP: Sehr richtig!)
Wenn Leistungen neu geregelt werden, dann muss auch der, der diese Leistungen regelt, die Finanzierung regeln und darf sie nicht auf die Kommunen und Landkreise abwälzen. Das ist der Kern des Problems.
Übrigens: Für den Fall einer zusätzlichen Übertragung von Aufgaben nach europäischem oder Bundesrecht – so viel zum Thema Konnexität – sind die Kreise durch eine spezifische Revisionsklausel geschützt.
In diesem Bereich gibt es eine Revisionsklausel. Das ist unstrittig. Aber einer allgemeinen Revisionsklausel – wir wissen es alle, wir haben auch damit sympathisiert – bedarf es
wohl nicht. Denn die Bemessung der Ausgleichsleistungen des Landes ist in einem Erörterungsprozess zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden erfolgt, der von allen Seiten als außerordentlich fair beschrieben worden ist und übrigens Dynamisierungen vorgesehen hat. Es liegt mir deshalb daran, hierfür stellvertretend insbesondere Herrn Staatssekretär Rückert noch einmal ausdrücklich zu danken, der genau diese im Detail schwierigen Fragen zu bearbeiten hatte.
Wenn ich schon beim Danken bin, dann darf ich namens der Kolleginnen und Kollegen unserer Fraktion auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Regierung dafür danken, dass wir auf allen Ebenen durchaus unterstützt worden sind, dass wir Sachverstand sowohl von der Fraktion als auch von den Ministerien in die Detaildiskussion einbringen konnten.
Der immer wieder vorgebrachte Kritikpunkt, die Verwaltung würde durch diese Reform nicht effizienter, überschaubarer und bürgernäher, sondern würde unter der Zersplitterung der Fachkompetenz der bisherigen Sonderbehörden leiden, lässt sich, jedenfalls zum Teil, durch einen Blick auf die Auswirkungen des 1994 – ich war noch nicht dabei, habe es aber erlebt –
verabschiedeten Sonderbehörden-Eingliederungsgesetzes widerlegen. Interessanterweise hat auch meine Fraktion da umgelernt. Ich habe ihr damals noch nicht angehört, habe mir aber sagen lassen, dass damals genau die gleichen Folgen vorhergesagt wurden und dass gewarnt wurde. Unsere Fraktion hat die Fraktion der SPD kritisiert, weil sie das Sonderbehörden-Eingliederungsgesetz mit beschlossen hat. Auch aus Verbänden und Personalvertretungen kamen exakt dieselben Bedenken und Warnungen, und wir haben denen damals Glauben geschenkt. Ich glaube, im Wechselspiel von Regierung und Opposition ist das verständlich.
Das darf aber nicht den Blick darauf verstellen, wie die realen Auswirkungen waren. Da gilt es festzuhalten: Was 1994 befürchtet wurde, ist nicht eingetreten. So wird es auch diesmal sein.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf von der SPD: Eine Million! – Glocke des Präsiden- ten)
Herr Kollege Dr. Noll, wie viele Landkreise zahlen denn heute mehr, als sie vom Land ersetzt bekommen? Damals, bei der Eingliederung der Wasserwirt
schaftsämter und Gesundheitsämter, waren es 100 %. Es gibt ja eine Untersuchung des baden-württembergischen Gemeindetags. Wie viele zahlen heute mehr, als sie an Entschädigung vom Land bekommen?
(Abg. Drexler SPD: Dann können Sie doch nicht sagen, es wäre nichts passiert! Die Kritik war doch berechtigt! – Zurufe der Abg. Pfister und Theurer FDP/DVP – Unruhe)
Herr Drexler, ich habe in einer Phase meiner beruflichen Laufbahn im öffentlichen Gesundheitsdienst gearbeitet und habe genau diese Auswirkungen, die wir alle befürchtet hatten, nicht erlebt. Ich denke zunächst einmal nicht in Zahlen, sondern im Sinne der Menschen, die ihre Befürchtungen äußern.
Lassen Sie mich zum nächsten Punkt kommen, der für die FDP/DVP sehr wichtig ist, zum Thema Kooperationen. Für unsere Fraktion war das ein zentrales Thema. Gerade wenn wir sagen, wir dürften jetzt keine Kompetenzen zersplittern, müssen wir sie dort, wo sie notwendig sind, durch Kooperationen erhalten. Deswegen war uns das so wichtig. Wir haben natürlich auch überlegt, ob man das ins Gesetz schreiben könnte, sind aber zum Ergebnis gekommen,
dass das den Grundsatz der Verwaltungsreform durchbrochen hätte. Deswegen haben wir an der einen oder anderen Stelle – ich kann das konkret von der Versorgungsverwaltung sagen – in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass die Landespolitik Kooperationen nicht nur für möglich und notwendig, sondern an manchen Stellen zur richtigen Aufgabenerledigung sogar für zwingend hält. So ist es zum Beispiel in der Begründung zum Bereich der Versorgungsverwaltung nachzulesen. So viel übrigens zu der Frage, was nachträglich von den Fraktionen eingebracht worden sei.
das ich heute, nachdem einige der Herren Landräte anwesend sind, noch einmal erwähnen darf. Ich appelliere noch einmal ausdrücklich, in geeigneten und notwendigen Fällen von diesen Kooperationsmöglichkeiten Gebrauch zu machen, übrigens im wohlverstandenen eigenen Interesse – Thema Effizienzrendite –, im Interesse der Beschäftigten, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und natürlich im Interesse der Menschen, die die Dienstleistungen benötigen und die kompetente Ansprechpartner brauchen. Wir können diese Kooperationen nur ermöglichen und noch einmal an die Verantwortlichen appellieren. Erzwingen wollten wir sie nicht. Dieser Gesetzentwurf setzt im Grundsatz auf die Or
ganisationshoheit der Landkreise. Deshalb können und müssen diese jetzt selbst entscheiden, ob und, wenn ja, in welchem Umfang sie von den gesetzlich gegebenen und gewünschten Kooperationsmöglichkeiten tatsächlich Gebrauch machen wollen. Sie sind, glaube ich, als Verwaltung gut beraten, die gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger ein Stück weit mit ins Boot zu nehmen.
Auch dies wurde von uns – ich werde es nachher noch einmal im Detail sagen – an vielen Stellen möglich gemacht.
Wer dezentrale Strukturen fördern und stärken will, muss auch das Grundvertrauen aufbringen, dass es möglich ist, in dezentralen Strukturen vernünftige Entscheidungen zu treffen, und er muss wissen, dass eine Entscheidung keineswegs umso vernünftiger ist, je „weiter oben“ sie gefällt wird. Oft ist es gerade umgekehrt, weil die „weiter unten“ angesiedelten Entscheidungsträger viel näher am Bürger und an der Bürgerin sind.
Dasselbe gilt übrigens, wenn es um den Abbau von Standards und Regulierungen geht. Ich möchte ein Beispiel nennen, das ich live und persönlich hier als Abgeordneter erlebt habe. Ginge es nach der SPD, liebe Frau Wonnay, würden wir heute noch die Höhe der Kleiderhaken in Kinderbetreuungseinrichtungen durch Richtlinien regeln.
(Abg. Marianne Wonnay SPD: Quatsch! Darum ging es uns nie! Das ist jetzt schlichtweg Unsinn, was Sie da sagen, Herr Dr. Noll!)
dass die kommunale Ebene sehr wohl in der Lage ist, selbst zu entscheiden, wie sie ihre Aufgaben zweckmäßig, effizient und bürgernah erledigt.