(Abg. Drexler SPD: Auf Deutsch gesagt: Es ist Murks! – Gegenruf des Abg. Hillebrand CDU: Weil ihr es nicht kapiert! – Abg. Alfred Haas CDU: Dem Herrn „Dreckler“ fällt auch nichts mehr ein! – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Du kannst das Wort ja nicht einmal buchstabieren! – Abg. Capez- zuto SPD: Der hat schon Probleme mit seinem Na- men, der Haas!)
Meine Damen und Herren, wir werden im Laufe dieser Debatte, wie schon in den Ausschussberatungen, zu zahlreichen Punkten Änderungsanträge einbringen und hier zur Abstimmung stellen lassen, Änderungsanträge, die sich auf die Revisionsklausel, auf einzelne Bereiche etwa in der Vermessungsverwaltung, in der Versorgungsverwaltung oder auf die Beteiligung der Mitarbeiter bei den Personalräten, insbesondere in der Übergangsphase, beziehen. Wir sind gespannt, ob Sie wenigstens in kleinen Teilbereichen noch zu Ergebniskorrekturen fähig sind.
Ansonsten lautet unser Fazit: Diese Verwaltungsreform ist so, wie sie auf den Tisch gelegt wurde, bereits jetzt ein Auslaufmodell.
Die Reformdiskussion, wie wir die Verwaltung in BadenWürttemberg in den nächsten 20, 25 Jahren gestalten, hat wieder begonnen. Stichworte wie Kreisreform sind dazu Anlass. Ich bin überzeugt, wir werden uns über kurz oder lang mit der Korrektur dieser verfehlten Reform beschäftigen müssen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Grundsatz jeglicher Verwaltungsreform ist die Frage, wie öffentliche Dienstleistungen für die Bürger und die Wirtschaft so effizient, so bürgernah und zugleich so kostengünstig wie möglich erbracht werden
können. Es ist ein Prinzip jedes Wirtschaftsunternehmens und jedes Dienstleistungsunternehmens – und inzwischen ist es, glaube ich, in den Kommunen draußen viel weiter verbreitet als hier bei Ihnen, liebe Kollegen von der SPD; die Kommunen sehen sich nämlich selber als Dienstleister –, zunächst vom Kunden her zu denken, und das sind in diesem Fall die Bürgerinnen und Bürger.
Zweitens ist stets die Frage zu stellen, ob und inwieweit Standards und Regulierungen einer effizienten Aufgabenerledigung im Wege stehen und ob diese Regulierungen zwingend erforderlich sind.
Drittens ist zu fragen, ob es wirklich zwingend erforderlich ist, dass diese Dienstleistungen durch die öffentliche Hand erbracht werden, oder ob sie nicht genauso gut oder besser durch private und im Wettbewerb freie Träger erbracht werden können. Ich denke, das ist der Lackmustest dafür, ob man Subsidiarität ernst nimmt oder nicht. Wir nehmen sie ernst. Deswegen entspricht das voll der liberalen Überzeugung, Subsidiarität überall dort einzufordern, wo es möglich ist.
Auf all diese Fragen gibt das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz, das wir heute beschließen werden – ich bin mir sicher, dass wir das tun werden –, keine abschließenden, keine ein für alle Mal gültigen Antworten, aber es enthält ganz wesentliche Schritte hin zu einer effizienteren, kostengünstigeren und bürgernäheren Struktur der öffentlichen Verwaltungen.
Dieser große Schritt, den wir heute von der Gesetzgebung her zum Abschluss bringen – der reale Vollzug wird seine Zeit brauchen –, wäre ohne den Druck knapper Kassen möglicherweise nicht zustande gekommen. Es ist aber schon wichtig, darauf hinzuweisen, dass er auch nicht zustande gekommen wäre, wenn die FDP/DVP nicht durch ihre Beratungen und Beschlüsse aus dem Jahr 2002, die man alle nachlesen kann, den Weg für die jetzige Verwaltungsreform freigemacht hätte.
(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Abg. Kleinmann FDP/DVP: Varia- tio delectat!)
Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen in der Politik, dass man sich nicht für 20 Jahre auf eine einmal gefasste Meinung festlegt, sondern dass man neue Entwicklungen wahrnimmt. Es ist wahr: Auch wir haben damals in etwa das Modell, welches Sie noch heute fordern, in unserem Programm gefordert. Aber wir haben irgendwann die Realitäten gesehen und erkannt, dass die Entwicklung weitergegangen ist, was Sie leider nicht erkannt haben. Ich prophezeie Ihnen: Wenn Sie weiter in die Richtung gehen, wie Sie es jetzt tun, passiert gar nichts.
Im Übrigen darf ich Sie einmal auf die Konsequenzen, die sich aus Regionalkreisen einschließlich eines neuen Zuschnitts der Gebietskörperschaften ergäben, hinweisen.
(Abg. Drexler SPD: Sie machen doch jetzt auch eine Kreisreform! – Abg. Stickelberger SPD: Der Pfister macht sie doch!)
Wenn Sie, Herr Drexler, das bedenken und wenn Sie insbesondere bedenken, was für einen Umbruch und was für eine Flexibilität Sie den Beschäftigten, deren Interessen Sie ja immer im Auge behalten
und wir im Übrigen auch, im intensiven Gespräch, ich zum Beispiel persönlich in der Versorgungsverwaltung –, zumuten müssten – das könnten Sie einmal darstellen –, dann sollten Sie, glaube ich, eigentlich ein bisschen vorsichtig sein. Ich verstehe, dass Sie den Protest möglichst sammeln.
Aber nach Ihrem Modell wäre von den Beschäftigten auf allen Ebenen wesentlich mehr Flexibilität gefordert.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Über Flexibilität haben wir nicht diskutiert!)
Das Verwaltungsstruktur-Reformgesetz wäre im Übrigen auch nicht zustande gekommen, wenn die kommunalen Landesverbände nicht immer wieder zu Recht und mit unserer Unterstützung für die Stärkung der Einräumigkeit der Verwaltung und damit für eine weitgehende Eingliederung der Sonderbehörden in die Landratsämter und Stadtkreise eingetreten wären.
Schließlich: Das Angebot des Landkreistags, eine 20-prozentige Effizienzrendite zu erwirtschaften, wenn es zu dieser großen Strukturreform kommt, hat dem Reformprozess auch angesichts knapper Kassen zusätzlichen Schwung verliehen. Denn die Bezifferung der Effizienzrendite auf 20 % stammt nicht von irgendwelchen dahergelaufenen Landespolitikern, sage ich jetzt einmal salopp,
die den Kommunen eine nicht zu realisierende Effizienzrendite aufoktroyieren wollten, sondern es war Originalton des Präsidenten des Landkreistags.
Weil in Teilen der Öffentlichkeit und insbesondere bei der Opposition die Möglichkeit, diese Effizienzrendite zu erwirtschaften, immer wieder infrage gestellt wird – wie heute auch wieder –, zunächst zu diesem Thema einige Anmerkungen: Die Effizienzrendite entsteht nicht durch Einsparungen allein in den Zweigen der Landesverwaltung, die jetzt in die Landratsämter und in die Regierungspräsidien eingegliedert werden, sondern sie ist auch und vor allem eine unmittelbare Folge der Stärkung der Einräumigkeit der Verwaltung. Integrierte Entscheidungen innerhalb einer Behörde, die damit mögliche Verzahnung und Vereinfachung von Verwaltungsverfahren, die Zusammenfassung von Fachkompetenz aus einer früher zersplitterten Behörden
landschaft, eine neue Aufbau- und Ablauforganisation mit weniger Schnittstellen, die Optimierung von Querschnittsbereichen – dies alles trägt erheblich dazu bei, dass die Verwaltung schneller, bürgernäher und zugleich auch deutlich kostengünstiger arbeiten wird.
Die Berichtspflicht ist unserer Fraktion besonders wichtig. Stellvertretend sei Jürgen Hofer genannt, dem ich an dieser Stelle dafür danken möchte, dass er dieses Thema zusammen mit allen zuständigen Fachabgeordneten in Gesprächen innerhalb und außerhalb des Parlaments so intensiv vorbereitet hat und da gezeigt hat, dass im Team, wenn die Grundsatzentscheidung gefallen ist, durchaus mit Sachverstand gearbeitet werden kann, übrigens unter Einbeziehung der Exekutive. Überall haben wir natürlich auch deren Sachverstand mit eingebracht. Ich betone das, weil Sie gesagt haben, die Ministerien hätten sich überhaupt nicht eingebracht. Aus meinem Bereich, dem des Sozialministeriums, kann ich nur dankend erwähnen, dass ich sehr intensiv auch auf dieser Ebene zusammenarbeiten konnte. Unter dieser Federführung war uns das Thema Berichtspflicht ein wesentliches Thema, um von vornherein klar zu machen: Einer Verschiebung von Kosten, die dann zur Erhöhung der Kreisumlage führen würde, wollen wir einen Riegel vorschieben, indem wir den gewählten kommunalen Vertretern in Kreistagen und Gemeinderäten auf jeden Fall Kontrollmöglichkeiten an die Hand geben. Wir haben – vielleicht im Gegensatz zu Ihnen – wirklich Vertrauen zu den gewählten Gemeinderätinnen und -räten und Kreisrätinnen und -räten jeder Couleur. Ich habe zu meinen FDPlern großes Vertrauen, zu den CDUlern, denke ich, auch. Ich wünschte mir, auch Sie hätten dieses Vertrauen.
Sie sollten – Herr Drexler, Sie saßen ja selber lange im Kreistag – vielleicht ein bisschen helfen, dass diese Kontrollfunktion dann auch ausgeübt werden kann.
Ich denke, die FDP/DVP hat mit dafür gesorgt, dass aufgrund dieser Berichtspflicht ganz klar Transparenz herrschen wird
(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Dr. Inge Gräßle CDU – Abg. Drexler SPD: Wer soll es denn dann zahlen? Die Berichtspflicht wird niemanden zum Zahlen bringen!)
Die Risiken für die Höhe der Kreisumlage, die ja zu Recht immer ein Thema sind, liegen weiß Gott nicht in den Regelungen dieses Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes,
sondern in den immer noch nicht befriedigend geklärten Auswirkungen von Hartz IV, nämlich der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe,