Protocol of the Session on May 5, 2004

Frau Dederer hat heute ihren roten Kampfanzug an.

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)

Anscheinend geht es ihr mehr um Krawall als um Kompetenz. Diesen Eindruck habe ich.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das war jetzt aber schlichtweg billig!)

Es ist doch einfach unglaublich, was hier an Verdrehung von Tatsachen vorgetragen worden ist. Deswegen muss ich einmal die Zahlen nennen, damit klar wird, worüber wir hier eigentlich reden.

Zunächst hat Herr Schmid gesagt, die Landesstiftung fördere Unsinn. 93 % der Beschlüsse des Aufsichtsrats der Landesstiftung werden einstimmig gefasst. Also wird auch die SPD zumindest zu 93 % Unsinn fördern. Nein, Sie fördern ihn dort, wo Sie tätig sind, zu 100 %.

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Also so etwas kann man doch einfach nicht sagen.

Jetzt einiges zu den Zahlen, meine Damen und Herren. Man hat immer den Eindruck, dass der Haushalt in Ordnung käme, wenn die Landesstiftung aufgelöst würde.

(Abg. Walter GRÜNE: So leicht machen wir es euch nicht!)

Die Landesstiftung hat zurzeit noch einen Wert von 1,6 Milliarden €. Wenn wir die Landesstiftung auflösen würden, blieben zum Schluss 450 Millionen € übrig. Wer die Auflösung fordert, schadet dem Land Baden-Württemberg.

(Abg. Dr. Scheffold CDU: So ist es! – Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Jetzt noch ein paar andere Zahlen. Die Landesstiftung hat jedes Jahr Erträge von 75 Millionen €. Davon stellen wir 25 Millionen € zur Inflationsbereinigung zurück, damit der Wert erhalten bleibt. 50 Millionen € schütten wir aus. Wir haben leider im letzten Jahr 2 Milliarden € Nettoneuverschuldung machen müssen. Daran sehen Sie, wie unbedeutend die 50 Millionen € im Verhältnis zu unserer Verschuldung sind. Einfach so zu tun, als ob die Auflösung der Landesstiftung die Verschuldung wegputzen würde, ist doch ein Witz.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das sagt doch kein Mensch! – Gegenruf von der CDU: Doch!)

Dann der nächste Satz: Wir würden den Landeshaushalt an die Wand fahren.

Meine Damen und Herren, wenn ich einmal die 16 Länder in Deutschland betrachte, und dabei insbesondere die Länder, die von der SPD und den Grünen regiert werden, stelle ich fest,

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Das ist doch kein Argument!)

dass Baden-Württemberg das Land mit dem zweitbesten Landeshaushalt ist.

(Beifall bei der CDU – Abg. Heike Dederer GRÜ- NE: Das zeigt doch die Dramatik!)

Ein weiterer Punkt, den ich mit aller Deutlichkeit sagen will: Wir geben ungefähr 90 % des Geldes der Landesstiftung für Bildung und Forschung aus. Zum Beispiel haben wir 90 Millionen € für Schlüsseltechnologien und für Nahrungsmittelsicherheit bereitgestellt. Wir haben in der Zwischenzeit 2 000 Studenten bei der Baden-Württemberg-Stiftung, und zwar Studenten, die entweder aus dem Ausland zu uns gekommen sind oder die von hier ins Ausland gehen. Das alles ist doch hervorragend.

Ich muss mich deswegen noch einmal mit ganz großem Nachdruck gegen diese Verunglimpfung der Landesstiftung wenden. Es ist einfach nicht richtig, dass durch den Verkauf oder die Auflösung der Landesstiftung unser Haushalt nach

(Minister Stratthaus)

drücklich saniert werden könnte. Im Übrigen werden fast alle Maßnahmen, die die Landesstiftung durchführt, von allen mitgetragen.

Ich möchte wiederholen, was vorhin etwas flapsig gesagt worden ist: So viel, wie Sie bei der Landesstiftung mitzureden haben, haben Sie in der Landespolitik nicht mitzureden; das wollen wir einmal mit aller Klarheit feststellen. Seien Sie deshalb froh, dass wir einen Aufsichtsrat haben, in dem Sie mitsprechen können.

Alles in allem, meine Damen und Herren: Die Landesstiftung ist eine gute Einrichtung, die erhalten bleiben muss.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Eine segensreiche Einrichtung! Jawohl!)

Wer die Landesstiftung auflösen will, der vernichtet Vermögen, das Baden-Württemberg gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Anträge der Fraktion der SPD, Drucksache 13/1219 und 13/1241, sind durch die Aussprache erledigt.

Punkt 6 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Endlagerung atomarer Abfälle – Drucksache 13/1922

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion, gestaffelt.

Wem von der CDU darf ich das Wort erteilen? – Offenbar wird das Wort im Moment nicht gewünscht.

Wer spricht von der SPD zu diesem Tagesordnungspunkt? –

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Soll ich anfan- gen?)

Frau Abg. Schmidt-Kühner, ich erteile Ihnen das Wort.

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Was ist denn mit der CDU los?)

Dann machen wir ja heute ein schönes Spielchen; mal sind die einen später dran, mal die anderen. Es gleicht sich also gerade aus, sozusagen unentschieden.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die hochradioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken strahlen über Jahrmillionen; das ist uns bekannt. Menschen und Umwelt müssen langfristig vor den gesundheitsgefährdenden Strahlen geschützt werden. Dazu brauchen wir ein Endlager in geeigneten tiefen geologischen Schichten. Fast 50 Jahre nach Beginn der Atompolitik in Deutschland steht jedoch noch immer kein Endlager zur Verfügung, das diesen Kriterien entspricht. Auch weltweit gibt es heute noch kein Endlager

für Abfälle aus Atomkraftwerken. Diese Tatsache war mit ein Grund für die rot-grüne Koalition in Berlin, den Atomausstieg anzugehen und ihn einzuleiten.

Durch den Atomausstieg wird glücklicherweise auch erreicht, dass der Umfang dieses radioaktiven Erbes abschätzbar und begrenzt ist und dass klar ist, wie viel tatsächlich verwahrt – und zwar sicher verwahrt – werden muss. Die Bedeutung einer soliden Suche nach einem geeigneten Endlager, das auch bei der davon betroffenen Bevölkerung Akzeptanz findet, wurde früher doch stark unterschätzt. Es ist deshalb gut und richtig, dass mit dem Abschlussbericht des Arbeitskreises Auswahlverfahren Endlagerstandorte – des so genannten AK End – vom Dezember 2002 zum ersten Mal ein systematischer Ansatz für die Auswahl eines Endlagerstandorts vorliegt. Dieser stellt sowohl auf technische als auch auf sozialwissenschaftliche Aspekte ab. Es gibt keine geographischen Vorgaben; das Verfahren soll transparent und nachvollziehbar sein. Es gilt, den bestmöglichen Standort zu finden und darüber einen breiten Konsens herzustellen. Der AK End hat hierzu auch Verfahrensschritte vorgeschlagen.

Wir von der SPD-Fraktion sind sicher, dass die Suche nach einem geeigneten Endlager nur mit diesem auf Vertrauensbildung zielenden Neubeginn erfolgversprechend sein kann. Es ist gut, dass die Erkundung des Standorts Gorleben unterbrochen wurde.

Bis 2010 soll der Standort gefunden sein, bis 2030 soll er betriebsbereit sein. „Zu ehrgeizig“, heißt es vonseiten der CDU und auch in der Stellungnahme zu dem Antrag, mit dem wir uns jetzt befassen. Deshalb führen wir auch mit den von der CDU getragenen Landesregierungen keine Gespräche über den weiteren Ablauf. Sie betreiben nichts anderes als Blockadepolitik in der Frage der Endlagerstätte. Das muss man ganz klar sagen. Wie anders muss man denn das Verhalten des niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff werten, der schnellstens in Gorleben endlagern will und dabei die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung vor Ort ignoriert und nicht zu Gesprächen bereit ist? Das ist nichts anderes als Blockadepolitik, obwohl der AK End ein gutes Verfahren vorgeschlagen hat. Dieser Vorschlag zeigt, wie man zu einer Lösung kommen kann.

Ich möchte auch noch ein paar Sätze zum Thema Benken sagen. In der letzten Woche war in der Presse zu lesen, der Standort Benken bei Schaffhausen sei für ein Endlager geeignet und auch das Lagerkonzept sei positiv. Wir können diesen Freibrief, der da in der Schweiz offenbar gegeben worden ist, nicht nachvollziehen, denn das Gebiet ist erdbebengefährdet, und außerdem liegen 50 % des Gefährdungspotenzials in Baden-Württemberg.

An dieser Stelle gehen deshalb auch aus aktuellem Anlass noch einmal folgende Fragen an die Landesregierung: Wie wird diese neuere Entwicklung zu Benken von Ihnen bewertet, Herr Minister? Wie steht es in Benken um die strengen geowissenschaftlichen und technischen Kriterien, die laut Ihrer Stellungnahme auf Benken anzuwenden sind? Sehen Sie die gewährleistet? Gibt es denn nicht auch in der Schweiz bessere Standorte für die Endlagerung von Atommüll? Wie wird die Landesregierung von Baden-Württemberg in dieses Verfahren einbezogen?

Wir wissen, das ist ein großer Streitpunkt in der Grenzregion. Die Bürgerinnen und Bürger haben große Sorgen. Ich denke, wir müssen alles dafür tun, dass eine gute und tragfähige Lösung gefunden wird. Das, was wir für Benken fordern, müssen wir auch für den Standort in Deutschland anwenden. Deswegen muss das Konzept des AK End umgesetzt werden. Ich kann Sie nur auffordern, sich an der Endlagersuche im Sinne des AK End zu beteiligen.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile das Wort Frau Abg. Gurr-Hirsch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Damen und Herren! Die derzeitige Strategie der Bundesregierung zur Entsorgung radioaktiver Abfälle gibt uns Anlass zu berechtigter Sorge. In der Koalitionsvereinbarung vom Oktober 1998 und in der Vereinbarung zum Ausstieg aus der Kernenergie, dem so genannten Atomkonsens, hat die Bundesregierung Eckpunkte für eine neue Entsorgungsstrategie für radioaktive Abfälle festgelegt. Sie hat, wie gerade erläutert, den Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte, kurz AK End genannt, eingerichtet und ihn beauftragt, ein Verfahren zur Auswahl eines Standorts für ein Endlager für alle radioaktiven Abfälle zu erarbeiten.

Die CDU-Fraktion bezweifelt, dass auf der Grundlage des vom AK End ausgearbeiteten Verfahrens überhaupt ein Endlagerstandort in der Bundesrepublik gefunden werden kann. Der AK End geht von einer so genannten weißen Deutschlandkarte aus und will einen gesellschaftlich akzeptierten Standort finden. Frau Kollegin Schmidt-Kühner hat gerade versucht, das zu erläutern. Aber die Beteiligung der Öffentlichkeit an einem Standortentscheid ist keine Garantie für die Akzeptanz eines unter geowissenschaftlichen Gesichtspunkten geeigneten Standorts. Bereits heute gibt es eindeutige Hinweise für das Scheitern des Verfahrens.