Protocol of the Session on March 31, 2004

Meine Damen und Herren, die Aufgabe an die Kommission ist gestellt. Sie sehen anhand der Ihnen vorliegenden Drucksache die Namen der Damen und Herren, die seitens der CDU-Fraktion die Arbeit der Kommission als Mitglieder und als stellvertretende Mitglieder begleiten werden. Es ist eine Arbeit, die sehr in den Konsens der gemeinsamen Analyse dieses hohen Hauses hineinragt bei der Fragestellung: Worum geht es in der Zukunft? Wie werden wir unserem Auftrag gerecht, als Land Baden-Württemberg stark und zukunftsfähig zu bleiben und für die künftigen Generationen zu handeln, ohne die Interessen derjenigen, die heute noch im Arbeitsprozess oder ältere Menschen sind, zu vernachlässigen?

Es ist eine schwierige und eine interessante Aufgabe. Wenn Sie alle heute dem Antrag zustimmen, wird auf der Grundlage breiten Vertrauens die Arbeit angepackt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erhält Frau Abg. Wonnay.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Konfuzius soll einmal gesagt haben: „Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald Sorgen haben.“

(Abg. Wieser CDU: „Wer das Heute nicht meistert, wird morgen nicht überleben“ – Franz Wieser!)

Eine prägnantere Begründung für die Einsetzung der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ mit dem besonderen Augenmerk auf die Handlungsmöglichkeiten des Landes Baden-Württemberg lässt sich wohl kaum finden.

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Einstein hat aller- dings gesagt: „Ich denke nie an die Zukunft, sie kommt sowieso“!)

Gut. Jetzt würde ich aber gerne meine Redezeit ausschöpfen, Herr Kollege Kretschmann.

Der demografische Wandel ist die zentrale Zukunftsherausforderung für das Land. Die Enquetekommission bietet die einzigartige Chance, das Thema „demografischer Wandel“ – das ist uns in der SPD-Fraktion besonders wichtig – generationen- und ressortübergreifend anzupacken. Für uns in der SPD gelten dabei drei Grundsätze:

Erstens: Die Kommission muss sich wirklich auf die landespolitischen Aspekte des demografischen Wandels konzentrieren. Wenn wir uns als Abgeordnete dieses Landes unserer Verantwortung würdig erweisen wollen, dann müssen wir diese Bereiche ins Auge fassen.

Zweitens: Wir dürfen die aufgrund des demografischen Wandels steigende Zahl älterer Menschen nicht als Kostenfaktor betrachten, sondern wir müssen vor allem den Ge

winn ins Auge fassen, den ältere Menschen der Gesellschaft durch ihre Erfahrung und ihre Kompetenzen bringen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wir als SPD legen drittens Wert darauf, die Auswirkungen des demografischen Wandels umfassend zu diskutieren. Das heißt, dass wir uns nicht nur mit den künftigen Lebensbedingungen der älteren Generation beschäftigen, sondern dass wir genauso die Zukunftschancen der jüngeren Generation mit in den Blick nehmen.

Wir wollen uns eben nicht damit abfinden, dass unsere Geburtenrate mit 1,38 einen traurigen Tiefstand erreicht. In unserem Nachbarland Frankreich liegt die Geburtenrate bei 1,9. Im Gegensatz zur Landesregierung, die zum Beispiel bei der Novellierung des Kindergartengesetzes fast defensiv mit einem Rückgang der Zahl der Kinder rechnet, wollen wir

(Abg. Dr. Birk CDU: Mehr Kinder!)

durch eine familien- und kinderfreundliche Politik dafür sorgen, dass sich an diesem traurigen Tiefstand etwas ändert.

(Beifall bei der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Wir auch! – Abg. Wieser CDU: Dann gehen Sie mal bitte ans Werk!)

Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass der Untersuchungsauftrag der Kommission die landespolitischen Aspekte des demografischen Wandels in den Blick nimmt. Es ist gut, dass wir uns fraktionsübergreifend auf folgende Untersuchungsziele verständigt haben: die Sicherung eines solidarischen Zusammenlebens der Generationen, die Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedingungen – vor allem mit entsprechenden Weichenstellungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf –, die Sicherung der Zukunftschancen der jungen Generation, die Sicherung der Teilhabe älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben und die ausgewogene Entwicklung aller Landesteile.

(Abg. Wieser CDU: Ich glaube, Sie haben alles er- fasst!)

Aus den Erfahrungen bisheriger Enquetekommissionen wissen wir und wissen Sie, welche große Bedeutung die Mitwirkung externer Sachverständiger hat.

(Abg. Wieser CDU: Sehr richtig!)

Die Geschäftsordnung des Landtags bietet die Möglichkeit, sachverständige Personen, die nicht Mitglieder des Landtags sind, mit vollem Stimmrecht an der Kommissionsarbeit zu beteiligen. In der Vergangenheit hat die Arbeit einer ganzen Reihe von Enquetekommissionen gezeigt, dass externe Sachverständige die Arbeit wirklich positiv beeinflussen.

Leider waren die Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP/ DVP diesmal nicht bereit, dieses Erfolgsmodell früherer Enquetekommissionen fortzusetzen. Wir bedauern dies und hätten es gern anders gehabt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Caroli SPD: Sehr richtig!)

Wir haben allerdings gesagt: Im Interesse einer erfolgreichen Kommissionsarbeit wollen wir den ergebnisorientierten Start dieser Kommission nicht durch einen Streit am Anfang gefährden. Die SPD wird jedoch darauf drängen, dass der Sachverstand aus der baden-württembergischen Bürgerschaft, der sich zum Beispiel in den Dachverbänden des Landesseniorenrats, des Landesfamilienrats, des Landesfrauenrats und des Landesjugendrings organisiert hat, in die Kommissionsarbeit einbezogen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Haben Sie denn für diesen Sachver- stand Plätze frei gemacht in der Enquete?)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der demografische Wandel erfordert einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel. Wir dürfen die Gesellschaft des langen Lebens eben nicht als Last begreifen,

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

sondern wir müssen sie als Chance betrachten.

(Beifall des Abg. Wieser CDU – Abg. Wieser CDU: Sonst könnte ich gar keine Zukunft haben!)

Sie waren wie immer ein bisschen zu früh, Herr Kollege.

(Abg. Wieser CDU: Ja, aber ich unterstütze Sie im- mer sehr gern, wenn Sie etwas Richtiges sagen!)

Wunderbar. – Wir wollen, dass Alt und Jung auch in Zukunft solidarisch zusammenleben. Es gibt heute keinen „Krieg der Generationen“, sondern es gibt zahlreiche Beispiele gelebter Generationensolidarität. Wir wollen, dass das auch in Zukunft so bleibt.

Die Kommission wird in ihrer Arbeit nur so gut sein wie die Empfehlungen, die sie vorlegt. Deshalb wird die SPD dies zur Messlatte machen. Denn der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Wunderbar! Das war schön!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Noll.

(Abg. Wieser CDU: Der Noll wird jetzt die Karies rausbohren, dann ist alles klar!)

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zunächst, dass ich meiner Freude darüber Ausdruck gebe, dass man dem Vorschlag der Liberalen, die sich in mehreren Voretappen mit dem Thema „demografischer Wandel“ befasst haben, im gesamten Parlament, über alle Fraktionen hinweg zugestimmt hat. Ich glaube, das ist schon einmal eine gute Voraussetzung für eine ergebnisorientierte, positive Arbeit,

(Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

wenn wir ohne ideologische Scheuklappen versuchen, mit der zentralen Herausforderung unserer Gesellschaft, dem demografischen Wandel, hier im Land Baden-Württemberg fertig zu werden.

Ich glaube, uns allen war klar – auch angesichts des Zeitrahmens, den wir uns vorgenommen haben –, dass wir an vielen Stellen das Rad nicht noch einmal neu zu erfinden brauchen. Natürlich werden wir die Materialien der Bundestags-Enquete und des Statistischen Landesamts – das uns sehr gut mit Zahlen munitioniert – zur Grundlage dieser Arbeit machen

(Abg. Wieser CDU: Und die Entbindungsstation in Emmendingen!)

und uns dann ganz intensiv auf einen engen Katalog wirklich landesbezogener Themen konzentrieren. Denn Ziel sind nicht neue Debatten und neuer Streit, sondern konkrete Handlungsempfehlungen, die über den Tag hinausreichen und die im Einzelfall auch Leitlinien für tagesaktuelle Entscheidungen liefern können, auch was künftige Haushaltsdebatten angeht. Wenn Sie die Vorlage angeschaut haben, können wir, glaube ich, alle gemeinsam sagen: Mit diesem Katalog – der eine oder andere hätte ihn gern da oder dort noch ein bisschen anders formuliert – können wir diese Arbeit leisten.

Lassen Sie mich deshalb nur wenige Schwerpunkte herausgreifen. Den ersten Schwerpunkt möchte ich an einem Zitat der Frau Professor Lehr festmachen.

(Abg. Schebesta CDU: CDU!)

CDU; sie ist die ehemalige Bundesfamilienministerin.

(Abg. Scheuermann CDU: Jawohl!)

Das ist eine sehr gute Frau, die bei unserem Landeshauptausschuss der FDP/DVP einen ganz hervorragenden Vortrag gehalten hat. Da fiel unter anderem das Zitat: