theokratische Staatsformen durchsetzen wollten, die Gleichheit von Mann und Frau missachteten. Ich betone das deshalb, weil die frühere Ausländerbeauftragte von Berlin, Frau John, am Sonntag bei einer Diskussion in der Katholischen Akademie Hohenheim zu Recht darauf hingewiesen hat, dass diese Diskussion, wenn wir sie nicht sorgfältig führen, auch die negative Auswirkung hat, dass Schülerinnen, die aus persönlicher Überzeugung Kopftuch tragen, Schwierigkeiten haben, eine Lehrstelle zu finden, wenn in der Öffentlichkeit durch die Diskussion der Eindruck hervorgerufen würde, alle Trägerinnen eines Kopftuchs seien dem Fundamentalismus zuzurechnen.
Aber es kann eben niemand bestreiten – das wurde schon verschiedentlich ausgeführt –, dass das Kopftuch auch und immer häufiger in der Bundesrepublik als politisches Symbol für Fundamentalismus, für die Durchsetzung theokratischer Staatsformen, für die Ablehnung unserer Werteordnung, für Desintegration steht. Und da meinen wir, dass alle verantwortlich handelnden Lehrkräfte sich selbst darüber im Klaren sein müssen, welche „Botschaften“ sie durch ihre Kleidung vermitteln.
Deshalb glauben wir, dass es nicht unzumutbar ist, im schulischen Bereich auf das Tragen des Kopftuchs zu verzichten. Ich betone: im schulischen Bereich. In der Freizeit ist es der Lehrerin selbstverständlich unbenommen, sich so zu kleiden, wie sie es mit ihrer Identität für vereinbar hält.
Wir stehen deshalb dazu, dass ein solcher Gesetzentwurf erforderlich ist. Wir werden in der Anhörung auch die
rechtlichen Fragen eingehend erörtern. Wir Sozialdemokraten – ich hoffe, auch die anderen Kolleginnen und Kollegen – sind ergebnisoffen für Verbesserungen in der Formulierung.
Aber das Ziel muss klar sein: Wir wollen verhindern, dass Lehrerinnen mit Kopftuch in der Schule unterrichten.
Zum Schluss will ich noch auf einige Argumente eingehen, die der Kollege Kretschmann angesprochen hat.
Herr Kollege Kretschmann, Sie haben gesagt, der Gesetzentwurf widerspreche der Pflicht zur Gleichbehandlung der Religionen.
Sie haben nicht korrekt zitiert. Zwar wurde in der ersten Fassung des Gesetzentwurfs beide Male das Wort „Bekundung“ verwendet.
Aber in der jetzt vorliegenden Fassung ist in Satz 1 von „äußeren Bekundungen“ die Rede, und in Satz 3 heißt es: „Die Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte...“ Das ist eine Einschränkung.
Und damit auch das klar ist: Nicht nur die Darstellung der christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte sollte in der Schule erfolgen, sondern es sollte beispielsweise auch aufgeklärt werden über islamische und jüdische Feste, damit sich die Kinder in dieser Welt besser zurechtfinden können.
Worauf aber Wert gelegt werden muss: Bei der Darstellung gibt es die verbale Auseinandersetzung, da gibt es den Diskurs. Beim Tragen eines Kopftuchs ist dieser Diskurs für die Lehrerin nur eingeschränkt möglich. Der Diskurs ist gegenüber allen anderen Schülern an der Schule, die mit dieser Lehrerin im Unterricht gar nicht konfrontiert sind, nicht möglich. Da müssen sich Lehrkräfte darüber im Klaren sein, welche gegebenenfalls falschen Zeichen sie mit einem solchen Bekleidungsstück aussenden würden.
Bei den Formulierungen in Ihrem Gesetzentwurf, Herr Kollege Kretschmann, haben Sie uns leider keine Beispiele deutlich gemacht. Der Gesetzentwurf der Landesregierung verbietet ja nicht expressis verbis das Kopftuch. In der Öffentlichkeit muss aber auch darauf aufmerksam gemacht werden – weil es hier häufig zu Missverständnissen kommt –,
dass in der Abwägung Einzelfallentscheidungen zu treffen sind. Wenn Ihr Gesetzentwurf besser verstanden werden sollte, müssten Sie schon sagen, was Sie darunter verstehen,
zum Beispiel, wenn Sie in Artikel 1 Nr. 2 Ihres Gesetzentwurfs formulieren, dass das Zeigen religiöser Symbole etc. in der Schule „in angemessener, nicht provokativer Form zu geschehen“ habe.
Ist das Tragen eines Kopftuchs angemessen und nicht provokativ, oder ist es nach Ihrer Interpretation das Gegenteil?
Zweitens: Wenn Sie die Entscheidung auf die Schulkonferenz verlagern – ich will nicht wiederholen, was dazu zu Recht schon von den Vorrednern gesagt wurde –, dann ist es nicht richtig, dass, wie Sie vorhin gesagt haben, die negative Religionsfreiheit der Schülerinnen letztlich den Ausschlag gebe. Das ist nach Ihrem Gesetzestext gerade nicht der Fall, denn – wie Sie ja ausführen – zunächst muss die Schulkonferenz mehrheitlich einen Vorschlag an den Schulleiter richten, und der Schulleiter kann – nicht muss, sondern kann – eine Verbotsanordnung erteilen.
Also ist überhaupt nicht gewährleistet, dass die negative Religionsfreiheit gerade der Schülerinnen, um die es doch hier in erster Linie geht, durch Ihren Gesetzentwurf ausreichend gesichert wird.
Letztlich fehlt es eigentlich an der Konsequenz: Da, wo man erwartet, dass jetzt Klarheit geschaffen wird, heißt es in Ihrem Gesetzentwurf, dass der Schulleiter den Vorgang an die Schulaufsichtsbehörde weiterleite – ich zitiere –, „die die erforderlichen Maßnahmen trifft“.
Sagen Sie uns doch einmal: Was sind die erforderlichen Maßnahmen? Ist die erforderliche Maßnahme eine Entfernung aus dem Dienst, oder was ist die erforderliche Maßnahme? Und wo ist die Rechtsgrundlage für diese erforderliche Maßnahme?
Das müssen Sie doch beschreiben. Vielleicht wird sich auch der jetzt vorhandene Gegensatz sehr reduzieren, wenn Sie hier klar die Position beziehen sollten, dass eine erforderliche Maßnahme gegebenenfalls die Entlassung aus dem öffentlichen Dienst ist.
Damit kommen wir zurück zu der Einstellungsfrage. Wie wollen Sie dann jemanden einstellen, den Sie hinterher – weil es im Einstellungsgespräch schon so angekündigt war – gegebenenfalls aus dem öffentlichen Dienst entlassen wollen? Das macht doch keinen Sinn.
Deshalb meinen wir, dass uns dieser Gesetzentwurf nicht weiterhilft. Wir werden aber die Anhörung des Schulaus
schusses und des Ständigen Ausschusses dazu nutzen, uns auch und gerade von Gegnern des Gesetzentwurfs der Landesregierung Anregungen geben zu lassen, wie der Gesetzentwurf verbessert werden kann, und wir werden uns guten Formulierungsvorschlägen nicht verschließen.
Ich will aber abschließend noch einmal sagen: Für uns ist klar: Lehrerinnen sollten nicht mit Kopftuch an unseren Schulen unterrichten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion über die so genannten Kopftuchregelungen wird auf zwei Ebenen geführt und muss auch auf zwei Ebenen geführt werden, nämlich erstens auf der politischen Ebene und zweitens auf der verfassungsrechtlichen Ebene. Die politisch-gesellschaftlichen Zielvorstellungen unserer Fraktion hat mein Kollege Dieter Kleinmann bereits dargelegt. Ich will mich in meinem Redebeitrag vornehmlich auf die verfassungsrechtliche Betrachtung beschränken.
Zu den Ausführungen meines Kollegen ergänzend nur so viel: Auch ich habe mich in meiner Fraktion für eine gesetzliche Regelung eingesetzt, ohne die es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nun einmal nicht geht,
und zwar für eine gesetzliche Regelung, die es ermöglicht – dies haben auch die Redner der anderen Fraktionen mit Ausnahme des Vertreters der Grünen zum Ausdruck gebracht –, Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs im Unterricht zu untersagen, ohne damit zugleich alle Symbole und äußeren Bekundungen, die unseren christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten entsprechen, verbotsmäßig gewissermaßen in einen Topf zu werfen. Das ist unsere Zielvorstellung.
Genauso haben wir die Zielvorstellung, dass wir in unserem Schulwesen absolut keine Laizität, so, wie das ja in Frankreich bekanntlich der Fall ist, wollen.
Ich stelle hier noch einmal ausdrücklich fest und begrüße es, dass die FDP/DVP-Fraktion sich ganz klar für eine solche gesetzliche Regelung ausspricht. Sie tut dies in Respekt vor abweichenden Meinungen und übrigens auch im Bemühen, das Ganze nicht zu einer Art „Kulturkampf“ auswachsen zu lassen,
aber dennoch klar und bestimmt in der Sache. Herr Wintruff, das haben Sie wahrscheinlich nicht richtig gesehen; ich unterstelle nicht, dass Sie das nicht richtig sehen wollten. Dies ist eine ganz klare Äußerung, die sich in nichts von der Zielvorstellung, wie sie die CDU-Fraktion und wie sie auch die SPD-Fraktion vorgetragen hat, unterscheidet. Da sind wir absolut eindeutig.