Protocol of the Session on December 18, 2003

Erfreulicherweise hat die Landesregierung im Vorgriff auch Regelungen im Hinblick auf die vom Bund zu erwartende Novellierung zum Hochwasserschutz mit eingebaut. Herr Palmer, ich weiß: Die Grünen wollen da mehr.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Der Bund auch!)

Aber wir haben jetzt einmal das hineingeschrieben, was wir auch bundesweit für sinnvoll halten.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sie waren da nicht dabei! – Vereinzelt Heiterkeit – Gegenruf des Abg. Drautz FDP/DVP: Woher wollen Sie das wissen?)

Deshalb habe ich auch nicht „ich“, sondern „wir“ gesagt, Herr Caroli.

Positiv ist auch die Vorgehensweise, dass künftig Flussgebietseinheiten ganzheitlich betrachtet und bearbeitet werden, weil die verschiedensten Dinge zusammenwirken müssen, wenn man vernünftig vorgehen will.

Leider ist es heute notwendig, bei hochwassergefährdeten Flächen im Kernbereich direkte Verbote auszusprechen, weil unsere Gesellschaft die Naturverbundenheit und das Wissen unserer Altvorderen mehr und mehr verdrängt. In diesem Bereich würde ich mir eine Trendwende dringend wünschen. Dass Wasser nicht den Berg hinaufläuft, wissen wir. Das ist klar.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Noch fließt Wasser!)

Aber wahrzunehmen, dass wir Hochwasser eben nur sehr bedingt beeinflussen können, ist eine Notwendigkeit, die wieder weit mehr anerkannt werden muss. Um dieses Bewusstsein zu schärfen, ist es gut, dass bei der Aufstellung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme eine breite Beteiligung sowohl der Betroffenen als auch der Öffentlichkeit vorgesehen ist.

Nun zu den Anträgen der Grünen. Sie gehen wieder einmal von Ihrem altbekannten Standpunkt aus: „Wenn wir nur so viel wie möglich verbieten, ist die Welt in Ordnung.“ Aus unserer Sicht ist genau das Gegenteil der Fall. Wir müssen Bewusstsein schaffen und schärfen und ein verantwortliches Umgehen mit der Einzelsituation erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Genau dazu sind aber Entscheidungsspielräume und Freiräume notwendig, insbesondere auch was bereits bestehende Einrichtungen im Kernbereich betrifft. Es kann auch nicht sein, dass man Betrieben, die seit vielen Jahren bestehen – insbesondere Mühlenbetriebe sind da betroffen –, plötzlich gebietet, von jeglicher weiterer Entwicklung abzusehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das hat sie schon im Ausschuss nicht verstanden!)

Da muss man mit Maß und Ziel gemeinsam vernünftige Regelungen finden.

Im Sinn der unter Punkt 1 der heutigen Tagesordnung geführten Debatte haben die Koalitionsfraktionen übrigens im Ausschuss noch eine Veränderung des Gesetzestextes eingefügt, die ausdrücklich das Erfordernis der Zustimmung des Landtags zu den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen und zu deren Aktualisierung vorsieht.

(Zuruf der Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD)

Den vom Gemeindetag vorgebrachten Anliegen stehen wir positiv gegenüber. Allerdings müssen wir konkret noch die Umsetzung der Verwaltungsreform abwarten, bevor wir diese Punkte endgültig klären können. Es sind ja auch insgesamt lange Fristen zur Umsetzung des Gesetzes vorgese

hen, sodass ein Vorgehen mit Maß und Ziel ermöglicht wird.

Ich erwarte vom Ministerium noch eine Aufstellung darüber – das werde ich künftig bei allen Gesetzesnovellierungen anmahnen –: Was fällt denn für dieses umfangreiche Gesetzeswerk – die Drucksache hat 69 Seiten – weg? Mir wurde gesagt, dass dadurch eine starke Vereinheitlichung und Systematisierung erreicht wird. Unter diesem Vorzeichen kann ich gerne zustimmen. Ich möchte aber wirklich im Konkreten wissen, was denn tatsächlich wegfällt.

Ich erwarte auch, dass für die Umsetzung kein zusätzliches staatliches Personal notwendig wird.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wenn speziell hierfür mehr Personal gebraucht wird, soll im Gegenzug Personal an anderer Stelle durch Umstrukturierung oder Wegfall von anderen Aufgaben abgebaut werden.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich bitte auch darum, bei der Umsetzung streng darauf zu achten, dass sich zusätzliche Kosten für den Staat und für Private auf der niedrigstmöglichen Ebene bewegen.

Insgesamt werden wir dem Gesetzentwurf, so wie er jetzt vorliegt, zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Pfister FDP/ DVP: Sehr gut!)

Das Wort erhält Herr Abg. Palmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute Morgen eine Debatte über das Selbstverständnis dieses hohen Hauses geführt. Wenn ich jetzt in die leeren Reihen des Plenarsaals blicke, stelle ich fest: In dem Moment, in dem unsere Kompetenzen wirklich betroffen sind – wir beschließen in wenigen Minuten ein Gesetz –, ist niemand da.

(Abg. Hillebrand CDU: Wir sind aber da!)

Ich nehme an, dass die Abgeordneten der Regierungsfraktionen noch rechtzeitig nach der Rede des Ministers eintreffen werden. Aber diese Art des Selbstverständnisses

(Abg. Drautz FDP/DVP: Nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Grünen nicht so stark vertreten sind wie wir! – Gegenruf des Abg. Fischer SPD: Das ist aber auch das erste Mal!)

die FDP/DVP-Fraktion ist im Moment gut präsent; das gestehe ich zu – ist ausgesprochen ärgerlich. Ich füge gleich hinzu, meine Damen und Herren: Die Art und Weise, wie Sachfragen im Zusammenhang mit diesem Gesetz debattiert werden, ist ebenfalls ausgesprochen ärgerlich.

Ich gehe unmittelbar auf das ein, was der Kollege Hillebrand gesagt hat. Wir hatten auch im Ausschuss eine Diskussion darüber geführt, ob der Grünlandumbruch, das

heißt das Umpflügen von Wiesen zur ackerbaulichen Nutzung, in Überschwemmungsgebieten verboten oder grundsätzlich gestattet sein soll. Gegen ein Verbot wurde im Ausschuss angeführt, dass man den Bauern unmöglich verbieten könne, Ackerbau in Überschwemmungsgebieten zu betreiben. Das heißt: Von den Regierungsfraktionen ist zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt worden, dass unser Antrag nicht die vorhandenen Ackerbauflächen betrifft, sondern nur das Umwandeln vorhandener Wiesen in Ackerbauflächen.

(Abg. Dr. Caroli SPD: So ist es! – Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Genau so ist es! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Nachdem dieses Missverständnis geklärt war, ist von den Regierungsfraktionen zu keinem Zeitpunkt ein Argument geliefert worden, warum es ermöglicht werden soll, in definierten Überschwemmungsgebieten, gesetzlich ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten, die Erdkrume weiter umzupflügen und der Überschwemmung zugänglich zu machen, sodass die Erde weggeschwemmt wird.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Genau so ist es!)

Wenn Sie kein einziges Argument nachliefern, wenn Ihr einziges Argument, Herr Hillebrand, lautet, hier würde eine Entwicklung behindert, Sie aber diese Entwicklung nicht benennen können – und die einzige Entwicklung könnte doch wohl nur sein, dass viel Erde weggeschwemmt wird –, dann ist das eine Art des Umgangs mit Sachfragen im Zusammenhang mit einem Gesetz, das wir in Kürze verabschieden, die ich grandios ärgerlich finde und die hier wirklich thematisiert werden muss, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hauk CDU: Sie haben schon eine be- sondere Art von Hybris! Das muss man schon fest- stellen! – Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP – Abg. Hillebrand CDU meldet sich zu einer Zwischenfra- ge.)

Herr Kollege Hauk, können Sie das erläutern?

Herr Abg. Palmer, Sie wollten andeuten, dass Sie die Zwischenfrage des Herrn Abg. Hillebrand zulassen wollen.

Das wollte ich andeuten, Herr Präsident.

Bitte schön, Herr Hillebrand.

Herr Kollege Palmer, wo sehen Sie denn die Grenzen des Eigentums bzw. der Sozialpflichtigkeit des Eigentums bei der Frage des Umbruchverbots? Oder andersherum gefragt: Sind Sie der Auffassung, dass der Landwirt, der Wiesen bewirtschaftet, sie im weiten Überschwemmungsbereich auf alle Zeit so bewirtschaften muss? Oder sollte es ihm nicht auch einmal möglich sein, hier Ackerflächen anzulegen?

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Herr Kollege Hillebrand, diese Frage fällt auf Sie zurück. Denn das Gesetz, das Sie nachher beschließen werden, enthält eine Regelung, nach der der Grünlandumbruch im Kernbereich von Gebieten, die bei einem zehnjährlichen Hochwasser überschwemmt werden, verboten ist. Das fällt vollständig auf Sie zurück.

(Abg. Hauk CDU: Das ist doch nicht die Frage! Es geht um das hundertjährliche!)

Die Differenz besteht doch nur darin, Herr Kollege Hauk, dass wir auch für Überschwemmungsgebiete, die das hundertjährliche Hochwasser betreffen, zumindest eine Erlaubnis des Wasserwirtschaftsamts voraussetzen, mehr nicht.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Genau! Nur!)

Wir haben kein generelles Verbot vorgesehen, sondern lediglich eine Prüfung durch die Wasserwirtschaftsämter.