Protocol of the Session on July 17, 2003

(Zuruf von der CDU)

Ja, er bekommt mehr vom Staat ersetzt, als ihn die Fahrkarte kostet. Das, was Sie damals gemacht haben, war sozusagen ein Großverdienerförderungsgesetz.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Deswegen: Über die Ausgestaltung der Entfernungspauschale kann man sicher diskutieren. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern – das war vor ungefähr drei Jahren im Vermittlungsausschuss –: Das Land Baden-Württemberg war damals gegen die bestehende Ausgestaltung.

Ich möchte zusammenfassend noch einmal sagen: Aus all diesen Gründen werden wir die vorgesehene Steuersenkung mittragen, weil wir sie für vernünftig halten. Die Vorbedingung, dass die anderen notwendigen Strukturreformen durchgeführt werden, muss erfüllt werden. Vor allem muss die Steuersenkung anders finanziert werden, als es geplant ist. Es geht nicht, dass sie zu 70 % über Schulden finanziert wird.

(Abg. Oelmayer GRÜNE: Wie denn dann? Dann sagen Sie es doch!)

Vielmehr muss der Anteil der Schulden, wenn überhaupt, sehr viel geringer sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kretschmann.

(Abg. Oettinger CDU: Die Luft ist raus! Ist gelau- fen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Vergangenheitsbewältigung, rhetorischen Finten

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP – Abg. Hauk CDU: Das war ja sehr konkret! – Lachen bei Abge- ordneten der SPD – Gegenruf des Abg. Drexler SPD: Was? – Zurufe von der CDU)

und allgemeinen Schuldzuweisungen kann man solche Probleme nicht lösen.

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Wir sind auch gar nicht im Wahlkampf.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Was ist das Resümee dessen, was Sie vorgetragen haben? Einerseits sind Sie für das Vorziehen der Steuerreform, wenn auch mit vielen Wenn und Aber. Andererseits lehnen Sie das ab, was Eichel auf den Tisch gelegt hat, und drittens machen Sie selbst aber gar keine Vorschläge

(Abg. Drexler SPD: Genau so ist es! – Abg. Capez- zuto SPD: Typisch!)

und jammern über die Steuerausfälle. Das ist doch ein absolut destruktives Verhalten, das Sie in einer solchen Situation zeigen.

(Abg. Drexler SPD: Genau! – Zuruf von der CDU)

Jeder weiß: Jetzt liegt die Karte beim Bundesrat und bei den Bundesländern. Sie müssen jetzt springen. Die Bundesregierung hat ihren Vorschlag auf den Tisch gelegt. Sie haben jetzt die Möglichkeit, ihn zu blockieren.

(Zurufe von der CDU)

Herr Finanzminister, Sie können sich doch nicht allen Ernstes darüber beschweren, dass das Vorziehen der Steuerreform 650 Milliarden € Einbußen für den Landeshaushalt bringt.

(Zurufe: Millionen!)

Millionen. Dann sagen Sie, der Bund solle das ausgleichen. Aber wie soll er das denn ohne Subventionsabbau ausgleichen? Diesen Subventionsabbau blockieren Sie aber. Das ist doch einfach eine ganz perverse Argumentation. Wenn Ihnen das nicht gefällt, müssen Sie hier doch Vorschläge machen – die lagen auf dem Tisch –, wie erreicht werden soll, dass es nicht zu diesen Steuerausfällen kommt. Einen anderen Weg als den Subventionsabbau gibt es doch dafür überhaupt nicht,

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Drexler SPD)

abgesehen von der Hoffnung, dass sich ein Teil durch den wirtschaftlichen Aufschwung gegenfinanziert.

Zweitens sagen Sie, es seien Strukturreformen erforderlich. Das ist ja völlig richtig. Diese Strukturreformen werden mit der Agenda 2010 parallel durchgeführt. Besser kann man es doch gar nicht machen. Man führt Strukturreformen durch und senkt zugleich die Steuern. Auch da sind Sie doch gefragt. Das liegt doch auch auf dem Tisch. Es gibt jetzt eine Verhandlungskommission zur Gesundheitsreform, die hoffentlich erfolgreich arbeitet. Also das, was Sie als Grundlage fordern, nämlich dass auch Strukturen geändert werden, passiert ja gerade mit der Agenda 2010.

Wenn jeder nur sein Lieblingsprojekt verteidigt und selbst keine Vorschläge macht, kommt es weiter zu Blockaden. Das ist eine unverantwortliche Haltung. Die können Sie sich, finde ich, in keiner Weise erlauben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wie kann denn der Ministerpräsident sagen, er rede noch nicht einmal über die Eigenheimzulage, obwohl jeder weiß, dass diese Eigenheimzulage, bundesweit gesehen, nach einem reinen Gießkannenprinzip gewährt wird? Die gilt für die neuen Bundesländer, in denen eine Million Wohnungen abgerissen werden, genauso wie für den Ballungsraum Stuttgart. Das ist doch offensichtlich ein unsinniges Konzept. Darüber werden Sie doch wenigstens mit denen in Berlin reden müssen, die Verantwortung tragen. Wenn Sie dem völligen Abbau nicht zustimmen, sollen Sie doch wenigstens bereit sein, die Eigenheimzulage so zu modifizieren, dass sie diese grandiosen Fehlallokationen nicht mehr bereitet.

(Beifall bei den Grünen)

Ich glaube, es ist ganz klar – das haben Sie auch ausgeführt, Herr Finanzminister –: Auch die CDU hat die Senkung im Zusammenhang mit der Steuerreform in den Petersberger Beschlüssen mit einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage gegenfinanzieren wollen, und der Abbau von Steuersubventionen ist natürlich faktisch nichts anderes, ebenso der Abbau von Subventionen.

Es ist gerade die Chance der Krise, Subventionen, die überflüssig sind und nur Mitnahmeeffekte zur Folge haben, abzubauen. Wir alle waren auf dem Parlamentarischen Abend mit den Bausparkassen. Was haben wir da für eine wundersame Nachricht gehört? Es wurde gesagt, dass die Bausparkassen im letzten Jahr Wachstumsraten von bis zu 20 % hatten.

(Abg. Capezzuto SPD: Aha, jetzt!)

Das zeigt doch ganz deutlich, dass die Leute ganz genau wissen, wo sie in einer solchen Zeit ihr Geld ausgeben und wo nicht. Das zeigt, dass die Leute bereit sind, ihr Geld richtig einzusetzen. Dazu braucht man keine Mitnahmeeffekte. Das ist völlig unsinnig.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Drexler SPD: Von der Rente bis zum Familiengeld! – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das stimmt doch nicht!)

Die Bevölkerung sieht ganz klar, dass wir in einer Krise sind und dass es nicht ohne Einschnitte geht. Nur wenn man dazu bereit ist, kommt man auch aus der Krise heraus. Und Sie haben es wieder fertig gebracht, in einer Situation, in der die Karten auf dem Tisch liegen, keinen einzigen Vorschlag zu machen, wie man aus der Krise herauskommt, außer der Herr Kollege Theurer mit seinen 20 % Subventionsabbau in allen Bereichen, was natürlich in dieser Höhe völlig unsinnig ist.

(Abg. Theurer FDP/DVP: Warum?)

Da wollen Sie 20 %

(Abg. Theurer FDP/DVP: Das stimmt doch nicht! Das ist ganz vernünftig!)

bei Projekten streichen, bei denen Innovationen gefördert werden, genauso bei der Kohlesubvention, was natürlich auch eine unsinnige Forderung ist. Deswegen ist es in der

Höhe völlig obsolet. Das wird außer von Ihnen auch von niemandem gefordert. Das ist unmöglich.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Aber nur so geht es!)

Aber, Herr Kollege Theurer, wir sind zu Zugeständnissen bereit – das habe ich gesagt –, zwar nicht in der Höhe, wie Sie es vorgeschlagen haben, aber darunter. Aber das geht nur, wenn auch Sie bereit sind, endlich zu sagen, welches Ihre Vorschläge sind, und mit der Wartehallenpolitik ein Ende machen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drexler.

Herr Finanzminister, Sie haben mich auch enttäuscht. Ich hatte eigentlich schon erwartet – nachdem Sie in der Presse gesagt hatten, der Bund solle die Ausfälle des Landes ausgleichen –, dass Sie jetzt wenigstens sagen, wie man das machen soll. Da sind wir doch insgesamt offen. Es ist doch gar nicht so, dass wir sagen, das Konzept von Eichel sei nun sakrosankt. Es ist ein Vorschlag, nachdem Herr Eichel der Auffassung ist, es gehe nicht anders. Dies gilt vor allem dann, wenn wir eine Nettoentlastung der Bevölkerung wollen.

Herr Theurer, bei Ihrem Vorschlag, 20 % in allen Bereichen zu streichen, zum Beispiel bei über 50 Milliarden € an Leistungen – Familienleistungen, Kindergeld; da wollen Sie auch 20 % streichen –, machen wir nicht mit. Sie müssen schon schauen, wo Sie streichen wollen. Wie kann man denn in der heutigen Lage bei den Familien streichen?

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Ca- pezzuto SPD: Familienfeindliche FDP!)

Noch etwas zur Eigenheimzulage: Ich bitte die Landesregierung darum, sich auch einmal Gedanken darüber zu machen, wie man von den 10 Milliarden € herunterkommt – wenn ich auch die 3 Milliarden € Abrissprämie für den Osten dazunehme, dann sind es 13 Milliarden € – und daraus etwas Vernünftiges, etwas Zielgerechtes für die Bundesländer macht, die noch Zuwachs haben – das sind wenige –, und für die, die das Geld zum Abriss brauchen. Mir ist klar, dass die Ostländer überhaupt keine Eigenheimzulage wollen. Wir hatten darüber eine Debatte mit den neuen Bundesländern. Sie sagen: „Bei uns stehen die sanierten Wohnungen leer. Wir wollen nicht, dass diejenigen, die noch darin wohnen, sich jetzt ein Eigenheim bauen.“ Deswegen wollen sie die Eigenheimzulage nicht. Na also, dann brauchen sie keine. Wir brauchen sie aber.