Protocol of the Session on June 25, 2003

Dadurch entstehen zusätzliche Ausgaben, weil auch zusätzliche Anträge von Trägern gestellt werden, um Fördermittel nach dem Privatschulgesetz zu erhalten. Das ist der Beleg dafür, dass hier große Verunsicherung besteht.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Wacker, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Zeller?

Eine kurze Zwischenfrage gern.

(Heiterkeit)

Bitte schön, Herr Zeller.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Wer legt fest, was lang und was kurz ist?)

Mal sehen, ob ich Ihren Ansprüchen genügen kann.

(Abg. Seimetz CDU: Es könnte schon vorbei sein!)

Herr Wacker, ist Ihnen bekannt, dass die Arbeitsverwaltung genau auf dem gleichen Niveau des Vorjahres wiederum Förderlehrgänge anbietet?

(Abg. Schmiedel SPD: Ist nicht bekannt!)

Die Ausgaben der Arbeitsverwaltung werden sozusagen konsolidiert; das ist die Sprachregelung der Arbeitsverwaltung. Diese Sprachregelung führt dazu, dass jetzt in verstärktem Maße Anträge auf Bewilligung von Ersatzmaßnahmen, die nach dem Privatschulgesetz gefördert werden sollen, beim Kultusministerium eingehen. Dies spricht dafür, dass in diesem Bereich zurzeit höchste Verunsicherung herrscht.

(Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Am Ende werden wir dann zusätzlich die Ausgaben übernehmen, die die Arbeitsverwaltung streichen wird.

(Abg. Zeller SPD: Schlichtweg falsch, was Sie sa- gen!)

Meine Damen und Herren, ich muss zum Antrag der Grünen einfach sagen: Viele der darin geforderten Maßnahmen befinden sich bereits auf einem guten Weg. Deswegen stelle ich fest, dass die Kultusministerin in dieser Frage federführend für die Landesregierung mit den Handwerkskammern ein Bündnis geschlossen hat, um die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Betrieben – konkret auf die Schulabgänger bezogen – zu intensivieren. Es gibt eine Vereinbarung zwischen der Landesregierung und dem Landesarbeitsamt, nach der die Berufsberatung unmittelbar in den Schulen früher ansetzen soll.

Es gibt darüber hinaus – Frau Rastätter, Sie sprechen den BVJ-Bereich an – eine kontinuierliche Ausweitung der BVJ-Klassen. Ich nenne als Stichwort auch die Kooperationsklassen zwischen Hauptschule und Berufsvorbereitungsjahr. Sie wissen, dass wir diese als verbindliches Ele

ment im Schulgesetz verankern werden. Darüber werden wir nachher noch sprechen.

Sie fordern die Schaffung zusätzlicher einfacher Berufe. Dazu kann ich im Grunde immer nur das wiederholen, was wir in den vergangenen Jahren immer wieder in diesem Hause gesagt haben: Die Verantwortung für die Berufsbilder einfacher Berufe liegt beim Bund. Das ist übrigens eine Kernkompetenz, die die Bundesbildungsministerin in diesem Bereich hat.

(Abg. Wintruff SPD: Bei den Tarifpartnern, bitte!)

Und den Tarifpartnern. Vielen Dank für den Hinweis, Herr Wintruff. Die Gewerkschaften blockieren die Schaffung einfacher Berufe für die so genannten benachteiligten Jugendlichen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Seimetz CDU: So ist es!)

Wir unternehmen alle Anstrengungen, um das berufliche Schulsystem in Baden-Württemberg attraktiv zu halten. Wir verhehlen aber nicht, dass die Notwendigkeit besteht, dem dualen Ausbildungsweg, der Teilzeitschule in Kooperation mit den Betrieben, Vorrang vor der Belegung der Vollzeitschulen zu geben. Das ist ein wichtiges Signal, das wir auch an unsere Betriebe senden müssen. In diesem Sinne setzen wir unsere Anstrengungen fort.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! Das war wohltuend gegenüber Wintruffs Ausführungen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schade, dass der Antrag der Grünen so spät eingegangen ist. Dennoch möchte ich dazu ein paar Takte verlieren, weil ich es für ganz wesentlich halte, Frau Kollegin Rastätter und meine Damen und Herren, dass wir das BVJ-L, also für Lernbehinderte, einführen sollen. Wir haben es ja teilweise schon eingeführt. Ich war gerade am Agrargymnasium in Öhringen. Dort gibt es auch eine Berufsschule. Die hat zum Beispiel allein sechs BVJ-Klassen eingerichtet und differenziert genau danach, wer mehr und wer weniger förderwürdig ist, welcher Schüler einen Hauptschulabschluss und welcher einen noch qualifizierteren Abschluss erreichen kann sowie wer Sprachförderung benötigt. Das gibt es also zum Teil schon. Aber diese Forderung, also die Einführung eines BVJ-L, ist richtig, und die FDP/ DVP-Fraktion hat ja wiederholt darauf hingewiesen, dass hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen ist.

Sie sprechen in Ihrem Antrag einen zweiten Punkt an. In der Tat – wir haben die Fachwerker ja schon – brauchen wir eine weitere modulare Berufsausbildung. Das geht aber natürlich nur in enger Zusammenarbeit mit den IHKs und den Handwerkskammern, weil wir ja – und darüber sind wir uns wohl unisono einig – am dualen System festhalten wollen, auch was jene betrifft, denen relativ schwer zunächst ein Ausbildungsplatz und anschließend ein Arbeitsplatz zu vermitteln ist.

Frau Rastätter, ich plädiere dafür, dass Sie den Antrag zur weiteren Beratung an den Schulausschuss überweisen lassen.

Meine Damen und Herren, hier ist angesprochen worden, dass, was die beruflichen Gymnasien betrifft, ein Engpass besteht. Wir haben ja im Zusammenhang mit der PISA-Studie ein großes Lob für unsere beruflichen Gymnasien erhalten. Herr Wintruff, Sie erinnern sich sicher daran. Professor Baumert hat die beruflichen Gymnasien als Ausdruck eines modernen Bildungssystems gewürdigt. Ich wiederhole dieses Lob und diese Würdigung hier ausdrücklich, weil ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass die beruflichen Gymnasien auch einen großen Beitrag zur Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungschancen leisten.

Das gegliederte Schulwesen in Baden-Württemberg genügt den Anforderungen der Chancengleichheit deshalb besonders gut, weil es grundsätzlich – auch wenn es hier einen Engpass gibt, Herr Kollege Wintruff; den sehe ich auch –

(Abg. Wintruff SPD: Jawohl! Da stimme ich Ihnen völlig zu!)

auch denjenigen, die die Haupt- und die Realschule besuchen, den Weg zum Abitur bzw. zur Hochschulreife offen hält. Hier gilt das, was Herr Kollege Theurer gestern in der Fraktionssitzung so nett gesagt hat: kein Abschluss ohne Anschluss.

Gegenwärtig drohen diese Wege aber in der Realität etwas zu verstopfen. Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt – auch darin sind wir uns ja unisono einig, Herr Kollege Wacker – hat sich drastisch verschlechtert. In diesem Jahr könnte es erstmals auch in Baden-Württemberg dazu kommen, dass nicht allen qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern eine Lehrstelle angeboten werden kann. Der Wirtschaftsminister hat gestern in unserer Fraktionssitzung allerdings gesagt, er hoffe und glaube, dass er rechnerisch hinkomme. Das heißt aber natürlich noch lange nicht, dass tatsächlich jeder einen Ausbildungsplatz haben wird.

(Abg. Fischer SPD: „Er hoffe und glaube“!)

Entschuldigung! In der Wirtschaftspolitik, mein verehrter Herr Kollege Fischer, ist leider ein Großteil auch Psychologie. Ich habe nicht umsonst Volkswirtschaftslehre studiert. Herr Professor Dr. Ott hat uns nicht umsonst immer wieder gesagt:

(Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Es ist vieles zu machen, aber wir arbeiten auch mit vielen Parametern und Annahmen. Deshalb kommt manchmal etwas ganz anderes heraus als das, was man eigentlich haben möchte.

(Abg. Schmiedel SPD: Aber hinterher kann man es immer erklären!)

Durch die Reduzierung berufsvorbereitender Maßnahmen vonseiten der Arbeitsverwaltung – ich erinnere an die Grundausbildungslehrgänge und an die Förderlehrgänge – wird diese Situation derzeit sogar noch verstärkt. Richtig ist allerdings auch, dass es viele Mehrfachbewerbungen gibt, sodass die tatsächlichen Bewerberzahlen im Augenblick

noch nicht festgestellt werden können. Aber das war ja im letzten Jahr genauso.

(Abg. Fischer SPD: Ja, eben!)

Wenn also zum Beispiel das Oberschulamt Tübingen feststellt, dass die Zahl der Anmeldungen gegenüber dem gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr um ca. 20 % zugenommen hat, dann ist dies ein deutlicher und ernst zu nehmender Hinweis.

(Abg. Wintruff SPD: Insgesamt um 100 %!)

Wir müssen dafür Sorge tragen, meine Damen und Herren, dass diejenigen Bewerberinnen und Bewerber für das berufliche Gymnasium, die die Aufnahmevoraussetzungen erfüllen, auch tatsächlich dort aufgenommen werden können. Dasselbe gilt für das Berufskolleg.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Denn wir müssen alles daransetzen, diesen jungen Menschen einen qualifizierten und einen qualifizierenden weiteren Bildungsweg anzubieten, anstatt sie bei fehlenden Lehrstellen auf der Straße stehen zu lassen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Im Fall des Berufskollegs sind übrigens nach meiner Überzeugung hinter diesem Ziel auch Bedenken hinsichtlich einer nicht gewollten Schwächung des dualen Ausbildungssystems zurückzustellen. Bei Lehrern und insbesondere bei Berufsschullehrern habe ich mit genau diesem Argument um Verständnis für die zusätzliche Deputatsstunde geworben. Kollege Wacker ist darauf schon eingegangen. Mit den 370 zusätzlichen Deputaten – wir gehen ja von 950 aus; davon werden 200 eingespart, und dann werden von den verbliebenen 750 – –

(Abg. Wintruff SPD: 250!)

250 werden eingespart, gut. Trotzdem verbleiben 370 zusätzliche Deputate, die die beruflichen Schulen aus dem Versorgungsgewinn, der durch die 25. Wochenstunde entsteht, erhalten. Wir hoffen, dass die Situation im Bereich der Vollzeitschulen dadurch erheblich entspannt werden kann. Gänzlich entspannen können wir sie nicht. Das alles ist nicht erfreulich.