Protocol of the Session on June 25, 2003

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Wie im- mer! Das ist wie bei der Verwaltungsreform! Da ist es der Herr Teufel! Hier ist es die Frau Schavan! Immer billige Ausreden!)

Den Zusammenhang zwischen Konjunktur und Ausbildungsangebot der Wirtschaft bestreiten wir übrigens nicht. Fakt ist aber, Herr Seimetz, dass die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze im Jahre 1991 noch 135 000 betragen hat und bis 1998 – ich habe bewusst das Datum herausgesucht – auf 78 000 heruntergegangen ist. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge hat sich ausgehend von 82 000 im Jahr 1991 kontinuierlich verringert und lag im vorigen Jahr bei 72 000. Sie sehen diese Entwicklung. Es gab – insbesondere in den Neunzigerjahren – schon immer größere Ausbildungslücken.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Ja!)

Die Wirtschaft beklagt nun insbesondere, dass die in der Schule vermittelten Kompetenzen nicht für eine duale Ausbildung für zahlreiche Berufe ausreichen. In der Tat wird die Ausbildungsreife von einer außerordentlich großen Zahl von Schülern, nämlich von ca. 20 % der Schüler insgesamt, nach den Ergebnissen der PISA-Studie tatsächlich nicht erreicht. Das wollen Sie ja wohl nicht bestreiten. Dann sei aber doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage nach der Verantwortung für diesen ungenügenden Output in der Schulpolitik an Sie, Frau Ministerin, gestattet.

(Abg. Drexler SPD: Mehr als gestattet!)

Die Ursachen für eine unzureichende Berufsorientierung und Berufsvorbereitung sind doch eindeutig in den Mängeln an schulischer Bildung zu sehen, deren Behebung eine Bringschuld der Sekundarstufe I ist, Frau Ministerin. Das kann man doch nicht bestreiten.

(Beifall bei der SPD)

Abschließend: Um dem Notstand an beruflichen Schulen abzuhelfen und um den vielen Jugendlichen zu helfen, die sich jetzt Sorgen um ihre Zukunft machen, weil sie weder einen geeigneten Ausbildungsplatz finden noch eine Zusage auf Aufnahme in ein berufliches Gymnasium oder Berufskolleg bekommen haben, brauchen wir jetzt eine Vielzahl zusätzlicher Klassen. Frau Ministerin, ich sage Ihnen: Lassen Sie diese Jugendlichen nicht auf der Straße stehen!

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie sind in der Verantwortung, und deshalb: Handeln Sie!

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP zu unserem Antrag vor.

(Abg. Seimetz CDU: Jetzt kommts!)

Ich sage Ihnen vorab dazu: So etwas ist Zynismus pur.

(Beifall bei der SPD)

Noch ist die Deputatserhöhung für die Lehrerinnen und Lehrer nicht beschlossen, da will die CDU bereits diese noch nicht beschlossenen Deputate verteilen,

(Abg. Seimetz CDU: Wir sind schneller als Sie!)

und das machen Sie letzten Endes auf dem Rücken einer Lehrerschaft – gerade in den Berufsschulen –, die bereits heute mit ihrer Arbeitszeit bis an die Halskrause ausgelastet ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu dem Antrag, der von den Grünen vorliegt, wird Frau Rastätter selbst noch etwas sagen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Heiterkeit – Abg. Seimetz CDU: Ach so!)

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt auch die vom Kollegen Wintruff bereits erwähnten Änderungsanträge mit aufrufen, nämlich den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2179, und den Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2180.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wacker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist keine Frage, die Situation auf dem Ausbildungsmarkt ist äußerst schwierig. Die Zahl der offenen Ausbildungsstellen ist zurzeit rückläufig. Wenn wir die Zahlen vom Mai dieses Jahres mit den Zahlen vom Mai des Vorjahres vergleichen, dann haben wir bei den Ausbildungsverträgen einen Rückgang um 13,1 % zu verzeichnen. Wir müssen davon ausgehen, dass sich die Situation leider weiter verschlechtert.

Die Ausbildungsbetriebe sind sehr verunsichert. Die Verunsicherung führt dazu, dass weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen werden und dass das Engagement nachlässt, qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber für ihren Betrieb zu suchen.

(Abg. Wintruff SPD: Das ist doch nichts Neues!)

Ich komme noch auf die Ursachen zu sprechen.

Die Zahl der Betriebe, die ausbilden, lässt nach. Es ist zweifelsohne so, dass in einer Phase eines guten wirtschaftlichen Klimas und in einer Phase guter Wirtschaftspolitik auch die Bereitschaft der Betriebe, über den eigenen Bedarf hinaus auszubilden, zunimmt. Damit ist kausal zu belegen, meine Damen und Herren: Wo eine schlechte Bundespolitik gestaltetet wird und wo ein Reformstau ansteht, hat das drastische Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.

(Abg. Seimetz CDU: Richtig! So ist das! – Abg. Drexler SPD: Das stimmt doch für die Zeit Kohl! Bei Kohl war das auch so! – Zuruf des Abg. Win- truff SPD)

Ich glaube, meine Damen und Herren, Ihre Unruhe belegt, dass ich mit dieser Aussage durchaus Recht habe.

(Abg. Drexler SPD: Sie kritisieren Herrn Kohl!)

Des Weiteren sind die Schulabgänger sehr verunsichert. Die Schulabgänger wählen immer häufiger den Weg der Weiterqualifizierung an unseren Berufsschulen, weil sie sich davon versprechen, zu einem späteren Zeitpunkt bessere Chancen auf dem Ausbildungsmarkt zu bekommen. Dies führt zu einer größeren Nachfrage an unseren beruflichen Vollzeitschulen, dies führt aber auch zu Mehrfachbewerbungen aufgrund dieser Situation. Dies wiederum erschwert eine frühzeitige Prognose, um einen seriösen Bedarfsplan aufstellen zu können. Dennoch, meine Damen und Herren, wird die Landesregierung gemeinsam mit der CDU-Fraktion alles unternehmen, um den tatsächlichen Bedarf an zusätzlichen beruflichen Vollzeitklassen abzudecken.

Insofern muss ich Ihnen klar sagen, lieber Herr Kollege Wintruff, dass der Beschlussteil des Antrags der SPD überflüssig ist.

(Lachen des Abg. Wintruff SPD)

Er ist insofern überflüssig, als zu Beginn des neuen Schuljahrs im Bereich der Berufskollegs I und II 80 zusätzliche Klassen geschaffen werden. Darüber hinaus werden in anderen Bereichen zusätzliche berufliche Vollzeitklassen eingerichtet. Eingerechnet ist auch eine seriöse Zahl an Mehrfachbewerbungen. Sie werden sehen, meine Damen und Herren: Kein berufsschulpflichtiger Jugendlicher bleibt in Baden-Württemberg auf der Straße sitzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- truff SPD: Das ist bei den Zahlen doch lächerlich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Des Weiteren werden wir diesem System die notwendigen Ressourcen zuführen. Entsprechend den Koalitionsvereinbarungen werden in der Sommereinstellungsphase, also zu Beginn des neuen Schuljahrs, 735 Einstellungen für die Berufsschulen vorgenommen. Darin sind 240 Neustellen enthalten – allein für die Berufsschulen. Hinzu kommt der Versorgungsgewinn aus der 25. Deputatsstunde. Dies führt dazu, dass wir mehr in Bildung investieren.

(Abg. Wintruff SPD: Das wird auch höchste Zeit!)

Damit sparen wir in diesem Bereich nicht, sondern investieren mehr. Auch dies ist eine klare Botschaft am heutigen Tag, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Win- truff SPD: Das hätte viel früher kommen müssen! – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU: Vor fünf Jahren, Herr Wintruff!)

Sie haben die zurückhaltende Genehmigungspraxis angesprochen. Natürlich muss es eine zurückhaltende Genehmigungspraxis geben, weil das auch die Betriebe und die Kammern von uns erwarten. Das erste politische Ziel muss doch sein, Jugendliche unmittelbar nach ihrem Schulabschluss in das duale System überzuführen. Das heißt, derjenige Jugendliche, der einen Ausbildungsplatz bekommt, wird keine berufliche Vollzeitschule besuchen. Deswegen müssen die Anstrengungen zunächst darauf konzentriert werden.

(Abg. Wintruff SPD: Ihre Anstrengungen sind doch immer erfolglos! – Gegenruf des Abg. Seimetz CDU)

Wenn diese Instrumente nichts nutzen, haben wir das alternative Instrument der beruflichen Vollzeitschulen.

Es ist dramatisch, dass wir trotz der deutlich wachsenden Schülerzahl einen drastischen Rückgang bei den beruflichen Teilzeitschulen haben. Wir verzeichnen eine bedrohliche Zunahme bei den beruflichen Vollzeitschulen. Das bedeutet, dass wir mehr Deputate einsetzen müssen, um diesen Bedarf zu decken. Die Zahlen, die ich vorgetragen habe, belegen: Wir stellen die zusätzlichen Deputate auch zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, wenn die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen so schlecht sind, dass der Mittelstand dadurch geschädigt wird, dann ist es umso bedrohlicher und umso bedenklicher, dass die Bundesregierung weitere Aufgaben auf unsere Berufsschulen abwälzt. Sie wissen genau, Herr Kollege Wintruff – dazu haben Sie keinen Satz gesagt –, dass wir die Landesregierung gebeten haben, in einer ergänzenden Stellungnahme aufzulisten, wo die Bundesregierung spart und wodurch zusätzliche Lasten für unsere beruflichen Vollzeitschulen entstehen.

Sie wissen, dass die Garantiefondsförderung des Bundes – das sind Sprachfördermaßnahmen vor allem für junge Spätaussiedler – Ende dieses Jahres gänzlich ausläuft.

(Abg. Wintruff SPD: Da haben Sie einen falschen Informationsstand!)

Sie wissen auch, welche Konsequenzen das haben wird: Diese Jugendlichen kommen sofort in die BVJ-Klassen. Dadurch entstehen zusätzliche Klassen und werden zusätzliche Deputate erforderlich, Klassen, die wir versorgen müssen, nur weil sich der Bund seiner Verantwortung für die Integrationspolitik entzieht und diese Aufgabe den Ländern aufbürdet. Das gehört auch zur Wahrheit. Aus diesem Grund mahne ich: Seien Sie mit Ihrer Kritik gegenüber der Landesregierung etwas zurückhaltender, und kehren Sie erst vor Ihrer eigenen Haustür!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Darüber hinaus wird die Förderung von Kursen der Arbeitsverwaltung gekürzt oder gestrichen.

(Zurufe von der SPD, u. a. der Abg. Ruth Wecken- mann)

Dadurch entstehen zusätzliche Ausgaben, weil auch zusätzliche Anträge von Trägern gestellt werden, um Fördermittel nach dem Privatschulgesetz zu erhalten. Das ist der Beleg dafür, dass hier große Verunsicherung besteht.