Protocol of the Session on May 28, 2003

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Capezzuto SPD)

Das Wort erhält der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herr Professor Dr. Frankenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will die schriftlichen Antworten der Regierung ergänzen und nicht noch einmal auf die schriftlichen Antworten eingehen. Ich will auch nur auf das eingehen, was von uns regelbar und von uns verantwortbar ist.

Tatsache ist, dass unsere Hochschulen die Herausforderungen eines internationalen Hochschulmarktes angenommen haben und dass wir eine Internationalisierung, und zwar sowohl von den Studierenden als inzwischen auch von den Lehrenden und Forschenden, erreicht haben, die höher ist als je zuvor. Man muss sich allerdings auch die Frage stellen nach dem Motiv für diese Internationalisierung und für die Öffnung der Hochschulen für ausländische Studierende bis hin zu ausländischen Forschenden und bis hin zu Pro

(Minister Dr. Frankenberg)

motionen oder weiteren akademischen Karrieren. So verlangen wir etwa jetzt bei allen Stellenausschreibungen eine internationale Stellenausschreibung, um Professorinnen und Professoren im Ausland die gleichen Wettbewerbschancen wie jenen aus der Bundesrepublik zu eröffnen.

Was ausländische Studierende betrifft, haben wir zwei Motive: Zum einen Bildung anzubieten für Ausländer, die in ihren eigenen Ländern keine entsprechenden Bildungschancen oder Bildungsstandards haben können. Zum Zweiten geht es allerdings auch um einen Wettbewerb um Köpfe. Denn für die zukünftige Forschung und die herausragende Ausbildung von Absolventen in der Bundesrepublik ist es notwendig, gute und die besten Köpfe aus der Welt an unsere Hochschulen zu holen. Das ist ein Wettbewerb etwa mit den Vereinigten Staaten oder mit anderen europäischen Ländern.

Sehen wir den Erfolg an, etwa im Bereich der Promotionen und des Wissenschaftleraustauschs. Die Humboldt-Stiftung hat festgestellt, dass hier die baden-württembergischen Universitäten an der Spitze der Wunschlisten ausländischer Forscherinnen und Forscher stehen.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das ist doch gut so und erfreulich!)

Konstanz zum Beispiel ist, absolut betrachtet – so muss man das sehen –, die Universität mit der höchsten Nachfrage, gefolgt von Universitäten wie Heidelberg und Freiburg.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Aber was gut ist, kann noch besser werden, Herr Minister!)

Damit liegen unsere Universitäten deutlich an der Spitze der bundesdeutschen Universitäten.

Die Zahl der ausländischen Studierenden in Baden-Württemberg ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Sehen wir jetzt nicht nur die 14 % Gesamtanteil, sondern die jetzigen Erstsemesterzahlen an. Die Erstsemesterzahlen liegen bei 20 % im Schnitt, wir haben aber Hochschulen wie Heidelberg – bei der Universität Heidelberg sind es 24 % – oder Stuttgart. Die Universität Stuttgart hat nach eigenen Erhebungen mit 27 % den höchsten Anteil von Ausländern in Deutschland unter allen Studenten im Erstsemester.

Hier kann man nicht mehr davon sprechen, dass vergleichsweise zu wenig Ausländer an unseren Hochschulen studieren würden. Dann müsste man die Frage stellen: Wie viel Prozent halten Sie denn für nicht zu wenig? Vielmehr stellt sich die Frage nach der Qualität, auch im Sinne der Studierenden. Deshalb ist auch in diesem Lichte die Selbstauswahl der Hochschulen zu sehen. Je klarer von vornherein die Anforderungen sind, umso besser ist der Studienerfolg. Es ist wichtiger, den Studierenden einen Studienerfolg zu ermöglichen, als ihnen zunächst einmal einen Studienplatz zu garantieren.

Fragen wir uns, woher inzwischen die meisten Studierenden kommen, wenn wir die Bildungsinländer abziehen. Der größte Teil kommt aus der Volksrepublik China, gefolgt von den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und den ehemaligen Satellitenstaaten der Sowjetunion. Erst dann kommen die westeuropäischen Staaten und die USA.

Betrachten wir einmal, wohin unsere Studierenden gehen: 80 % gehen in die USA, nach Großbritannien, nach Frankreich und in die Schweiz. Unser Anliegen muss es daher auch sein, einen äquivalenten Austausch zwischen den Studierenden, die hierher kommen, und den Studierenden, die hinausgehen, zu erreichen. Denn häufig genug sind die Plätze für unsere Studierenden im überwiegend westlichen Ausland daran gebunden, dass Studierende, die dort Studiengebühren bezahlen, diese Studienplätze freigeben, indem sie zu uns kommen. Wenn es von uns also etwas zu leisten gibt, dann müssen wir die Bedingungen für Studierende gerade aus den Ländern, in die unsere Studierenden wollen, verbessern, damit sie zu uns kommen, weil wir dieses Sorgerecht ja auch in erster Linie für unsere eigenen Studierenden haben.

Hier leistet die Landesregierung insgesamt für den Austausch – und davon ist wenig die Rede gewesen – sehr viel. Wir haben inzwischen mit Mitteln der Landesstiftung 1 200 Stipendien für Studierende, die nach Baden-Württemberg kommen, und für Studierende, die aus Baden-Württemberg hinausgehen, eingerichtet. Es gibt kein Land in der Bundesrepublik mit so vielen Stipendien für den Studierendenaustausch. Wir haben als Land Partnerschaftsabkommen mit vielen Staaten der Vereinigten Staaten, etwa Connecticut, Massachusetts, Oregon, um dort unseren Studierenden die Studiengebühren zu ersparen und Studienplätze für unsere Studierenden zur Verfügung zu stellen und die amerikanischen Studierenden nach Baden-Württemberg zu bringen. Ein Viertel der amerikanischen Studierenden, die nach Deutschland kommen, gehen nach Baden-Württemberg. Das ist, wenn man den Königsteiner Schlüssel nimmt, nach dem die Finanzen verteilt werden, doppelt so viel, wie uns zustehen würde. Hier muss man also sagen, es gibt Aktivitäten des Landes, die für den Studierendenaustausch schlichtweg beispielhaft sind.

Dann halte ich es für wesentlich, dass, Herr Pfister, gesagt worden ist, dass wir integrierte Studiengänge anbieten. Wir müssen Angebote machen, die attraktiv sind, und zwar in erster Linie Studienangebote. Dazu gehört die Umstellung auf Bachelor und Master. Dazu gehört auch die vielfältige Bereitstellung englischsprachiger Studiengänge. Denn die früher geringere Zahl ausländischer Studierender lag auch darin begründet, dass die deutsche Sprache für viele ein Hemmnis ist, nach Deutschland und Baden-Württemberg zu kommen und in Deutschland zu studieren. Die Bereitstellung und Bereithaltung vieler Studiengänge in englischer Sprache, gerade auch für ausländische Studierende, ist eine ganz wesentliche Leistung dazu.

Zum Zweiten ist es die Integration von Studiengängen. Dabei geht es darum, gemeinsame Studiengänge mit ausländischen Hochschulen und gemeinsamen Abschlüssen bereitzuhalten.

Zum Dritten sind es grenzüberschreitende Kooperationen. Wir haben die Kooperation der oberrheinischen Universitäten im EUCOR-Verbund mit den Universitäten Basel, Mulhouse, Strasbourg, Colmar, Freiburg, Lörrach und Karlsruhe mit integrierten Studiengängen. Wir haben inzwischen die Bodenseehochschule, die eine sehr gute Integration von Hochschuleinrichtungen der verschiedenen Kantone der Schweiz, von Vorarlberg, Liechtenstein, Bayern und Ba

(Minister Dr. Frankenberg)

den-Württemberg erreicht hat. Wir haben integrierte Programme im Rahmen der „Vier Motoren“, also von RhônesAlpes, der Lombardei, Katalonien und Baden-Württemberg.

Und wir haben – das muss man ja auch sehen – inzwischen Filialen unserer Hochschulen im Ausland. Denn wenn wir ausländischen Studierenden gute Studienangebote bieten wollen, können wir das nicht nur hier machen, sondern wir können das auch im Ausland machen. Dazu zählt etwa die Heidelberger „Filiale“ in Santiago de Chile oder die neue German University in Kairo, eine Hochschule für wahrscheinlich viele Tausende von Studierenden in den Ingenieurwissenschaften. Auch diesen Weg müssen wir verstärkt gehen.

Wenn wir an die Probleme der Praxis von Ausländerbehörden denken, so hat sich bewährt, dass wir Gesprächskreise zwischen den Hochschulen, den Städten und den Ausländerbehörden eingerichtet haben. Deshalb hat die Alexander-von-Humboldt-Stiftung – Frau Bauer, Sie haben es erwähnt – Freiburg als besonders ausländerfreundlich gewürdigt, und zwar als Stadt mit ihren Behörden. Mannheim und Heidelberg sind von der Humboldt-Stiftung ebenfalls besonders hervorgehoben worden. Wenn Sie Beispiele restriktiven Verhaltens haben, dann bitte ich Sie, uns dies zu sagen. Denn wir haben bislang immer, wenn es Probleme gab, diese schnell und unbürokratisch mit dem Innenministerium regeln und lösen können. Aber wir müssen natürlich wissen, wo es klemmt. Wenn uns das nicht gesagt wird, dann können wir auch nicht handeln.

Was die Zulassungskriterien und die verstärkte Selbstauswahl betrifft, muss ich sagen: Das ist etwas international Übliches. Die Selbstauswahl hindert Hunderttausende von Studierenden nicht daran, in die USA zu gehen. Bei uns ist ein Auswahlgespräch nicht obligatorisch. Es wird also niemand gezwungen – gerade nicht in internationalen Studiengängen –, wegen des Auswahlverfahrens nach Deutschland zu reisen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: So ist es!)

Die Hochschulen können ausländische Abiturzeugnisse oder Äquivalentes sehr wohl interpretieren und entsprechend übersetzen.

Die Sprachprobleme werden inzwischen, wie gesagt, durch eine Vielzahl englischsprachiger Angebote gemindert.

Wenn man das Wohnraumproblem und die Frage, was wir über die öffentlichen Finanzierungen leisten können, anspricht und dann die Wohnraumversorgung ausländischer Studierender in Baden-Württemberg oder in Deutschland mit der in Großbritannien oder in den USA vergleicht, dann muss man natürlich auch vergleichen, was die Studierenden zu den Kosten ihres Studiums beitragen. Nehmen Sie Großbritannien: Dort zahlen die eigenen Studierenden und die EU-Studierenden gleich hohe Gebühren, und zwar inzwischen bis zu 7 000 Pfund im Jahr. Das sind über 20 000 DM nach der alten Währung. Großbritanniens Universitäten nehmen allerdings von den Überseestudenten, also den Nicht-EU-Studierenden, das Doppelte. Dass man bei einem Betrag von 40 000 DM oder 20 000 € pro Jahr natür

lich auch eine bessere Wohnraumversorgung und eine bessere Mentoren- und Tutorenbetreuung leisten kann,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ist schon klar!)

das ist klar. Diese Hochschulen „verdienen“ in diesem Markt Erhebliches, während wir Erhebliches leisten, aber nichts verdienen. Uns fehlen diese Mittel natürlich. Deshalb ist das, was wir bereitstellen können, nicht mit dem vergleichbar, was in den USA oder in Großbritannien bereitgestellt werden kann. Denn wir können das nur aus Steuergeldern machen, und die sind zurzeit knapp. Dennoch haben wir im Jahr 2002 für Wohnheimbauten ca. 5,3 Millionen € bereitgestellt und werden im Jahr 2003 noch einmal 5,2 Millionen € bereitstellen.

Die Zahlen – inzwischen weit über 20 % der Erstsemester – zeigen aber, dass wir für ausländische Studierende attraktiv sind. Sie zeigen, dass offenbar Wohnraum bereitgestellt wird, und sie zeigen auch, dass wir vor allen Dingen in der Äquivalenz genügend Potenzial haben, dafür Sorge zu tragen, dass wir in der Gleichwertigkeit oder in der geographischen Orientierung auch die Chancen für unsere Studierenden sehen müssen, in das Ausland zu gehen. Ca. 25 % der baden-württembergischen Studierenden gehen im Rahmen eines Studiums mindestens einmal ins Ausland.

Es geht um Internationalität. Es geht nicht um Einbahnstraßen, sondern es geht darum, andere Systeme und andere Kulturen kennen zu lernen und die Qualität anderer Institutionen zu nutzen. Wir sind, davon bin ich überzeugt, auf einem guten Weg. Jedenfalls zeigt die „Abstimmung mit den Füßen“ deutlich, dass unsere Hochschulen attraktiv sind.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Die Große Anfrage ist durch die Besprechung erledigt.

Damit ist Tagesordnungspunkt 6 abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt und Verkehr – Fahrradland Baden-Württemberg – Drucksache 13/1078

Mit aufgerufen sind der Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/2104, und der Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/2111.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Boris Palmer, Sie erhalten das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war meine Absicht, am späten Nachmittag wieder etwas Lebendigkeit in die Debatte zu bringen. Ich vermute, dass viele der Nichtanwesenden mit dem

Fahrrad das schöne Wetter draußen genießen. Sie werden dort aber auf Probleme stoßen; denn:

Bei der Radwegbeschilderung im Land gibt es Nachholbedarf. Sie ist bisher oft nicht vorhanden und uneinheitlich, oder die verwendeten Schilder sind zu klein.

Ich nehme an, Sie stimmen dem zu, insbesondere die Damen und Herren von den Regierungsfraktionen. Denn hierbei handelt es sich um einen Auszug aus der Pressemitteilung von Staatssekretär Mappus im Umwelt- und Verkehrsministerium vom 3. Februar dieses Jahres.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: Aha!)

Kaum drei Wochen später hat Minister Döring in einer Landtagsdebatte an dieser Stelle – er ist wie immer, wenn es um die Sache geht, nicht da – die folgende Formulierung gewählt:

Sie können in Baden-Württemberg auf 17 Radwegen hervorragend ausgeschilderte, riesenlange Radtouren quer durchs Land machen.