Protocol of the Session on May 28, 2003

Sie können in Baden-Württemberg auf 17 Radwegen hervorragend ausgeschilderte, riesenlange Radtouren quer durchs Land machen.

Es gibt einen offenkundigen Widerspruch zwischen diesen beiden Aussagen. Ich nehme an, bei Herrn Döring ist das erklärlich; er wird wahrscheinlich nicht mit dem Rad im Land unterwegs sein.

Ich habe, damit Sie – besonders die Herren in den hinteren Reihen – das nachvollziehen können, ein Beispiel für die Radwegbeschilderung im Land mitgebracht.

(Abg. Rech CDU: Hier hinten sehe ich nichts! – Abg. Capezzuto SPD: Das macht man heute über Beamer! – Weitere Zurufe)

Sie sehen nichts. Das ist leicht verständlich. Sie sind ungefähr in der Situation, die jeder durchschnittliche Radfahrer im Land bei einer Tour erleben muss. Ich habe das selber auf einer Tour rund um Baden-Württemberg auf über 1 000 Kilometern im letzten Jahr getestet.

(Abg. Capezzuto SPD: Angeber!)

Die Radwegbeschilderung im Land erfüllt alle Kriterien, die Herr Mappus nennt. Wenn ein Schild vorhanden ist, ist meistens kein Ziel angegeben, es ist keine Entfernung angegeben, und das Schild ist so klein, dass man es nicht lesen kann, ohne abzusteigen.

Werfen Sie noch einmal einen Blick auf das Bild! Sie sehen, dass hier auch Ihre Idee von der kommunalen Selbstverwaltung hereinspielt. Grün ist die Radwegbeschilderung des Landkreises Reutlingen und blau die des Alb-DonauKreises. Beide sind an einem Mast mit etwa zehn Schildern angebracht. Statt Zielen werden nur „R 1“, „R 8“, „R 9“ oder „Radtour 10“ angegeben, und Entfernungen werden nicht genannt. Es ist also nicht leicht, sich hier zurechtzufinden. Ich bin gern bereit, Ihnen dieses Beispiel zur Verfügung zu stellen. Sie können es aber auch auf meiner Homepage www.boris-palmer.de nachlesen. Dort finden Sie mehrere Hundert Beispiele miserabler, irreführender Radwegbeschilderung.

(Zuruf des Abg. Blenke CDU)

Sie haben etwas versäumt, Sie haben noch nicht draufgeschaut.

Ich sagte Ihnen schon: Staatssekretär Mappus liegt mit seiner Analyse richtig. Hier ist dringend etwas zu tun. Er hat vor einem Jahr, am 4. März 2002, im Rahmen einer Versammlung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs in Rottweil auch wegweisende Sätze von sich gegeben. Ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ – das ist an dieser Stelle ja Sport –:

Bei der Landesversammlung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs in Rottweil hat Staatssekretär Stephan Mappus, CDU, angekündigt, dass er eine einheitliche Wegweisung für den Fahrradverkehr in Baden-Württemberg haben möchte.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Dass sich das Land dabei dann auch finanziell engagieren werde, stellte er gleich in Aussicht.

(Abg. Scheuermann CDU: So weit kommt es noch!)

Da haben Sie sich nicht gut mit Ihrem Kollegen abgestimmt. Das ist selbstverständlich auch wieder eingesammelt.

Und nun:

Die Idee war dem Pforzheimer gekommen, als er einen entsprechenden Prospekt aus Rheinland-Pfalz in die Hände bekam.

Also, Herr Kollege Mappus: Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Lesen Sie doch einfach unsere Anträge. Da steht das immer drin, und Sie lehnen das jedes Mal ab.

(Beifall bei den Grünen)

Ich erinnere nur daran, dass wir Grünen insgesamt dreimal die kostenlose Fahrradmitnahme beantragt haben. Dieses Begehren wurde immer abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Am 21. Dezember 1998 schreibt die Landesregierung:

Das Ministerium für Umwelt und Verkehr sieht grundsätzlich keine Veranlassung, landesweit die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs einzuführen und hierfür Zuschussmittel zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Heute diskutieren wir über einen Antrag, den Sie wiederum in jedem Detailpunkt ablehnen. Ich werde in der Diskussionsrunde darauf zurückkommen.

(Abg. Scheuermann CDU: Noch einmal eine Run- de?)

Selbstverständlich, Herr Scheuermann.

Jedenfalls: In der Stellungnahme zu dem jetzt vorliegenden Antrag loben Sie sich dafür, dass Sie vorbildlich seien, weil Sie die Initiative von Rheinland-Pfalz übernommen haben und endlich die kostenlose Fahrradmitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglichen. Immerhin: Einen Sinneswandel kann man Ihnen attestieren. Nur: Warum müssen unsere Anträge immer erst abgelehnt werden, bevor bei Ihnen Erkenntnis einkehrt, Herr Staatssekretär? Sie können auch direkt bei uns anfragen, ohne nach Rheinland-Pfalz zu fahren.

(Beifall bei den Grünen)

Ich komme nun noch auf die beiden vorgelegten Änderungsanträge zu sprechen. Im Kern des Anliegens besteht offenbar Konsens im hohen Haus, nämlich dass es gerade für das Reiseland Baden-Württemberg richtig und wichtig wäre, wenn die Fahrradmitnahme in Zügen des Fernverkehrs wieder ermöglicht würde – gern mit Reservierungspflicht. Aber die derzeitige Situation, wonach die Fahrradmitnahme vollständig verboten ist, ist völlig inakzeptabel.

Es gibt nur einen Dissens. Dieser besteht darin, dass der Änderungsantrag von SPD und Grünen die Landesregierung auffordern will, auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken, während der Änderungsantrag von CDU und FDP/ DVP die Landesregierung auffordern will, die Bundesregierung aufzufordern, auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Das heißt, in der Sache sind wir uns einig. Es geht nur noch um die Frage des politischen Pingpongspiels.

Ich mache Ihnen deswegen einen konstruktiven Vorschlag. Wir gehen auf Sie zu und nehmen Ihre Aufforderung an die Bundesregierung mit auf. Aber wir würden von Ihnen im Gegenzug erwarten, dass Sie im Sinne des gemeinsamen Anliegens bereit sind, auch selbst auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken. Dazu haben Sie Möglichkeiten. Schließlich hängt das Wohl und Wehe der Deutschen Bahn AG einzig und allein davon ab, ob die Länder ausreichend Bestellungen vornehmen. Sie sind deswegen in einer guten Verhandlungsposition.

Ich finde, im Sinne eines gemeinsamen Entschlusses wäre das eine faire Lösung, und würde vorschlagen, dass in Ihren Änderungsantrag Folgendes eingeführt wird:

Der Landtag wolle beschließen,

die Landesregierung zu ersuchen,

auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken und die Bundesregierung als 100-prozentige Eignerin der DB AG aufzufordern, ebenfalls auf die Deutsche Bahn AG einzuwirken...

Dann soll mit dem ursprünglichen Text fortgefahren werden. Ich bin gespannt, ob wir im Sinne des Radverkehrs und des Erfolgs des öffentlichen Personenverkehrs gemeinsam einen solchen Beschluss fassen können oder ob wir nur bei den kleinkarierten Hickhackspielchen bleiben, die ansonsten in diesem hohen Haus üblich sind.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Capezzuto SPD – Zuruf von der CDU: Alles Fahrradfahrer!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schebesta.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Fahrradtrikot des Kollegen Palmer ist also wohl doch ein Geburtstagsgeschenk und wird nicht als Demonstrationsobjekt eingesetzt.

(Abg. Zimmermann CDU: Der läuft immer so rum!)

Eines vorweg, bei allem, was verbesserungsfähig ist: Es ist jedenfalls nicht so, dass es in Baden-Württemberg keine durchgängigen Radwege gibt. Es ist nicht so, dass alles Holperstrecken sind. Es ist nicht so, dass weder im öffentlichen Personenverkehr noch im Tourismus Fahrradfahrer willkommen sind, und es ist nicht so, dass man in BadenWürttemberg als Radfahrer gar keinen Weg finden kann.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich deshalb das, was vom Land zur Förderung des Fahrradverkehrs getan wird, herausstreichen.

Erstens: Fahrradwege. Von 1995 bis Ende 2002 wurden in Baden-Württemberg auf Bundesstraßen 110 km Radwege hergestellt, auf Landesstraßen 200 km. Es gibt noch Lücken. Diese werden nach und nach geschlossen. Dazu trägt auch die Verstärkung der Straßenbaumittel für Landesstraßen durch das fünfjährige Investitionsprogramm in dieser Legislaturperiode bei, vielleicht ein Grund dafür, dass für mehr Straßenbaumittel auch einmal bei den Grünen Zustimmung zu erreichen ist, wenn dies auch dem Fahrradverkehr zugute kommen kann.

(Beifall bei der CDU)

GVFG-Maßnahmen für kommunale Straßen: Wir haben die Neuaufnahmen in das GVFG-Programm in dieser Woche erfahren. 16 Projekte davon beinhalten Radwege mit Gesamtkosten von 13 Millionen € und einer Förderung von 7 Millionen €.