Protocol of the Session on May 7, 2003

Ich glaube, dass kein Weg daran vorbei führt, eine Rücklage zu bilden, eine Rücklage anzufüttern, die später für die Pensionslasten zur Verfügung steht und nicht für andere Zwecke angetastet, sondern vor unser aller Begehren geschützt wird.

Wir haben ausgerechnet, dass wir selbst bei dem strikten Sparkurs, den wir fahren wollen und fahren müssen, unsere Ausgaben auf Dauer um 15 % reduzieren müssen, um die Pensionen zahlen zu können. Ich denke, die grüne Fraktion hat beim Nachtragsetat bewiesen, dass sie bereit ist, zu sparen.

Ich darf in diesem Zusammenhang eine Forderung wiederholen, die wir immer wieder erheben, nämlich die nach Auflösung der Landesstiftung. Das würde einen ersten Beitrag dazu leisten, dass Geld in den Landeshaushalt kommt.

Über die Verwaltungsreform ist heute Vormittag ausführlich diskutiert worden; unser Fraktionsvorsitzender Winfried Kretschmann hat unsere Position dargestellt. Sie wollen mit Ihrer Verwaltungsreform Stellen sparen, und wir werden Sie auch an dieser Aussage messen. Denn wir wissen, wie viel Personal wir einsparen müssen, und wir wissen, um wie viel wir die Ausgaben reduzieren müssen. Ich bin wirklich gespannt, ob Sie es schaffen, das mit Ihrer Verwaltungsreform zu leisten.

Kollege Scheffold und Kollege Moser haben von Wirtschaftswachstum gesprochen. Natürlich ist es schön, wenn es Wirtschaftswachstum gibt. Das würde manches vereinfachen; das sieht man gerade in dieser Zeit.

(Abg. Schmid SPD: Man muss es wollen!)

Aber ich bitte doch darum, etwas mehr Realitätssinn an den Tag zu legen.

(Abg. Schmid SPD: Man muss es wollen!)

Die Zeiten eines Wirtschaftswachstums, das wir in den Jahrzehnten nach dem Krieg hatten, sind vorbei. Die Zuwachsraten bestätigen das. Wir hatten im letzten Jahrzehnt noch ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich etwas über 1 %.

(Abg. Schmid SPD: Das ist aber kein Naturgesetz!)

Wenn wir die Pensionsausgaben bezahlen wollen und bis zum Jahr 2015 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen wollten, bräuchten wir – wir haben das ausgerechnet – ein nominales Wirtschaftswachstum von 5 %. Das ist doch utopisch. Ein Wirtschaftswachstum – da danke ich Herrn Finanzminister Stratthaus für seine deutlichen Worte – wird unseren Haushalt nicht retten, und darauf müssen wir uns alle einstellen.

(Abg. Schmid SPD: Das ist wirklich Rhetorik der Achtzigerjahre!)

Das hat nichts mit der Wachstumsskepsis der Achtzigerjahre zu tun.

(Abg. Schmid SPD: Natürlich! Sie haben keine Ah- nung!)

Das ist einfach realistisch. Es wird Zeiten geben, in denen wir wenig oder kein Wirtschaftswachstum haben werden. Woher soll dann das Geld kommen? Verehrter Herr Kollege Schmid, sagen Sie mir das einmal!

(Abg. Schmid SPD: Schauen Sie doch einmal in andere Länder! Schauen Sie Holland an!)

Andere Länder wie beispielsweise Portugal sind doch auf einem ganz anderen Level.

(Abg. Schmid SPD: Holland!)

Sie haben noch Nachholbedarf aus den Siebzigerjahren.

(Abg. Schmid SPD: Und Holland? Und USA?)

Darauf können wir uns nicht verlassen, Kollege Schmid.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Schmid SPD: Sie haben keine Ahnung! – Zuruf des Abg. Boris Pal- mer GRÜNE)

Ich erwarte hier schlicht und ergreifend realistischere Vorschläge von den Regierungsfraktionen.

(Abg. Schmid SPD: Das ist eine Frage der Produk- tivität!)

Wir werden den Menschen draußen schon Fragen beantworten müssen:

(Zuruf des Abg. Dr. Scheffold CDU)

Was wird auf sie zukommen? Müssen Pensionäre einen Beitrag leisten? Müssen alle länger arbeiten? Werden wir mit der Frühpensionierung restriktiver umgehen? Wie sieht der Sparbeitrag aller aus? Es ist Aufgabe der Regierung, hierauf Antworten zu geben.

Kollege Scheffold, von Ihnen habe ich hierzu keine Antworten gehört.

(Zuruf des Abg. Dr. Scheffold CDU)

Finanzminister Stratthaus hat gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt, dass es für die Pensionszahlungen keine Rücklagen gebe. Er sagte wörtlich:

Das ist ein schlimmes Versäumnis.

Umso wichtiger ist es, dass wir heute zu handeln beginnen.

Ich darf mit dem Satz eines sehr weisen Mannes schließen, nämlich Laotse. Er hat gesagt: „Eine Reise von 1 000 Meilen fängt unter deinem Fuße an.“ Darum: Fangen wir an!

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Scheffold.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dederer,

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

ich verstehe nicht ganz, warum Sie mich gerade angegriffen haben. Ich habe Ihnen doch gar keine Vorwürfe gemacht. Ich habe nur immer zugehört, was Herr Moser und Herr Schmid Ihnen zugerufen haben.

(Heiterkeit bei den Grünen)

Ich habe festzustellen, dass sie Ihnen vorgeworfen haben, Sie hätten keine Ahnung. Das hat doch aber mit mir persönlich nichts zu tun.

(Abg. Oettinger CDU: Das geht dem Kretschmann genauso! – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜ- NE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe vorhin ja ausgeführt: Die Problematik an sich ist klar. Darüber sind wir uns einig. Die Zahlen über die Versorgungsbeiträge liegen auf dem Tisch, sie sind offenbar. Man kann sich vielleicht darüber unterhalten, wie man diese Beiträge berechnet. Deswegen ist der Vorschlag des Finanzministers absolut sinnvoll, das einheitlich zu machen. Andernfalls wird der Vorwurf erhoben, das eine Land rechne die Beiträge anders aus und für sich günstiger als ein anderes Land und deswegen sei die Vergleichbarkeit nicht gegeben. Die Probleme sind in allen Ländern und im Bund gleich – beim Bund nicht in der gleichen Dimension, weil die Zahl der Beamten und Angestellten beim Bund geringer ist, aber die Problematik ist die gleiche. Von daher müssen die Zahlen auch vergleichbar sein.

Frau Kollegin Dederer und Herr Kollege Moser, ich habe Ihnen gesagt, dass insbesondere auch die Bundesgesetzgebung maßgeblichen Einfluss auf bestimmte Determinanten hat. Das, was Sie, Herr Kollege Moser, gesagt haben, ist gerade durch solche Gesetze – Beamtenversorgungsgesetz, Bundesbesoldungsgesetz – beeinflussbar. Das sind keine Aufgaben des Landes, sondern in erster Linie Aufgaben des Bundes.

Minister Stratthaus hat darauf hingewiesen, dass es jetzt Möglichkeiten zu positiver Einwirkung gebe. Er hat gesagt, bezüglich des Weihnachtsgelds und des Urlaubsgelds bestehe eine Öffnungsklausel und hätten die Länder die Möglichkeit, eigene Entscheidungen herbeizuführen. Diesen Spielraum hat das Land Baden-Württemberg bereits genutzt. Von anderen Ländern habe ich in dieser Hinsicht nichts gehört.

Der nächste Punkt, der angesprochen wurde, war die Situation der Beamten insgesamt. Wir haben die Zahl der Beamten reduziert. Das trägt maßgeblich dazu bei, dass in der Zukunft auch die Versorgung nicht in dem Maß steigt, wie es ohne diese Reduzierung der Fall gewesen wäre.

Frau Kollegin Dederer, Sie haben nochmals den Pensionsfonds ins Spiel gebracht. Es macht in der Tat überhaupt keinen Sinn, einen Pensionsfonds einzuführen, der einen bestimmten Prozentsatz an Zinsen abwirft, der aber wiederum unterhalb der Quote liegt, die wir für die notwendigerweise aufzunehmenden Kredite zahlen müssten, um den Pensions

fonds zu bedienen. Daher gibt es überhaupt keine andere Lösung, als dass wir einen Haushalt aufstellen, der keine neuen Schulden erfordert und dessen Ausgaben den Einnahmen entsprechen. Das ist eine Aufgabe, vor der wir in Baden-Württemberg stehen. Das ist eine Aufgabe, vor der die anderen Länder stehen, und das ist eine Aufgabe, vor der der Bund steht.

Der Bund kann sich in dieser Frage – damit komme ich auf das zurück, was am Schluss gesagt wurde: Wirtschaftswachstum – sicherlich nicht herausreden. Es ist mit Sicherheit entscheidend und erheblich, ob wir in Baden-Württemberg und darüber hinaus in ganz Deutschland zu einer wirtschaftspolitisch freundlicheren Situation kommen, ob wir wieder zu entsprechenden Wachstumszahlen kommen, wie sie auch in vergleichbaren anderen Industriestaaten vorhanden sind. Das würde die Situation mit Sicherheit sehr erleichtern, um in den angesprochenen Fragen voranzukommen. Deswegen ist das eine Aufgabe, der man sich stellen muss.

Da kann ich nur sagen: Herr Schröder hat sicherlich keine einfache Aufgabe. Ich habe manchmal den Eindruck, er wird in seinen Absichten von uns mehr unterstützt als von Ihnen. Ich wünsche ihm jedenfalls in den angesprochenen Fragen Erfolg.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)